Süddeutsche Zeitung

DFB-Pokal:Warum im Pokalfinale so viele Profis schlapp machten

  • Das Spiel zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund gerät zum Duell der Muskelkrämpfe.
  • Eine Erklärung: Die Grundlagenausdauer kommt im Fußballtraining oft zu kurz.
  • Ein anderer Grund für die nachlassende Muskelkraft mag zumindest aufseiten der Dortmunder deren einseitige Ernährung gewesen sein.

Von Werner Bartens

Pep Guardiola und Thomas Tuchel mögen sich ausgefeilte Spielvarianten überlegt haben, aber statt des Wettkampfs zweier taktischer Meisterdenker wurde das DFB-Pokalfinale mit zunehmendem Spielverlauf ein Duell der Muskelkrämpfe: In der Verlängerung zwischen Borussia Dortmund und Bayern München lagen die Profis immer wieder mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden, weil "die Muskeln zumachten", wie es in der Fußballersprache heißt. Mats Hummels, Franck Ribéry, Pierre-Emerick Aubameyang, Robert Lewandowski, Marco Reus - sie alle hatten Probleme, die 120 Minuten durchzustehen oder wurden entkräftet ausgewechselt.

Bereits vor zwei Jahren, im Pokalfinale 2014 zwischen Dortmund und Bayern, machten viele Spieler in der Verlängerung schlapp. Damals hatte Martin Halle, Chef der Sportmedizin an der Technischen Universität München, bereits bemängelt, dass die Grundlagenausdauer im Fußballtraining oft zu kurz komme: "Da sind andere Sportarten wie Handball oder Basketball weiter", so der Kardiologe. "Das Training darf ja nicht nur darauf ausgelegt sein, 90 Minuten durchzuhalten."

Ausdauer-Training kommt zu kurz

Allerdings ist es schwierig, gut trainierte Profis dazu zu motivieren, zeitaufwendige Laufeinheiten zu absolvieren, um künftig länger durchzuhalten. Spielzüge, Übungen mit Ball und Torschusstraining machen mehr Spaß. Gerade Spieler, die lange pausiert haben, müssen sich erst wieder ihre Ausdauer erarbeiten. Der lange verletzte Franck Ribéry - bis zur 90. Minute einer der Besten - schaffte es kaum über die Bande, nachdem ihn Mitspieler an die Seitenlinie getragen hatten.

Ein anderer Grund für die nachlassende Muskelkraft mag zumindest aufseiten der Dortmunder deren einseitige Ernährung gewesen sein. Der ausgedünnte Thomas Tuchel empfiehlt seinen Spielern, kaum etwas zu essen, in dem viele Kohlenhydrate enthalten sind. Nudeln, Kartoffeln, Reis und Brot sollen nur sparsam verwendet werden - Ralf Rangnick vom Erstligaaufsteiger RB Leipzig tut es ihm darin gleich. Mit dieser einseitigen Diät, die keinen gesundheitlichen Nutzen hat, tun sich die Profis aber nichts Gutes.

"Low-Carb-Diäten sind heikel - aus sportmedizinischer Sicht ist das überhaupt nicht zu empfehlen", sagt Andreas Nieß, Chef der Sportmedizin am Universitätsklinikum Tübingen. "Eine Gewichtsreduktion mag am Anfang zwar funktionieren, aber bei hoher Leistung bringt das gar nichts. Es gibt viele Hinweise aus der Fachliteratur, dass es durch diese Ernährungsform zu einem Leistungsknick kommt und das Verletzungsrisiko aufgrund der geschwächten Muskulatur sogar steigt." Sportärzte warnen ihre Athleten deshalb vor dieser Ernährungsweise.

"Leider tummeln sich in der Ernährungsberatung viele Scharlatane", sagt Nieß. "Für den Nutzen einer Low-Carb-Diät im Sport gibt es keine seriösen Belege. Bei der eng getakteten intensiven Belastung ist es nicht gut, sich absichtlich in einen kohlenhydratarmen Zustand zu versetzen. Man verbrennt bei Bewegung ja besonders viele Kohlenhydrate und schwächt sich damit nur selbst." Vielleicht reichen dann Kraft und Konzentration nicht mehr aus, um nach 120 Minuten noch den entscheidenden Elfmeter zu verwandeln.

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SZ vom 23.05.2016/chge
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