DFB-Pokal:Bayern muss seine letzte Titelhoffnung aufgeben

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Bayerns Torhüterin Janina Leitzig (Mitte) kann den Wolfsburger Treffer zum 1:2 nicht verhindern - ebenso wenig wie die Niederlage im Pokalhalbfinale. (Foto: Silas Stein/dpa)

Die Fußballerinnen des FC Bayern scheitern im DFB-Pokal am Wolfsburger Dauerrivalen. In einem aufgeladenen Duell misslingt ihnen die Auferstehung.

Aus dem Stadion von Anna Dreher

Eine Weile hatte es gewirkt, als wäre für die Fußballerinnen des FC Bayern doch noch etwas möglich. Als könnten sie sich von der Dominanz des VfL Wolfsburg befreien und die Idee, mit der sie in dieses Pokalhalbfinale gegangen waren, besser umsetzen. Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr. In der 61. Minute hatte Jill Roord die 2:1-Führung für die Wolfsburgerinnen erzielt. Aber dieses Spiel durften die Münchnerinnen nicht verlieren, war es doch ihre einzige Chance, diese Saison nicht titellos zu beenden. Sie kämpften sich nach vorne, schossen öfter aufs Tor als noch zu Beginn - aber dann verloren sie den Ball in einem Zweikampf eben einmal zu viel, um noch die Wende einzuleiten.

Die 80. Minute lief, Kathrin Hendrich, ehemalige Münchnerin, holte sich den Ball, passte ihn auf die zuvor eingewechselte Tabea Waßmuth, die spielte Doppelpass mit Kapitänin Svenja Huth - und stellte dann erneut unter Beweis, dass sie sich zu einer der besten deutschen Angreiferinnen entwickelt hat. Von der linken Seite schlenzte sie den Ball mit ihrem schwächeren linken Fuß, der Ball war lange in der Luft, bevor er an den rechten Innenpfosten donnerte und von dort zum 3:1 ins Tor flog.

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Und so sehr sich der FC Bayern auch bemühte: Die Auferstehung gelang den Gastgeberinnen an diesem Ostersonntag nicht mehr. "Kämpferisch waren wir gut im Spiel, fußballerisch nicht immer so, wie wir wollten. Wir kriegen zu leicht die Tore und brauchen viel zu viele Chancen, um uns zu belohnen", sagte Kapitänin Lina Magull in der ARD. "Nach intensiven Wochen ist es heute ein weiterer Tiefschlag."

Erneut sind die Münchnerinnen im DFB-Pokal an den Wolfsburgerinnen gescheitert, erneut ziehen diese ins Finale jenes Wettbewerbs ein, den sie zuletzt siebenmal in Serie gewinnen konnten. Die Mannschaft von Trainer Tommy Stroot wahrt sich zudem weiter die Chance auf ihr zweites Triple nach 2013. Im Pokalendspiel am 28. Mai trifft der VfL auf den Sieger der Montagspartie (18.30 Uhr, Sky) zwischen Bayer Leverkusen und Turbine Potsdam. Im Halbfinale der Champions League wartet der FC Barcelona (22./30. April), das Hinspiel am Freitag (18.45 Uhr, Dazn) findet im ausverkauften Camp Nou statt. "Wir waren gnadenlos effektiv heute, auch wenn wir nicht unser bestes Spiel gemacht haben", sagte Nationaltorhüterin Almuth Schult, die nach einer Schulterzerrung rechtzeitig wieder fit wurde.

Bayern muss auf Cheftrainer Jens Scheuer verzichten

Die vorherige Begegnung mit den Wolfsburger Fußballerinnen war den Münchnerinnen nicht gerade in guter Erinnerung geblieben. Anfang April gab es eine 0:6-Klatsche. Die schmerzte nicht nur wegen der Höhe und weil sie vom Dauerrivalen verpasst wurde. Sondern, weil sie ziemlich sicher die Meisterschaft entschieden haben dürfte. In der Liga führen die Wolfsburgerinnen die Tabelle bei drei verbleibenden Partien mit vier Punkten an. Weil sich ausgerechnet in dieser Phase der Saison aber jede Menge Spielerinnen mit dem Coronavirus infiziert hatten, fand man in München darin eine Erklärung für einen derartigen Ausfall - eine Konstellation, die sich nun nicht wiederholen sollte, jedenfalls nicht in diesem Ausmaß.

