DFB-Pokal:Mitternachtsspitzen

Marco HILLER Torwart TSV1860 Nr.1 Stephan Salger, TSV1860 Nr.6 celebrate the victory after the last 11m, Marcel Schuhen,

Zwei Matchwinner, vereint im Glück: Stephan Salger, der den letzten Elfmeter für die Sechziger verwandelt hatte, jubelt mit dem starken Keeper Marco Hiller. Im Vordergrund kann Darmstadts Torwart Marcel Schuhen sein Unglück kaum fassen.

(Foto: ActionPictures/imago)

1860 München deutet beim DFB-Pokalerfolg gegen Darmstadt 98 seine Zweitligatauglichkeit an, erfüllt ist sie bereits auf der Torhüter-Position. Insgesamt findet Trainer Köllner seine Mannschaft aber noch zu "wild".

Von Christoph Leischwitz

Es hatte etwas länger gedauert am Freitagabend, aber das Wie interessiere am nächsten Tag doch niemanden mehr, sagte Michael Köllner nach dem Pokalerfolg. Womöglich spielte der Trainer des TSV 1860 München damit auch auf die Tatsache an, dass das zwischenzeitliche 1:0 von Phillipp Steinhart irregulär zustande gekommen war - der im Abseits stehende Merveille Biankadi hatte dem gegnerischen Torwart in der 75. Minute die Sicht versperrt. Falsch war es aber streng genommen schon, was der Trainer des TSV 1860 München nach dem 5:4-Erfolg nach Elfmeterschießen da mutmaßte: Denn der erwähnte nächste Tag war bereits angebrochen, die Pressekonferenz dauerte bis weit nach Mitternacht. Und das Wie interessierte schon allein deshalb, weil diese Partie gegen Darmstadt 98, unabhängig vom Pokalwettbewerb, einen Fingerzeig gab, wie zweitligatauglich die Löwen tatsächlich schon sind.

Nun war der Zweitliga-Sechste der vorigen Saison stark ersatzgeschwächt angereist. Doch zumindest gegen diesen Gegner hatte Köllner keinen Klassenunterschied gesehen. Er ärgerte sich im Nachhinein auch, dass es so ein langer Abend geworden war: "Wir hätten es in der zweiten Halbzeit entscheiden müssen", fand der 51-Jährige. Fest stand aber auch, dass die Partie wegen der langen Pokal-Erfolglosigkeit, die bis 2016 zurückreicht, auch dank der Dramatik mal wieder ein besonderes Erfolgserlebnis für die Fans gewesen war: "Ich denke, die Mannschaft hat dem ganzen Verein ein kleines Geschenk gemacht", sagte Marco Hiller.

Am Ende hatten sie die Nerven behalten - alle Sechzig-Schützen hatten im Elfmeterschießen sicher verwandelt. Sie seien so selbstbewusst gewesen, verriet der fünfte und letzte Schütze Stephan Salger später, dass sie am Mittelkreis "relativ optimistisch" gewesen seien, "dass ich gar nicht mehr schießen muss". Ein Grund dafür ist, dass Sechzig auf einer Position schon ganz besonders zweitligatauglich ist: auf der des Torhüters.

In seinem ersten Pflichtspiel der Saison nach Rotsperre schaffte es Marco Hiller tatsächlich, den für ihn sehr erfolgreich eingesprungenen Tom Kretzschmar (kein Gegentor in zwei Spielen) wieder zur klaren Nummer zwei zu machen. Hiller strahlte über die gesamte Partie hinweg Souveränität aus. Seine größte Tat freilich war die Parade eines Kopfballs von Patric Pfeiffer aus sieben Metern Entfernung - zwei Minuten vor Ende der Verlängerung. "Einen Tick schwerer" zu halten als ein Elfmeter sei der schon gewesen, sagte der 24-Jährige später grinsend.

Als es in die Verlängerung geht, wird ein absehbares Problem deutlich: Der Löwenkader ist für intensive 120 Minuten zu klein

Insgesamt wirkte die Abwehr stabiler als zuvor im Ligaspiel bei Wehen Wiesbaden (0:0). Youngster Niklas Lang zeigte auch diesmal keine Nerven, Neuling Yannick Deichmann findet sich auf der Rechtsverteidiger-Position immer besser ein.

Trotzdem wird Köllner, der seiner Mannschaft nach dem aufreibenden Spiel drei Tage freigab, am Dienstag einige Kritikpunkte anzusprechen haben. So agierte die Mannschaft vor allem in der ersten Halbzeit nervöser als sonst, Köllner fand sie "auf jeden Fall zu wild". Zweitens wurde ein absehbares Problem deutlich, als es in die Verlängerung ging: Der Kader ist für intensive 120 Minuten nicht breit genug, zumal in Sascha Mölders der 36-jährige Führungsspieler erschöpft vom Platz musste. Mittelfeldstratege Quirin Moll war gleich mitgegangen, weil er über eine Stunde lang gelbbelastet in die Zweikämpfe gegangen war.

Köllner antwortete ausweichend auf die Frage, ob er sich von den jungen Einwechselspielern nicht vielleicht ein bisschen mehr frischen Wind erwartet hätte, gegen einen erschöpften Gegner. Richtig zufrieden könne man eigentlich ja nie sein, meinte er nur.

Vor dem Derby gegen Türkgücü München am kommenden Samstag steht ein weiteres Pokalspiel an. Zwar nur Verbandspokal, dafür diesmal mit weiter Anreise: zum Kreisligisten SV Birkenfeld, nordwestlich von Würzburg gelegen. Ein Elfmeterschießen ist dort nicht zu erwarten. Aber viele junge Spieler in der Startelf, um einige Stammkräfte zu schonen.

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