Süddeutsche Zeitung

DFB-Pokal:"So etwas habe ich noch nie gesehen"

  • Der Sport rückt in der ersten Pokalrunde zwischen Rostock und Hertha in den Hintergrund.
  • Der Schiedsrichter muss die Partie zweimal unterbrechen, weil Feuerwerkskörper fliegen, Sitzschalen und Banner brennen.
  • Der DFB hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Über das Ergebnis oder falsche Schiedsrichterentscheidungen sprach nach der ersten Pokalrunde zwischen dem Drittligisten FC Hansa Rostock und dem Erstligisten Hertha BSC kaum jemand. Und wenn doch, dann nur um von den wilden Szenen abzulenken, die sich die Spieler, Trainer, Verantwortliche und Zuschauer am Montagabend mitansehen mussten. "So etwas habe ich noch nie gesehen", bekannte zum Beispiel Herthas Trainer Pal Dardai, um leise hinzuzufügen: "Ich rede aber lieber über das Spiel. Wir hatten viel Ballbesitz. Bei solchen Spielen entscheidet das erste Tor."

Doch dass die Berliner durch späte Treffer von Mitchell Weiser (86.) und Vedad Ibisevic (90.) in die zweite Runde eingezogen sind, rückte in den Hintergrund, nachdem der Schiedsrichter Robert Hartmann die Partie zweimal unterbrechen musste. In der 76. Minute sogar für 18 Minuten. Einige Berliner Zuschauer hatten schon kurz nach Beginn der zweiten Hälfte Feuerwerkskörper gezündet, um sie immer wieder als Wurfgeschosse auf den Rasen und die Tribüne zu feuern. Für die größte Provokation sorgten aber die Rostocker: Sie fackelten später nicht nur Sitzschalen ab, sondern auch ein riesiges Banner von Hertha, das sie den gegnerischen Fans geklaut hatten und das seit Monaten als vermisst galt. Eine schwere Provokation unter Ultra-Gruppen.

DFB eröffnet Ermittlungsverfahren

Die Partie war schon im Vorfeld als Hochrisikospiel eingestuft worden, doch dass Sondereinsatzkräfte der Polizei minutenlang vermummten Menschen und brennenden Sitzschalen gegenüberstanden, hatte etwas Gespenstisches. "Das schadet uns allen", fasste Rostocks Trainer Pavel Dotchev zusammen. Und Hertha-Manager Michael Preetz sagte im "Ersten": "Normalerweise freut man sich nach einem Auswärtssieg im Pokal. Diese Freude will sich bei mir nicht einstellen, weil wir viele unschöne Szenen gesehen haben."

Ein Ermittlungsverfahren hat der DFB inzwischen eröffnet. Preetz beschäftigten die Vorfälle sehr. "Wie kann man dem beikommen, wie bekommt man dies raus aus den Stadien?", fragte er auf "Sky". Dotchev distanzierte sich sofort von den Vorfällen. "Solche Sachen gehören nicht zum Sport. Leider gibt es so schwarze Schafe, die alles kaputt machen."

Polizei kritisiert Rostocks Verantwortliche

Die Rostocker Polizei kritisierte nach den schweren Krawallen vor allem die Verantwortlichen des Drittligisten. Es liege "die Vermutung nahe, dass das Banner über vereinseigene Strukturen und mit Wissen von Vereinsoffiziellen ins Stadion gelangen konnte", sagte Michael Ebert, Leiter der Polizeiinspektion Rostock. Bereits während der Einsatzbesprechung habe Hansa die Behörden darüber informiert, dass sich das gestohlene Banner laut Informationen der Vereinsführung im Stadion befinde und zu Beginn der zweiten Hälfte ausgerollt werden solle.

Trotz gründlicher Durchsuchung der Südtribüne sei es jedoch nicht gefunden worden. Da für die Kontrolle auswärtige Ordnungskräfte zuständig gewesen seien, "kann nahezu ausgeschlossen werden, dass das Banner durch sie ins Stadion gelangte oder bei Kontrollen unentdeckt blieb", teilte die Polizei mit. Insgesamt waren am Montag 1400 Beamte im Einsatz, die von über 300 Ordnern unterstützt wurden. Zumindest eine gute Nachricht gab es am Montag noch: Nach dem Spiel blieb es bei der Abreise der Gästefans ruhig.

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