DFB:Neuendorfs Chancen steigen

DFB-Funktionär Bernd Neuendorf

Aussichtsreicher Kandidat für die DFB-Spitze: Bernd Neuendorf.

(Foto: Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty)

Wer wird der nächste DFB-Präsident? Das Lager um Rainer Koch legt sich fest, Interims-Chef Peter Peters wird es nicht. Aber bald folgen wohl andere Kandidaten.

Von Thomas Kistner

Drei Tage Sitzungsmarathon der Amateurverbände in Hamburg: Der krisengeschüttelte DFB sucht einen Weg in die Zukunft. Was aber auch am Wochenende nicht wirklich gelang, weil der Treff ja wieder unter der Anleitung jenes Mannes stattfand, der zugleich als Gesicht der schweren internen Verwerfungen gelten darf: Rainer Koch.

Koch ist erster Vizepräsident und aktuell zum dritten Mal Interimschef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), gemeinsam mit seinem Widersacher Peter Peters - gegen den der Multifunktionär dank eines wieder mal weichgekochten Amateur-Gefolges den nächsten Punktsieg verkünden durfte. Die Präsidenten der 21 Landes- und fünf Regionalverbände taten ihren "Wunsch" kund, für das (seit 2012 nun zum fünften Mal umzubesetzende) Präsidentenamt beim vorgezogenen Wahlkongress im März einen Kandidaten aus den eigenen Reihen, dem Amateurbereich, zu nominieren. Peters ist damit raus. "Ich habe Interesse gezeigt", sagte der 59-Jährige bei WDR2: "Ich habe aber genauso deutlich gesagt, dass ich das nur mache, wenn ich das Vertrauen der Amateurvertreter habe."

Diskutiert wurde über den eigenen Hoffnungsträger bei der Konferenz "noch nicht konkret", heißt es offiziell - dabei ist die Sache in DFB-Hinterzimmern ziemlich durch: Bernd Neuendorf soll der Nächste sein. Der SPD-Politiker und erst seit 2019 amtierende Verbandschef vom Mittelrhein soll die stets auch an Intrigen gescheiterten DFB-Präsidenten von Theo Zwanziger über Wolfgang Niersbach, Reinhard Grindel bis Fritz Keller beerben.

Jener Mann hingegen, der die filmreife Drehtür-Politik auf der DFB-Chefetage bisher überdauert hat, hinterließ auch in Hamburg seine feinen Pinselstriche: Für Altmeister Rainer Koch geht es ja auch um viel, sein Amt als erster Vize wird er im März los sein. Aber wer so viele Jahre das Amateurlager und auch, als Vize Recht, die DFB-Satzung gestaltete, wird immer Königsmacher bleiben - es sei denn, es käme zu viel Druck von außen. Damit ist nach Aktenlage stark zu rechnen, manch heikles Problem harrt ja noch der Auflösung. Doch gerade im Amateurlager herrscht traditionell Ahnungslosigkeit, wenn es um das große Lagebild des Verbandes geht. Für den umtriebigen Koch geht es darum, beim Wahl- und Krisenkongress im März sein fürstlich dotiertes Amt als DFB-Emissär in der Europa-Union Uefa zu behalten, weshalb in manchen Köpfen nun ein schöner neuer Posten heranreift: Braucht der DFB künftig nicht unbedingt einen Vize für Internationales?

In Hamburg wurden auch Satzungsänderungen thematisiert. Denn in die Rolle des fröhlichen Grüß-Gott-Augusts, die Koch und Co. erst 2019 für die Berufung des naiven badischen Großwinzers Fritz Keller ausgekartelt hatten - kaum Leitkompetenz bei voller privater Haftung -, in diese Nebenrolle will Neuendorf so wenig schlüpfen wie jeder andere Kandidat.

Die Frauen-Initiative könnte eine Doppelspitze ins Rennen schicken, das wollen viele verhindern

Und weitere Bewerber stehen zu erwarten. Die Frauen-Initiative "Fußball kann mehr", die für Reformen im Alte-Kameraden-Verbund trommelt, wird wohl mit einer Doppelspitze aufwarten, es ist noch Zeit bis Februar. Käme es schlimm für die DFB-Granden, müssen sie demnächst gegen renommierte Persönlichkeiten antreten, die viel Rückhalt in der Gesellschaft haben. Die Lage ist also bedrohlich für das Koch-Lager, es kann nicht früh genug vorgebaut werden. Dafür sind dreitägige Palaver-Runden ideal, sie machen ja manchen mürbe. Mit einer glasklaren Festlegung auf einen Amateur-Kandidaten könnte nun jeder Landespräsident als Verräter geoutet werden, der sonst einem Eindringling die Stimme gäbe.

Und was die Frauen-Gruppe angeht, mit der Koch jüngst einige sehr unangenehme Sträuße ausfocht: Klar, Frauen sind wichtig! Der Initiative wurde sogar schon die Idee nahegelegt, unter einem Präsidenten Neuendorf das Schatzmeisteramt anzustreben, das wäre doch auch bedeutend. Das Angebot verfing nicht. Nun muss es halt ohne die Initiative gehen. In Hamburg skizzierte Kochs alter DFB also einen "Schwerpunkt Diversität". Mit den üblichen vagen Zutaten: Ziel sei es, "die Repräsentanz von Frauen" in den Leitgremien zu fördern - mehr dazu in den nächsten Monaten.

Eingesetzt wird auch eine Arbeitsgruppe, die sich ums Geld kümmern und mit den Profivertretern von der DFL um einen verbesserten Grundlagenvertrag ringen soll. Die Amateure brauchen viel mehr Geld. Bedeckt hält sich der DFB im Finanzkontext indes zu seinem Superprojekt: der Fußball-Akademie. Der opulente Neubau soll nach SZ-Informationen schon heute die Deckelung von etwa 150 Millionen Euro erreicht haben. Kein anderer Fußball-Großverband der Welt hat ein Zentrum, das finanziell nur in die Nähe dieses Prestigeobjekts käme. Allerdings stellt sich manchen Amateurvertreter allmählich die Frage: Was wird aus ihren eigenen Landeseinrichtungen, wenn künftig alles über die teure Akademie gesteuert wird?

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