Saarbrücken im Pokal-Halbfinale:Alles andere als ein gewöhnlicher Regionalligist

1. FC Saarbrücken - Fortuna Düsseldorf

Mancher in Saarbrücken träumt schon von Berlin, wo das Pokalfinale stattfindet.

(Foto: dpa)
  • Der 1. FC Saarbrücken feiert mit dem dramatischen Sieg über Düsseldorf den nächsten Favoriten-Sturz.
  • Trainer Lukas Kwasniok leistet sich bei den Feierlichkeiten einen koketten Versprecher.
  • Auch Torwart Daniel Batz sagt: "Es kann kommen, wer will. Berlin ist nur noch einen Schritt entfernt."

Von Christoph Ruf, Völklingen

Als Saarbrückens Torwart auch den letzten Düsseldorfer Elfmeter gehalten hatte, brüllte der Stadionsprecher: "Halbfinaaaale" - und 6800 Zuschauer ließen ihr Team hochleben, das gerade als erster Viertligist in der Geschichte des DFB-Pokals in die Runde der letzten Vier eingezogen war. Wenn es nach den Saarbrücker Fans geht, ist der Weg danach auch schon vorgezeichnet: "FCS-international", stand auf einem Transparent in der Kurve, die nach dem Spiel genau wusste, bei wem sie sich zu bedanken hatte. "Batzi", mit bürgerlichem Namen Daniel Batz, hielt am Dienstagabend gleich fünf Elfmeter. Einen in der regulären Spielzeit. Und dann tatsächlich vier im Elfmeterschießen, das der Regionalligist mit 7:6 für sich entschied.

Der Mann des Tages, der für den SC Freiburg einmal ein Bundesligaspiel absolviert hatte, erzählte danach bereitwillig, wie er die völlig entkräfteten Mitspieler nach den 90 Minuten motiviert hatte, wie er sie antrieb, noch mal alles zu versuchen. Trotz der eher düsteren Ausgangslage. Schließlich hatte Fortuna Düsseldorf erst kurz vor Ende der regulären Spielzeit durch Mathias Jörgensen ausgeglichen (90.) und schien nun fest überzeugt zu sein, als Bundesligist die weitaus besseren Karten für die Verlängerung zu haben.

Doch das sah Batz ganz anders: "Kopf schlägt Körper", habe er seinen Mitspielern zugerufen, "wir sind im Viertelfinale, wir wollen ins Halbfinale. Und jetzt ist Verlängerung, da hätte uns gegen einen Bundesligisten keiner erwartet." Wohl wahr. Zumal sich der FCS zuvor aufs Kontern beschränkt hatte und glücklich durch Tobias Jänicke in Führung gegangen war (31.).

Saarbrücken kämpft sich ins Elfmeterschießen - den Rest erledigt Batz

Düsseldorfs Trainer Uwe Rösler wurde an der Seitenlinie dennoch von Minute zu Minute nervöser und verlor endgültig die Fassung, als Rouwen Hennings auch noch einen Elfmeter vergab (83.). Batz lenkte schon diesen platziert geschossenen Ball an den Pfosten und wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass er kurz darauf vier weitere Strafstöße parieren würde.

Irgendwie, meinte der Torwart Batz, habe die Elf in der Verlängerung die "zweite Luft" bekommen. Was im klaren Gegensatz zur Fortuna stand, die mit einem Mal wie ein löchriger Luftballon wirkte. Fast jeden Zweikampf, fast jedes Laufduell verlor der Erstligist zwischen Minute 90 und 120, die Fortuna durfte sich nach zwei Stunden glücklich schätzen, nicht schon vor dem Elfmeterschießen als Verlierer vom Platz zu müssen.

Den Rest erledigte Batz, der auch den letzten, von Jörgensen geschossenen Elfmeter um den Pfosten drehte. Und während sich FCS-Trainer Lukas Kwasniok schon zur Pressekonferenz ein Bier bestellte und ankündigte, dass er am Mittwoch genau wie seine Spieler kaum zu gebrauchen sein würde ("Lassen Sie uns den heutigen Abend genießen, den morgigen vergessen und am Donnerstag wieder auf die Regionalliga fokussieren"), orderte Fortuna-Coach Uwe Rösler einen Kaffee und blickte recht wächsern drein.

Ein koketter Versprecher von Saarbrückens Trainer

Rösler wurde dann noch gefragt, wie er es sich den kollektiven Druckabfall seiner Elf vor der entscheidenden Phase der Partie erkläre. "In der Verlängerung habe ich gedacht, wir würden das Spiel weiter so bestimmen. Das war aber nicht der Fall", sagte er. Eine Erklärung dafür habe er auch. "Aber die sage ich Ihnen nicht." Hätte Rösler eine Lanze für die konditionelle Grundlagenarbeit seines Vorgängers Friedhelm Funkel brechen wollen, er hätte dazu noch ausreichend Gelegenheit gehabt.

So aber nahm er mit bitterer Miene zur Kenntnis, wie Kollege Kwasniok den Düsseldorfern den Klassenverbleib in der Bundesliga prophezeite und kokett einen Versprecher in eigener Sache nachschob: "Wir werden unser Ziel, Berlin, auch nicht aus den Augen verlieren. Ich meine natürlich: den Aufstieg in die dritte Liga." Der ist angesichts von sechs Zählern Vorsprung auf den Zweiten greifbar nah. Durch die Qualifikation fürs Halbfinale haben die Saarländer ihre Pokal-Einnahmen auf 5,4 Millionen Euro gesteigert - Geld, das sie im Fall des Drittliga-Aufstiegs gut gebrauchen können.

Allerdings ist das Gründungsmitglied der Bundesliga, das zuvor schon den 1. FC Köln, Jahn Regensburg und den Karlsruher SC aus dem Wettbewerb geworfen hatte, kein typischer Regionalligist. Sechs Spieler mit Bundesliga-Erfahrung stehen im Kader, der Etat ist hoch, das Fanpotenzial sowieso. Und wer sah, was diese Mannschaft in der Verlängerung gegen Düsseldorf auch spielerisch leistete, der ahnt, wie sich ein echter Viertligist wie die TSG Balingen fühlen muss, die vergangenen Freitag an gleicher Stelle mit 0:4 unterging.

Die Saarbrücker spielen zurzeit auswärts im kleinen Hermann-Neuberger-Stadion im benachbarten Völklingen, weil der heimische Ludwigspark umgebaut wird. Als Anspielung auf die erfolgreichere Vergangenheit des Klubs durfte an diesem Abend das Saarbrücker Kennzeichen eines vorm Völklinger Stadion geparkten Autos interpretiert werden. Zahlencode: 1992. Es ist das Jahr, in dem der 1. FC Saarbrücken letztmals in die Bundesliga aufstieg. Im Pokalfinale stand der Verein aber noch nie. Daniel Batz sagt: "Es kann jetzt kommen, wer will. Berlin ist nur noch einen Schritt entfernt."

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