DFB-Präsident:Grindel stützen oder Grindel stürzen?

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DFB-Präsident Reinhard Grindel steht in der Kritik. (Foto: dpa)

Auch innerhalb des DFB mehren sich die Stimmen, die einen Wechsel an der Spitze befürworten. Reinhard Grindel hat nicht nur in der Causa Mesut Özil keinen Weitblick gezeigt.

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Reinhard Grindel macht gerade Urlaub in Österreich. Zu den Unfähigkeits- und Rassismus-Vorwürfen, die Mesut Özil gegen den DFB-Präsidenten erhoben hat - beziehungsweise Özils Berater Erkut Sögüt als der wohl wahre Verfasser der drei Özil-Statements vom Sonntag -, schweigt Grindel bisher. Urlaub, Schweigen. Was einem spontan dazu einfällt? Ein Zitat: "Es stimmt, dass sich Özil bisher nicht geäußert hat. Das hat viele Fans enttäuscht (...) Deshalb ist für mich völlig klar, dass sich Özil, wenn er aus dem Urlaub zurückkehrt, auch in seinem eigenen Interesse öffentlich äußern sollte." Es ist jenes Grindel-Zitat aus einem Interview nach dem WM-Ausscheiden der deutschen Elf, das es dem Berater Sögüt überhaupt erst ermöglicht hat, seinen Klienten Özil nun als Grindels Sündenbock zu inszenieren. Es war Grindels entscheidender Fehler in der Affäre.

Mesut Özil kam dann also aus dem Urlaub zurück, brach sein Schweigen, trat zurück. Und viele fragen sich nun: Was wird passieren, wenn demnächst Grindel aus dem Urlaub zurückkehrt?

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Längst mehren sich auch DFB-intern die Stimmen, die einen Befreiungsschlag für notwendig halten - einen Wechsel an der Spitze. Nicht nur wegen der fahrlässigen Behandlung der Özil-Sache. Sondern auch, weil Grindels Mangel an strategischem Weitblick auch in anderen Fällen evident wurde. Da ist etwa die kurz vor der WM durchgezogene Vertragsverlängerung mit Bundestrainer Joachim Löw bis 2022 - obwohl Löw bis 2020 an den DFB gebunden war. Von Insidern ist zu hören, Grindel habe die erstaunliche Maßnahme so begründet: Nach der WM, wenn Deutschland seinen Titel erst verteidigt haben würde, wäre Löw schließlich der begehrteste Trainer der Welt, die größten Klubs würden ihn umwerben - und dafür, ihn dann langfristig vom Markt genommen zu haben, müsste man Grindel doch geradezu feiern!

Nun, einen Aspekt hat Grindel dabei jedenfalls übersehen: Dass Joachim Löw sich gar nicht interessiert für einen dieser anstrengenden 7-Tage-24-Stunden-Jobs im europäischen Klubfußball, das weiß im Grunde die ganze Branche. Und die einzige Folge der Vertragsverlängerung ist nun die: Sollte Löws Erneuerung der DFB-Elf schiefgehen, würde eine Trennung unnötig teuer. Niemand feiert also Grindel. Eher stellt sich die Frage: Wenn der DFB-Chef bei diesem Kernthema so dermaßen neben der Spur läuft, was bedeutet das dann für andere Themen?

Grindel stützen? Grindel stürzen? Die Fußball-Funktionäre beim DFB, bei der Fußball-Liga und in den Landesverbänden denken bei dieser Frage derzeit auch strategisch. Sie denken an die EM 2024, die im September vergeben wird. Braucht es Grindel, der auch im Vorstand der Europa-Union Uefa sitzt, um Mehrheiten für die DFB-Bewerbung zu organisieren - ausgerechnet gegen den einzigen Mitbewerber Türkei? Oder wird er, etwa wenn weitere Vorwürfe auftauchen, eher zur Belastung?

© SZ vom 26.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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