Sportpolitik:DFB verhandelt mit Qatar Airways über Partnerschaft

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Vor dem Qualifikationsspiel für die WM in Katar gegen Island zeigen sich die DFB-Spieler in Shirts mit der Botschaft "Human Rights".

(Foto: ActionPictures/Imago)

Erst für Menschenrechte demonstrieren, dann Millionen aus Katar einstreichen? Der Deutsche Fußball-Bund verhandelt mit der staatlichen Fluglinie - einem der wichtigsten Konzerne des umstrittenen WM-Gastgebers von 2022.

Von Thomas Kistner und Johannes Knuth

Es waren elf Buchstaben, die im vergangenen März für Aufsehen sorgten: Als die deutschen Fußball-Nationalspieler vor der Partie gegen Island fürs Teamfoto posierten, trugen sie T-Shirts mit dicken weißen Lettern auf schwarzem Grund; zusammengeknüpft ergaben diese das Wort "Human Rights", Menschenrechte. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) vermeldete später stolz, man habe damit für die Charta der Vereinten Nationen geworben, Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung für Menschenrechte - der spricht einem Jedem das Recht auf ein Leben unter würdigen Bedingungen zu. Der tragende Gedanke dahinter war klar: Die Partie gegen die Isländer war die erste des DFB-Ensembles in der Qualifikation zur WM 2022, die im kommenden Winter im winzigen Emirat Katar steigen soll. Dort also, wo es um die Menschenwürde vieler Einwohner nicht ganz so rosig bestellt ist, gelinde gesagt.

Es ist nicht nur diese Konstellation, die den krisengeschüttelten Dachverband bald in weitere Schwierigkeiten stürzen könnte: Mehrere Quellen aus politischen und wirtschaftlichen Kreisen bestätigen der SZ, dass der DFB mit Qatar Airways über eine Partnerschaft verhandelt, einem der wichtigsten Staatskonzerne des kommenden WM-Gastgebers. Laut kundigen Begleitern ist die Sache so weit gediehen, dass demnächst eine Vorlage für das Präsidium erstellt werden könnte. Holger Blask, der Marketingchef des DFB, teilt auf Anfrage nur mit, man kommentiere generell keine Gespräche mit Partnern, ob akuten oder potenziellen, aber: "Wenn es etwas zu vermelden gibt, können wir gerne darüber reden."

Kommt der Deal zustande, wäre das eine enorme Zäsur, auf vielen Ebenen. Seit Jahrzehnten lassen sich die DFB-Kicker von der Lufthansa durch die Gegend fliegen, umsonst, der Kranich profitierte im Gegenzug vom Werbeeffekt. Der Flugverkehr war in der Corona-Pandemie zuletzt freilich zusammengebrochen, die Lufthansa verlor zeitweise eine Millionen Euro pro Stunde, sie stoppte alle Sponsorenverträge und schmilzt derzeit 30 000 Jobs ab. Kicker gratis um die Welt zu kutschieren, passt da, gelinde gesagt, nicht ganz so gut ins Bild.

Man habe dem DFB sogar noch angeboten, die Nationalmannschaft weiter zu transportieren, aber gegen Bezahlung, hatte der Konzern zuletzt bestätigt. Doch der Verband buchte sich für die überschaubaren Flugreisen bei der EM lieber bei einer Chartergesellschaft mit Sitz in der litauischen Hauptstadt Vilnius ein. Die wurde von der internationalen Transportgewerkschaft einst dafür kritisiert, dass sie ihr Kabinenpersonal mit Dumping-Löhnen abspeisen würde. Manche spekulierten da bereits, dass Katar den DFB an die Charter-Airline vermittelt habe, eine Bestätigung gab es dafür aber nicht.

Führende Mitarbeiter wie Toni Kroos hatten das Emirat zuletzt scharf kritisiert

Unbestritten ist, dass die Kicker-Branche gerade durch große wirtschaftliche Täler wandert. Klubs und Verbände haben schon große Mühe, ihre Bestandskunden im Sponsoring-Segment zu halten, auch der DFB. Dass der Verband seit Monaten von kostspieligen Affären und einer massiven Führungskrise erschüttert wird, dass Ermittlungen laufen und externe wie interne Buchprüfer scharfe Warnungen adressiert haben - all das gibt für potenzielle Partner auch kein attraktives Bild ab. Qatar Airways kümmert das aber offensichtlich wenig. Das Emirat ist seit Jahren von Vorwürfen umtost, es habe sich die WM mithilfe von Korruption gesichert (was es bestreitet), auch die schlechte Lage der Arbeiter auf den WM-Baustellen ist immer wieder ein Thema. Da würde man sich gerne mit dem größten Fußballverband der Welt schmücken, so wie man das bereits mit dem FC Bayern oder dem Europa-Verband Uefa tut. Sollten die schwerreiche Airline und der nicht allzu gut gepolsterte nationale Dachverband handelseinig werden, darf man davon ausgehen, dass das Emirat ein Vielfaches dessen entrichten würde, was Lufthansa dem DFB bislang zukommen ließ.

Zugleich würde dem DFB ein weiterer, gewaltiger Hürdenlauf im öffentlichen Diskurs drohen: Zur Frage, ob da aus Geldgründen an der Weißwaschung einer höchst umstrittenen WM mitgewirkt werde. Die Bayern kennen das, ihre Gegenargumente, man würde beim Emirat für Reformen werben, kamen arg substanzlos daher. Ein Nationalverband aber mit sieben Millionen Mitgliedern dürfte viel intensiver ins Kreuzfeuer rücken. Sogar führende Mitarbeiter wie Toni Kroos hatten zuletzt mangelnde Rechte von Arbeitern und die Lage von Homosexuellen im Emirat kritisiert.

Kroos trat jüngst aus der Nationalelf zurück, aber ein paar aufgeklärte Geister werden ja auch künftig für den DFB auflaufen. Das wird jedenfalls spannend: Ob sich ein vom DFB gebuchter Qatar-Flieger auch den Slogan "Menschenrechte" aufpinseln lassen würde? Oder Werbebotschaften in Regenbogenfarben schaltet?

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