DFB:Unmut über das Dino-Duo

DFB: Rainer Koch (li.) und Peter Peters: wollen bis mindestens Anfang 2022 Interimspräsidenten sein

Rainer Koch (li.) und Peter Peters: wollen bis mindestens Anfang 2022 Interimspräsidenten sein

(Foto: Jan Huebner/Ulrich/Imago)

Rainer Koch und Peter Peters wollen den DFB interimistisch bis Anfang 2022 leiten. Doch das stößt auf Kritik - nun wird die Debatte über einen baldigen außerordentlichen Bundestag forciert.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Der große Knall ist erfolgt, aber Ruhe kehrt deswegen nicht ein beim Deutschen Fußball-Bund. Stattdessen haben es sich ein paar altbekannte Verbandsgranden im üblichen Muster wieder sehr gut eingerichtet. Nach dem Abschied von Präsident Fritz Keller und Generalsekretär Friedrich Curtius führt eine umstrittene Doppelspitze den Verband interimistisch: der oberste Amateur-Funktionär Rainer Koch, 62, und der frühere Schalker Finanzvorstand Peter Peters, 58, als Vertreter des Profibetriebs. Bis zu einem vorgezogenen ordentlichen Bundestag "Anfang 2022" wollen sie dieses Amt ausüben, also mindestens acht Monate, vielleicht sogar länger. Das ist eine lange Zeit - sie schafft die Möglichkeit, viele Weichen im eigenen Sinne zu stellen.

Gut erkennbar wächst der Unmut über diesen Plan, auf vielen Seiten. Und der Unmut forciert nun eine Debatte, die dem Duo Koch/Peters gar nicht passt: die Einberufung eines außerordentlichen Bundestages in nächster Zeit, um die Macht und die Verantwortung im Verband den umstrittenen Führungsleuten aus den Händen zu nehmen und anders zu verteilen.

Zur Wochenmitte versandte die kürzlich gegründete Frauen-Initiative um die Marketingexpertin Katja Kraus, 50, und die Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus-Webb, 42, die in der Branche und darüber hinaus breit in der Gesellschaft viel Unterstützung bekommt, ein entsprechendes Schreiben an das DFB-Präsidium sowie die Spitzen der Landes- und Regionalverbände. Ihre Kernforderung: "Schnellstmöglich" soll ein außerordentlicher Bundestag her, um dort eine Strukturreform zu beginnen und unabhängige Fachleute damit zu beauftragen, Profile für die künftigen DFB-Führungspositionen zu entwickeln. Außerdem soll der Präsidialausschuss, also das maßgebliche Gremium des Verbandes mit den haftenden Funktionären, endlich so besetzt werden, dass es die Erneuerung des Verbandes "glaubwürdig vorantreibt" und die Geschäfte interimsmäßig bis zum ordentlichen Bundestag 2022 führen kann. Es brauche auf der Führungsebene einen "radikalen Wechsel".

Die beiden Übergangs-Häuptlinge können sich nicht mal der Unterstützung der eigenen Lager gewiss sein

Anders ausgedrückt: Es soll Schluss sein mit dem ewigen Weiter so. Das Dino-Duo aus Koch und Peters, die schon seit 2007 als Vizepräsidenten zum Führungsteam des in just dieser Zeit zerrütteten DFB zählen und die sich auch die fürstlich dotierten Jobs als deutsche Vertreter in den internationalen Führungsgremien von Welt- und Europaverband aufgeteilt haben, soll weg. Und vor allem dürfe das Tandem von gestern nicht eine so lange Zeit haben, um die Dinge mal wieder in seinem Sinne zu regeln. Speziell bei Koch gibt es bereits grotesk viele Fragen, etwa zu den absurden Vorgängen rund um einen gut dotierten Vertrag mit einem Medienberater, den er schon sehr lange kennt.

Nun tobt ein Kampf um die Frage, ob es zu dem Extra-Konvent kommt. Die beiden Übergangshäuptlinge können sich dabei nicht einmal der Unterstützung ihrer eigenen Lager gewiss sein. Peters ist zwar der Liga-Vertreter, wird aber von vielen Klubverantwortlichen mit begründetem Argwohn beäugt; zudem hat er nach seinem Abschied als Finanzvorstand von Schalke 04 keinerlei Funktion mehr bei irgendeinem Verein. Unter den Amateuren wiederum wächst längst das Misstrauen gegen Koch, das hatte sich auf dem Höhepunkt des DFB-internen Machtkampfes vor ein paar Wochen bei einer Krisensitzung der Amateurvertreter in Potsdam gezeigt. Da bekam er bei einer Vertrauensabstimmung über seine Person formal zwar knapp die Mehrheit: 21 Ja, 13 Nein, drei Enthaltungen. Aber es gehört zu den Besonderheiten der DFB-Strukturen, dass Koch persönlich alleine vier dieser Voten zustanden und dass die Mitglieder des gleichfalls vom bayerischen Multifunktionär geleiteten süddeutschen Verbandes insgesamt über elf Stimmen verfügten. Abseits seiner - teilweise auch schon murrenden - Basis im Süden der Republik aber geht man auf Distanz zu Koch, insbesondere im Norden und im Osten, im Westen ist das Stimmungsbild geteilt.

Anfang Mai waren die Amateure gegen einen Extra-Bundestag. Aber die Rahmenbedingungen haben sich geändert

Bei der Zusammenkunft in Potsdam Anfang Mai gab es unter den Amateuren zwar schon eine Abstimmung über einen außerordentlichen Bundestag, sie sprachen sich dagegen aus. Doch damals war die Situation anders: Präsident Keller und General Curtius waren noch im Amt, und eine mögliche außerordentliche Zusammenkunft des höchsten DFB-Gremiums war Teil von Kellers Beharrungskampf. Aber nun sind die beiden weg, und das Duo Koch/Peters führt den Verband mit der Chance auf eine fast einjährige Interimszeit. Daher wird das Thema unter den Landesfürsten neu diskutiert.

Formal ist die Sache eindeutig. Gemäß Paragraph 29 der DFB-Satzung kann das Präsidium "aus wichtigem Grund" einen außerordentlichen Bundestag einberufen. In der aktuellen Lage, in der sich der Verband nach einem langen Machtkampf in der desolatesten Verfassung seiner Historie befindet, dürfte sich eigentlich kaum die Frage stellen, ob die avisierte Neuaufstellung ein "wichtiger Grund" ist oder nicht. Aber unabhängig davon ist das Präsidium "auch ohne wichtigen Grund" zur Einberufung des Konvents verpflichtet, wenn dies die Liga, zwei Regional- oder sechs Landesverbände fordern. Jedoch hat so mancher Funktionär, der zuletzt über einen außerordentlichen Bundestages nachdachte, mit Erstaunen registriert, dass aus der Verbandsspitze Erklärungen kamen, warum dies rechtlich gar nicht möglich sei. Wie passend, dass der für Rechtsfragen zuständige Vizepräsident just Interimschef Koch ist.

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