DFB-Pokal:Lahm entpuppt sich als Zauberfloh

  • Beim 3:1 im Pokal gegen den FC Augsburg schickt Carlo Ancelotti eine ungewöhnlich junge Elf auf den Platz - das schönste Tor gelingt aber dem 32-jährigen Lahm.
  • Auch gegen Augsburg konnte der FC Bayern nicht verbergen, dass ihm zurzeit im defensiven Zentrum die Stabilität bei schnellen Gegenangriffen fehlt.
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Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn

Direkt zum Höhepunkt des Abends: Doppelpass mit Thomas Müller, den überforderten Gegenspieler Philipp Max getunnelt, wendige Körpertäuschung auf Briefmarkenradius, ein flacher Schuss ins lange Eck, keine Chance für Torwart Marwin Hitz. Und das alles innerhalb von wenigen Sekunden. Ein Tor, wie es nur ganz wenige Fußballer erzielen können. Lionel Messi, der argentinische Zauberfloh, er kann das, klar. Thomas Müller könnte es auch, vorausgesetzt, er dürfte dabei stolpern, hinfallen, wieder aufstehen. Am Mittwoch jedoch erzielte das Tor einer, der als Dauerläufer bekannt ist, als Stratege, Ballabfänger, Passautomat, Diplomat. Das Tor erzielte ein Fußballer, der es geschafft hatte, der Welt fast 33 Jahre lang zu verheimlichen, dass auch in ihm ein Zauberfloh steckt. Das Tor erzielte Philipp Lahm.

Der FC Bayern hat ja gerade seine Augsburger Woche, innerhalb von vier Tagen trifft der Verein zweimal auf den FCA. Es geht darum, den positiven Trend der vergangenen Woche fortzusetzen; es geht um das Weiterkommen im DFB-Pokal, um das Behaupten der Tabellenführung in der Bundesliga. Es sollten leidenschaftliche, intensive, enge, umkämpfte Tage werden; Tage, in denen die Augsburger, die Außenseiter, den Favoriten mächtig ärgern wollten. Dann aber erzielte Philipp Lahm, der in den ersten 69 Pokalspielen seiner Karriere genau zweimal getroffen hatte, zuletzt im Februar 2010, dieses hübsche Tor. Und so wirkte es doch wie das Duell zwischen einem überlegenen Favoriten und einem doch zu außenseiterhaften Außenseiter.

Gespielt waren da knapp 100 Sekunden.

Carlo Ancelotti, der Trainer des FC Bayern, hatte vor dieser Pokalpartie, die seine Mannschaft - nach am Ende doch noch spannenden 90 Minuten - 3:1 (2:0) gewinnen sollte, seine Formation kräftig umgebaut. Nur drei Spieler, die beim 2:0 am Samstag gegen Gladbach in der Startelf gestanden waren, spielten erneut von Beginn an: Neuer, Hummels, Thiago. Ansonsten schickte Ancelotti eine ungewöhnlich junge Elf auf den Rasen. Mit Kingsley Coman, 20. Mit Joshua Kimmich, 21. Mit Renato Sanches, 19. Mit Julian Green, 21. Diese Elf war im Schnitt 24,8 Jahre alt.

"Ich habe so einen tollen Kader, ich möchte, dass die Spieler motiviert bleiben", sagte Ancelotti zur Begründung der vielen Wechsel. Philipp Lahm, 32, hob den Schnitt deutlich.

Augsburg spielte so, wie Trainer Dirk Schuster das angekündigt hatte: sehr, sehr defensiv. Das Team verteidigte mit einer Viererkette und davor mit einer Fünferkette, vielleicht auch umgekehrt, so eng standen die Verteidiger. Das sah zunächst ganz gut aus. Knapp 100 Sekunden lang.

Dann, weil es so schön war: Doppelpass mit Müller, den überforderten Max getunnelt, wendige Körpertäuschung auf Briefmarkenradius, ein flacher Schuss ins lange Eck, keine Chance für Hitz. Tor vom Münchner Zauberfloh.

Augsburg nutzt Verschnaufpause der Bayern

Augsburg spielte weiterhin sehr, sehr defensiv, "wir wollten von Anfang an die Räume zumachen, und bis zum 2:0 haben wir auch nicht viel zugelassen", sagte Schuster nachher. Dank seiner Defensiv-Taktik fielen die Gäste lange nur auf, weil sie Trikots in Textmarkerneongelb trugen. Und so konnte der FC Bayern ungestört sein Spiel aufbauen, erst am Strafraum attackierten die Augsburger etwas aggressiver. Müller (13.) und Sanches (21.) verfehlten aus der Distanz das Tor, Hummels traf im Fünfmeterraum nur sich selbst (25.). Unbeirrt kombinierte sich der Gastgeber jedoch weiter auf den Textmarkerklecks zu, belohnt wurde das in der 41. Minute: Flanke von Müller, Kopfball von Green, Tor. "Da haben wir tüchtig mitgeholfen, indem wir den Ball vorher zum Gegner schlagen", klagte Schuster; inzwischen war er nicht mehr so zufrieden. Hummels hätte die Führung noch ausbauen können, doch Hitz reagierte gedankenschnell (45.).

Nach der Pause machte der FC Bayern dann das, was er auch in den vergangenen Partien stets gemacht hatte: Das Team gönnte sich eine Verschnaufpause. Und so fiel der FCA nicht mehr nur durch seine Trikots auf. Sondern auch durch schnelle Angriffe. Gleich beim ersten Besuch der Gäste im gegnerischen Strafraum schubste Hummels Gojko Kacar, es gab Elfmeter. Diesen parierte Neuer gegen Ja-Cheol Koo, den Nachschuss setzte Daniel Baier am leeren Tor vorbei (48.). Neun Minuten später scheiterte auf der anderen Seite Müller ebenfalls vom Elfmeterpunkt.

Und selbst wenn Ancelotti darauf bestand, man habe das Spiel zwar "nicht zumachen können, aber klar kontrolliert": Alles in allem konnten die Bayern nicht verbergen, dass ihnen zurzeit im defensiven Zentrum die Stabilität bei schnellen Gegenangriffen fehlt. Erst rutschte Dong Won Ji im Fünfmeterraum knapp am Ball vorbei (61.), sieben Minuten später traf er doch noch: Müller vertändelte gegen Max den Ball, schneller Gegenangriff durch ein poröses Zentrum, Schuss von Ji, Jérôme Boateng fälscht ab, der Anschlusstreffer. Und so folgten doch noch 22 leidenschaftliche, intensive, enge, umkämpfte Minuten - erst David Alabas Treffer zum 3:1 kurz vor dem Schlusspfiff sorgte für die Entscheidung. Und einen weiteren Höhepunkt gab es auch noch: Der Nationalverteidiger Holger Badstuber gab nach wieder mal langer Verletzungspause sein ungefähr hundertstes Comeback - mal wieder umjubelt vom Heim- und Auswärtspublikum. Schon am Samstag sehen sich die Beteiligten wieder.

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