Plötzlich im Fokus: Jerome Reisacher, Co-Trainer beim FC Bayern, vertritt im für den Verein so wichtigen Pokalhalbfinale Cheftrainer Jens Scheuer. (Foto: Heike Feiner/Eibner/Imago)

Die Bank war dennoch etwas ausgedünnt. Ganz ohne Corona-Ausfall kam auch diese Partie nicht aus: Bayerns Coach Jens Scheuer hatte es erwischt, der 43-Jährige musste nach einem positiven Schnelltest zuschauen und wurde von seinem Co-Trainer Jerome Reisacher vertreten. Der konnte in diesem für den Verein so enorm wichtigen Spiel immerhin auf jene Fußballerin zurückgreifen, die mit ihrer Dynamik schon in mancher Partie einen Unterschied gemacht hatte: Jovana Damnjanovic, deren Einsatz nach einer Sprunggelenksverletzung im WM-Qualifikationsspiel gegen Deutschland am Dienstag unsicher war.

Bei ihr lief vor 2330 Zuschauern im Stadion des Bayern-Campus viel in der Offensive zusammen, doch auch die Serbin konnte ihre Durchschlagskraft zunächst nicht voll entwickeln. Es waren die Wolfsburgerinnen, die in der ersten Halbzeit weit gefährlicher und öfter im gegnerischen Strafraum auftauchten. Nach fünf Minuten hatte Ewa Pajor die erste Möglichkeit per Kopf, in der 11. Minute lenkte Bayerns Verteidigerin Carina Wenninger den Ball wenige Meter vor dem leeren Tor gerade noch so weg. Doch dann konnte sich keine Münchnerin mehr in den Weg stellen.

Die Münchnerinnen verheddern sich zu oft in Wolfsburgs Defensive

Über Pajor, die die Münchnerinnen mit ihrer Schnelligkeit und Wendigkeit stets herausforderte, kam der Ball Ball zu Lena Lattwein, die ihn als perfekte Vorlage auf Jill Roord weitergeben konnte. Die niederländische Nationalspielerin, früher auch mal in Diensten der Bayern, nahm den Ball an, drehte sich und zog dann so entschlossen und präzise ab, dass Torhüterin Janina Leitzig keine Chance hatte - so sehr sie sich auch Richtung ihres rechten Pfostens streckte. "Wir sind gerade in einem Flow. Wir sind sehr selbstbewusst, und es klappt alles bei uns", sagte Roord.

"Wir sind sehr selbstbewusst, und es klappt alles bei uns" - Wolfsburgs Jill Roord (links) trägt am Ostersonntag entscheidend dazu bei, dass die Fußballerinnen des FC Bayern in dieser Saison ohne Titel bleiben werden. (Foto: Sebastian Widmann/Getty Images)

Die Bayern bemühten sich, unmittelbar eine Antwort zu finden, aber welche Kombinationen sie auch versuchten, irgendwie verhedderten sie sich am Ende doch in der Abwehr der Wolfsburgerinnen - während diese weiter das dominantere und gefährlichere Team blieben und ihren Bewacherinnen immer wieder entwischten. Dass Bayern aber besser in die Partie fand, zeigte sich kurz vor der Pause: In der 16. Minute wäre Damnjanovic fast der Ausgleich gelungen, doch die für die verletzte Lena Oberdorf eingewechselte Alexandra Popp hielt im entscheidenden Moment ihr Bein dazwischen. Kurz danach verpasste Glodis Viggosdottir per Kopf ebenfalls knapp.

Und dann gelang es Damnjanovic doch noch, sich offensiv durchzusetzen - nur anders als gedacht. Dominique Janssen hatte sie im Strafraum zu Fall gebracht, den Elfmeter trat sie selbst, frech direkt in die Mitte zum 1:1 (52. Minute). Das Tor verlieh Schwung, mit jeder Minute fand Bayern besser in das intensive Spiel und stemmte sich vehement gegen die drohende Niederlage. Almuth Schult musste diverse Situationen klären. Doch Damnjanovics Elfmeter sollte die einzige Szene an diesem Tag bleiben, an dem es den Münchnerinnen gelang, Wolfsburgs Keeperin zu überwinden.

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