DFB-Pokal:Putzige Pazifisten

Schon vor dem Pokal-Halbfinale duellieren sich Bayern und Schalker - es geht um die Grundsatzfrage, ob Magaths Mannschaft mit ihrer harten Gangart Titel holen darf.

Andreas Burkert

Von Leverkusen sprechen sie in München nicht mehr wirklich, das wird sich wohl erst ändern, wenn der FCBayern im Rheinland antreten muss, am Samstagabend nach Ostern. Die Schalker seien der ernstzunehmendere Gegner im Kampf um die Meisterschaft, hat Trainer Louis van Gaal bereits vor Wochen orakelt, ein Urteil, das ihn bisher als Experten kennzeichnet. Und der Respekt ist offenkundig doch recht groß vor dem Ligazweiten, der sich geschmeichelt fühlen darf, dass der Tabellenführer zum Pokal-Halbfinale mit betonter Geringschätzung des Gegners anreist. Die Produzenten der besonders großen Schlagzeilen haben den Münchnern jedenfalls vor dem Abflug entzückt zugehört. Denn die haben sie mit Stoff für ausgesprochen dicke Balken versorgt.

Natürlich gilt neben dem gesprochenen Wort auch die Tonlage, und Bastian Schweinsteiger, zweiter Stellvertreter des Kapitäns, hat sich wirklich Mühe gegeben, diplomatisch und zugleich analytisch zu klingen in seiner Bewertung des Schalker Spiels unter Trainer Magath. Aber unter dem Strich ist wohl doch ein Doppelpass mit Sportchef Christian Nerlinger herausgekommen, der wortreich sein Profil schärft als Nachfolger des im Präsidentenamt vermeintlich befriedeten Hoeneß. Eine Strategie des schmutzigen Spiels verfolge Schalke, findet der frühere Profi, eine Säule dieses Plans seien "taktische Fouls". Indigniert resümiert Nerlinger im Münchner Merkur: "Das ist eine Politik, eine Philosophie, die den Fußball nicht weiterbringt."

Ach ja, und übrigens, die Schiedsrichter drückten hier und dort ein Auge zu.

Keineswegs larmoyant hat sich Schweinsteiger ausgedrückt, der grundsätzlich eine Entwicklung zur Reife erkennen lässt, nicht nur auf dem Rasen. Sicher, Schalke spiele "manchmal dreckig", sagt der Nationalspieler - nachdem er allerdings beklagt hat, dass den Bayern am Samstag in Frankfurt (1:2) nicht "ein dreckiges 1:0" gelungen sei. Und sicher, Königsblau agiere selten kunstvoll, "Schalke spielt nicht wirklich viel mit, sie versuchen viele lange Bälle zu spielen, auf Kuranyi, und dann Wirbel zu machen und irgendwie ein Tor". Aber hey, ergänzt Schweinsteiger, das Stilmittel Foul sei zulässig und gehöre eben "zum Spiel von Magath dazu". Auch Kapitän Mark van Bommel sagt entspannt, die rustikale Attitüde zeige Schalke "schon die ganze Saison - aber das ist kein Vorwurf, denn das ist ihr Spiel".

Erster in der Fairplay-Tabelle

Am Mittwoch, das ist der Eindruck, geht es demnach nicht nur um den Einzug ins Pokalfinale. Sondern auch um eine Grundsatzfrage: Darf dieses Schalke einen Titel holen, darf es sogar Meister werden - mit dieser Art des Fußballs? Man habe mehr Qualität und müsse "zeigen, dass wir die beste Mannschaft sind", sagt Schweinsteiger. Die Bayern, in der Fairplay-Tabelle übrigens mit Abstand Erster - Schalke ist hier Sechster, liegt bei den Fouls (569 zu 399) aber als Erster deutlich vor Bayern (17.) - erklären ihren neuen Pazifismus mit "der Kraft des Trainers", wie van Bommel meint: "Es liegt an der Art, wie wir spielen, wir wissen, was wir tun müssen." Kontrolliertes Passspiel und Lücken suchen, das meint er.

Aus dem Mund des Mittelfeldarbeiters van Bommel, in München zum aggressiven Anführer geadelt, klingt der neue Sportsgeist der Bayern natürlich putzig. Felix Magath hat den Ball am Dienstagnachmittag trotzdem gleich wieder zurückgespielt, er stieg für einen knackigen Kunstschuss extra tief ins Archiv hinab: "Nerlinger hat in fünf Jahren Bundesliga 364 Fouls begangen. So viele wie kein anderer", nölte er vergnügt, "er muss also Experte sein." Und Schalke sei "eben nicht in der Lage, 70 bis 80 Millionen Euro für bestens ausgebildete Spieler zu zahlen". Jetzt liegt die Kugel, beim Spielstand von etwa 2:2, im Anstoßkreis. Anpfeifen, bitte.

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