DFB-Pokal:Das Märchen der Ulmer Spatzen

SSV Ulm 1846 - Eintracht Frankfurt

Großer Jubel: Der Ulmer Torschütze zum 2:0, Vitalij Lux (Mitte), wird von seinem Teamkameraden und Torschützen zum 1:0 , Steffen Kienle (re.), umarmt.

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)
  • Der Regionalligist SSV Ulm besiegt in der ersten Runde des DFB-Pokals den Titelverteidiger Eintracht Frankfurt mit 2:1.
  • "Wir haben nicht unverdient gewonnen", sagt Ulms Trainer Holger Bachthaler.
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Von Johannes Kirchmeier

Die Ulmer Fußballer hatten es eilig, am Samstagnachmittag auf den Platz zu kommen. Sogar das Maskottchen Jack, ein schwarz-weißer Spatz in Menschengröße und mit Rastazöpfen, der sich flügelschlagend hinter die Spieler eingereiht hatte, war schon auf dem Rasen, als diesen gerade erst der siebte der elf Frankfurter Spieler erreichte.

Sicher hing der schnelle Einzug der Regionalliga-Fußballer vor dem Duell gegen Eintracht Frankfurt in der ersten Runde des DFB-Pokals auch damit zusammen, dass sie etwas nervöser gewesen sein mussten als der Titelverteidiger. Der hatte solche Einläufe in volle Stadien schon öfter erlebt. Doch es war durchaus eine Szene, die den Takt für den gesamten Nachmittag vorgeben sollte: Der Schwimm- und Sportverein Ulm 1846 war ein äußerst forscher Herausforderer. Und er hielt sein Tempo bis weit über die 90. Minute hinaus durch und gewann am Ende 2:1 (0:0) gegen den Bundesligisten - es war das Märchen der Ulmer Spatzen.

Erstmals nach 22 Jahren scheidet damit wieder der Titelverteidiger in der ersten Runde aus (damals der 1.FC Kaiserslautern). "Wir haben den Mut und die Lockerheit auf den Platz bekommen, die wir uns vorgenommen haben", sagte Ulms Trainer Holger Bachthaler, "wir mussten die eine oder andere brenzlige Situation überstehen, wir haben nicht unverdient, aber mit etwas Glück das Spiel gewonnen."

Ihr Pokalheld Ante Rebic fehlt den Frankfurtern

Wie von den großen Flügeln des Spatzen Jack hinter sich aufgescheucht, erarbeiteten sich die SSV-Kicker auch auf dem Feld gleich die erste Chance. Innenverteidiger Lennart Stoll stand schon nach 35 Sekunden etwas unerwartet im gegnerischen Strafraum, er schoss aufs Tor - und nur weil der Frankfurter Torwart-Zugang Frederik Rönnow noch seine Finger an den Ball bekam, klatschte dieser an die Latte. Auch die zweite Chance nach neun Minuten hatten die Ulmer, was die 18 440 Zuschauer im erstmals seit dem Bundesliga-Abschied vor 18 Jahren wieder ausverkauften Donaustadion umso mehr erfreute.

Langsam nahmen sie alle wahr, dass der schwäbische Viertligist, der in den vergangenen Jahren immer mal wieder unschwäbisch das Geld verschwendete und drei Insolvenzen erlitt, eine Chance gegen die Hessen hatte. Die waren ja auch ohne ihren Pokalhelden Ante Rebic angereist, der wegen Adduktorenproblemen ausfiel.

Die Pokalhelden waren stattdessen diesmal auf der anderen Seite zu bewundern, auch wenn es mit der Führung bis zur zweiten Hälfte dauerte: Angreifer Ardian Morina köpfelte nach einem Freistoß an den Pfosten, Steffen Kienle staubte ab zur Führung (48.), die der kirgisische Nationalspieler Vitalij Lux im Stile von Rebic dann erhöhte. Nach einem langen Ball, den er sich mit der Schulter wieder selbst vorlegte, flitzte Lux im Konter von der Mittellinie weg aufs Frankfurter Tor und schoss den Ball über den herausstürmenden Rönnow ins Netz.

Bachthaler, Morina, Lux - alles Namen, die sie auch 25 Kilometer südwestlich sehr gut kennen, in Illertissen. Auch die bayerischen Schwaben haben einen großen Anteil am Ulmer Pokalwunder: Denn der 43-Jährige Bachthaler übte beim dortigen FV zuvor jahrelang erfolgreich mit Morina und Lux, nun fanden sich die drei wieder. Zu Saisonbeginn kam Bachthaler aus der Akademie von Red Bull Salzburg nach Ulm, Lux kam aus Unterhaching - und Morina war schon da. In dieser Saison hat der SSV noch kein Spiel verloren, ist Dritter in der Regionalliga Südwest, die vor ihm platzierten Homburger und Mannheimer haben jedoch ein Spiel mehr absolviert. Mit einem breiten Grinsen umarmte Bachthaler seine Spieler nach der Partie, die noch lange mit ihren Fans weiterfeierten.

Ganz anders sieht die Lage für den neuen Frankfurter Trainer Adi Hütter aus, der dem zum FC Bayern gewechselten Niko Kovac nachfolgte und sein zweites Pflichtspiel verlor: 0:5 unterlag er dem FC Bayern im Supercup, nun die Blamage im Pokal. "Gegen den FC Bayern kann man verlieren", sagte Hütter, "dass wir hier verlieren, ist enttäuschend, da braucht man nicht um den heißen Brei rumzureden." Eine Woche vor dem Bundesligastart beim SC Freiburg steht der Trainer schon unter Druck. Vor allem, weil sich seine Mannschaft am Samstag auch als Favorit äußerst schwer tat, überhaupt Chancen zu erspielen. "Es gibt kaum ein Wort, das beschreiben kann, wie schlecht wir uns angestellt haben", sagte Eintracht-Verteidiger Danny da Costa.

Frankfurt ist der fünfte Titelverteidiger, der in der ersten Runde scheitert

Später hatten die Ulmer dann aber schon noch das Glück, das so ein Außenseiter in der ersten DFB-Pokalrunde benötigt: Luka Jovic traf in der ersten Hälfte den Pfosten, Lucas Torro in der zweiten. Zwei Treffer der Eintracht wurden wegen Abseits aberkannt. Dem Sturm-Zugang Goncalo Paciencia gelang per Kopf lediglich noch der späte Anschlusstreffer (90.).

Insgesamt ist Frankfurt nun der fünfte Verein nach Kaiserslautern, Werder Bremen (1994), Kickers Offenbach (1970) und dem Hamburger SV (1963), der als Pokalsieger in der ersten Runde scheitert. Ende Mai übrigens, als Frankfurt den FC Bayern im Pokalfinale in Berlin besiegte, waren die Hessen deutlich früher gemeinsam auf dem Rasen. Vielleicht war der Einlauf also auch am Samstag schon ein Omen.

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