DFB-Pokal:Der Überläufer erschüttert die Festung

Der FC Ingolstadt wehrt sich lange gegen die Übermacht der Düsseldorfer. Am Ende erlöst ein ehemaliger FCI-Spieler den Bundesliga-Absteiger.

Von Johannes Kirchmeier, Ingolstadt

Es war damals im Juli natürlich noch niemandem klar, aber Heike Ullrich, die stellvertretende Generalsekräterin des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), hatte da schon ein ganz galantes Händchen bewiesen. Schließlich loste sie damals für die erste DFB-Pokalrunde eben jene zwei Profi-Mannschaften zusammen, denen dieses vermaledeite Virus einen Monat später in der Vorbereitung auf die neue Saison zufälligerweise am meisten zusetzte. Die beide wegen jeweils zweier Coronafälle im Team ihr Training mehrere Tage unterbrechen mussten. Erst in der vergangenen Woche kehrten die letzten zum Aussetzen gezwungenen Spieler jeweils zurück ins Training der beiden Mannschaften, es blieb so die ungewöhnlichste Vorbereitung seit langem. Über einen Wettbewerbsnachteil beklagte sich daher niemand vom Drittligisten FC Ingolstadt 04 und vom Zweitligisten Fortuna Düsseldorf vor ihrem Pflichtspielauftakt am Samstagabend.

Und im Nachhinein lässt sich sagen: Dazu hätten sie auch überhaupt keinen Grund gehabt, denn es entspann sich trotzdem eine aufregendes Pokalduell, das erst zehn Minuten vor dem Ende entschieden wurde. Der frühere Ingolstädter Thomas Pledl (80.) traf zum 1:0 (0:0) für den Favoriten Düsseldorf. "Ich bin sehr glücklich", sagte Düsseldorfs Trainer Uwe Rösler nach der Partie. "Wir haben gegen einen gefühlten Zweitligisten die Null gehalten." Mit einem Glas Rotwein wolle er den Einzug in die zweite Runde noch genießen.

Seine Düsseldorfer, die erst im Juni aus der Bundesliga abgestiegen waren, kombinierten sich immer wieder an die Strafraumkante des FCI, hatten deutlich mehr Ballbesitz, doch lange blieben sie dabei ungefährlich. Denn die Taktik, die der Ingolstädter Trainer Tomas Oral zuvor in seiner gewohnten sprachlichen Brachialität umschrieb, verfing: "Diese Stadt ist es aus der eigenen Historie heraus gewohnt, ihr Revier zu verteidigen", sagte er. Ingolstadt, diese Anmerkung ist hier vielleicht vonnöten, war einst Festungsstadt der Bayerischen Armee. Folgerichtig analysierte er im bekannten Stil nach der Niederlage: "Es war nicht so, dass wir das ganze Spiel unter Beschuss waren."

Oral hat sein Team wieder ähnlich defensiv eingestellt (drei Mittelfeldspieler blockierten Düsseldorf vor einer Vierer-Abwehrkette) wie im Relegationsrückspiel gegen den 1. FC Nürnberg, das so dramatisch zu Ende ging: Trotz eines 3:1-Sieges stiegen die Ingolstädter im Juli aufgrund der Auswärtstorregel nicht in die zweite Bundesliga auf. Ein Sieg am Samstag hätte aber nun für das Weiterkommen gereicht.

Für den ersten Torschuss brauchte die Fortuna daher 18 Minuten, aber der war dann gleich gefährlich: Jean Zimmer prüfte Ingolstadts Torwart Fabijan Buntic vom Strafraum aus. Der klärte zur Ecke und entschärfte dann auch den starken Kopfball des aufgerückten Innenverteidigers André Hoffmann. Ehe auf der Gegenseite der 19-jährige Justin Butler, der den verletzten Stürmer Stefan Kutschke ersetzte, im Konter zweimal am Düsseldorfer Torhüter Florian Kastenmeier scheiterte (24. Minute). "Er muss das 1:0 machen, keine Frage", sagte Oral. "Aber was uns gerade ein bisschen abgeht im Verein, ist das Quäntchen Glück."

Die Kleinen trauten sich schon auch etwas zu, "giftig sein", schrie Oral zwischendurch. Und so wurde es gerade in der zweiten Halbzeit ein harter Pokalkampf - mit wenigen Gelegenheiten, aber umso mehr Fouls. Rouwen Hennings köpfte die einzige Torchance der Düsseldorfer aus wenigen Metern knapp übers Tor (54.), später klärte noch der FCI-Innenverteidiger Tobias Schröck einen Querpass von Brandon Borello kurz vor der eigenen Torlinie (72.), ehe dann der eingewechselte Pledl am rechten Fleck im Strafraum stand und eine Hereingabe von Jakub Piotrowski ins kurze Eck drosch (80.). Orals Festung wurde kurz vor dem Ende also doch noch durchbrochen.

An dieser Stelle würde Oral vielleicht anmerken - "von einem Überläufer". Drei Jahre spielte Pledl, 26, für die Ingolstädter, bevor er 2019 nach Düsseldorf wechselte. Er kannte sich wohl zu gut aus im Revier der Festungsstadt.

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