Süddeutsche Zeitung

Fußball:Die teuren Reisen des DFB

  • Der Deutsche Fußball-Bund gerät aufgrund eines internen Reports erneut in Erklärungsnot.
  • Sehr hohe Reisekosten und Honorare gefährden die Gemeinnützigkeit des Verbandes.
  • Der DFB weist Vorwürfe über unverhältnismäßige Ausgaben jedoch zurück.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) gerät erneut in Erklärungsnot. Diesmal muss er sich mit dem Vorwurf auseinandersetzen, dass es über Jahre zu unverhältnismäßig hohen Ausgaben für Dienstreisen, Beraterverträge und Feiern von Funktionären gekommen sei - und dass er damit seine Gemeinnützigkeit aufs Spiel gesetzt habe. Darüber berichtet der Spiegel und beruft sich dabei insbesondere auf einen internen Bericht des ehemaligen Finanzchefs Ulrich Bergmoser. Dieser hatte das Memo, kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Verband, im Januar 2018 verfasst. Der DFB weist die Kritik zurück und gibt an, die Angaben in dem Bericht geprüft zu haben. Ein Teil der kritisierten Vorgänge betrifft die Kosten für Reisen größerer Funktionärsgruppen zu Turnieren. Demnach waren für einen Ausflug von 140 Teilnehmern zur EM 2008 in Österreich für Flug, Hotel und Programm mit Begleitung zirka 440 000 Euro veranschlagt worden. Eine Präsidiumssitzung am Rande der WM 2014 in Brasilien schlug mit 287 304 Euro zu Buche; allerdings verweist der DFB hier auf eine Sonderkonstellation. Gemeint sind, erfuhr die SZ, die spontanen Feierlichkeiten rund um die Finalteilnahme in Rio, für die es spontane Einladungen gab sowie kurzfristige Anreisen. Beinahe ebenso hoch liegt die Kalkulation für einen Trip von Präsidium, Vorstand und Vertretern der Landesverbände zur Frankreich-EM 2016: 266 000 Euro.

Pikant ist, dass es intern Warnungen gab, nach denen diese Reisen die Gemeinnützigkeit des Verbandes gefährdeten. Gemeinnützigkeit heißt, vereinfacht gesagt, dass der gemeinnützige DFB Steuervorteile erhält - wenn er satzungsgemäß agiert. Die Ersparnisse können jährlich zwischen 15 und 20 Millionen Euro betragen; so viel könnte nun also auf dem Spiel stehen. Die erste Warnung erfolgte schon 2008 vom damaligen Steuerberater, später gab es weitere. Anfang 2016 schrieb der interne Steuer-Referent mit Blick auf die bevorstehende Reise nach Frankreich direkt an DFB-Vize Rainer Koch sowie an den heutigen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel, damals noch Schatzmeister.

Der Verband verteidigt die Reisen damit, dass "internationale Vertretung, die Organisation eines inhaltlichen Austauschs mit Vertretern anderer Verbände und das intensive soziale und gesellschaftspolitische Engagement" zu den satzungsgemäßen Aufgaben des Präsidiums gehörten. Zu den Umständen der Frankreich-Reise wird DFB-intern gegenüber der SZ darauf verwiesen, dass dort ein Treffen deutscher und französischer Jugend- und Amateurvertreter stattgefunden habe, bei dem "aus Gründen der Kostensenkung" eine DFB-Konferenz mit einbezogen worden sei, die deshalb nicht in Frankfurt stattfinden musste. Und vor der WM 2018 in Russland sei just wegen Bergmosers Bericht eigens ein Gutachten erstellt worden zur Frage, was statthaft sei. Daraufhin kam das DFB-Präsidium in Russland vier Tage lang für "ein eng getaktetes Programm" zusammen.

Über die Höhe der Ausgaben für diese Reise macht der DFB auf SZ-Nachfrage keine Angaben. Es gibt weitere Vorgänge, die Bergmoser in dem 34 Seiten langen Memo auflistete. So reichte eine DFB-Feiergruppe um den damaligen Sportdirektor Hansi Flick und den heutigen Nationalelf-Manager Joti Chatzialexiou nach der Qualifikation für die U21-EM laut Spiegel eine Rechnung über mehr als 1000 Euro als Bewirtungskosten ein, inklusive je zwei Flaschen Champagner (248 Euro) und Wodka (358 Euro) - und bekam dies bewilligt. Zudem beteiligte sich der Verband an den Geburtstagsfeiern ehemaliger und amtierender Präsidiumsmitglieder, etwa am 90. Geburtstag von Ex-Präsident Egidius Braun mit 20 000 Euro. Die Prüfgesellschaft BDO warnte davor, Geld für Privatfeiern auszugeben. Laut DFB floss das Geld indes nie an Privatpersonen, auch nicht direkt an die Präsidiumsmitglieder. Es habe sich stets um Zuschüsse für offizielle Empfänge gehandelt. Die BDO sei von falschen Annahmen ausgegangen.

Zu den kritisierten Vorgängen gehören auch noch Beraterverträge für diverse Vertreter der Landes- und Regionalverbände. Gleich drei kassierten in den vergangenen Jahren bis zu 3000 Euro monatlich. Zwei der Tätigkeiten beendete der DFB zwar im Dezember 2018, eine jedoch nicht: Der Vertrag mit Walter Desch, 74, Chef des Rheinland-Verbandes, soll weiter gelten - "insbesondere im Hinblick auf die kommende Digitalisierungsinitiative und die Modernisierung des DFBnet". .

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Quelle:
SZ vom 09.02.2019
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