Fünferpack:Ein Lied für Pascal Groß?

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Dortmunds Zugang Pascal Groß. (Foto: David Inderlied/dpa)

Der Zugang übernimmt die Kontrolle beim BVB, in Hannover gibt’s gleich den ersten Knatsch – und Heidenheim hat einen neuen Tim Kleindienst. Fünf Geschichten aus dem DFB-Pokal.

Maximilian Breunig

Maximilian Breunig (Foto: Silas Stein/dpa)

Armes Heidenheim! Seine drei mit großem Abstand besten Offensivspieler hatte der Klub im Sommer verloren: Gladbach hat Tim Kleindienst gekauft, Eren Dinkçi stürmt jetzt für Freiburg, Jan-Niklas Beste fertigt seine schnittigen Freistöße und Hereingaben künftig in Lissabon an. Würden die Heidenheimer überhaupt jemals wieder ein Tor schießen? Nun ja, ganz so schlimm wird’s nicht werden, wie die erste Pokalrunde gezeigt hat. Heidenheim hat im Sommer offenbar Heidenheim-Dinge getan, hat Stürmer aus der dritten Liga verpflichtet, die vorher niemand kannte, die nun aber gedenken, über sich hinauszuwachsen. Beim 4:0 beim FC 08 Villingen hat jedenfalls ein gewisser Maximilian Breunig drei Tore geschossen. Eins vor, zwei nach der Halbzeit, keine großen Kunststücke, aber drei blitzsaubere Buden, zack, zack, zack. Breunig, 24, war bislang bei der zweiten Mannschaft des SC Freiburg angestellt, vorherige Station: Würzburger Kickers, FC Ingolstadt, FC Admira Wacker Mödling. Kann also sein, dass Heidenheim seinen neuen Tim Kleindienst schon gefunden hat. Der kam, bevor er in Heidenheim weltberühmt wurde, schließlich auch aus der dritten Liga. ebc

Felix Brych

Felix Brych (Foto: Harry Langer/dpa)

Es ist eine spezielle Heldengeschichte, die der Schiedsrichter Felix Brych geschrieben hat. Sie geht los wie die Comebacker-Story vom Boxer Rocky Balboa, der sich mit Fleiß und Schweiß auf das Duell des Jahrhunderts vorbereitet, doch dann schlägt sie unversehens um in ein Drama. Als Rocky merkt, dass er seine Boxhandschuhe vergessen hat, bekommt er von Apollo Creed ordentlich auf die Mütze.

Selbstverständlich war es nicht der Rückkehrer Brych, der anstelle der Handschuhe den VAR vergessen hatte bei der Partie von Zweitligist Schalke 04 bei Oberligist VfR Aalen (2:0) am Samstag. Das war schon der DFB – und wie alle Unparteiischen musste auch Brych ohne Videobeweis pfeifen in der ersten Runde des Pokals. Aber erstens gilt Brych unter Deutschlands Schiedsrichtern als VAR-Ultra. Und zweitens bekam er ohne sein heißgeliebtes technisches Hilfsmittel tatsächlich zwei deftige Treffer. Erst verweigerte Brych den Gastgebern einen Handelfmeter (13.), dann erzielte Kenan Karaman (31.) die Schalker Führung aus einer Abseitsposition. „Das Abseitstor ärgert mich“, gab Brych hinterher zu Protokoll.

Im vergangenen November hatte Brych einen Kreuzbandriss erlitten - und das in seiner 344. Bundesliga-Partie bei Eintracht Frankfurt gegen den VfB Stuttgart, mit der er den Rekord von Wolfgang Stark einstellte. Seither hatte der Münchner mit Ärzten und Physiotherapeuten an seinem Comeback gearbeitet. Eine festgeschriebene Altersbeschränkung für Referees gibt es beim DFB nicht, das Landgericht Frankfurt hatte im vergangenen Jahr im Streitfall von Manuel Gräfe geurteilt, dass die Altersgrenze von 47 Jahren für Spitzenschiedsrichter beim DFB nicht rechtmäßig ist. Was dem 49-Jährigen nun bleibt, ist die Freude darüber, dass er zurück ist auf der Fußballbühne. Und in der Bundesliga gibt es bald auch wieder einen VAR für ihn. pps

Pascal Groß

Pascal Groß (Foto: David Inderlied/dpa)

Sieben Jahre ist es her, als sich Pascal Groß mit einem Tor aus Deutschland verabschiedete. Ein Elfmeter war das gegen Schalke 04, 34. Spieltag, kaum jemand nahm Notiz davon, weil sein damaliger Verein, der FC Ingolstadt, sowieso schon abgestiegen war. Und dieser Groß? Klar, ein guter Spieler, wo geht er jetzt nochmal hin? Brighton? Und in der Sekunde, in der viele Fans der Bundesliga das lasen, hatten sie es auch schon wieder vergessen. In Brighton mochten sie jedoch ihren Neuen, die Fans sangen auf die Melodie des Queen-Hits „Another one bites the dust“ die Zeile „Another assist from Groß“ weil dieser deutsche Spieler, den in Deutschland kaum jemand kannte, erstaunlich viele Tore vorbereitete. Hansi Flick schaute dann als erster Bundestrainer an die englische Kanalküste und nun hat der BVB zugeschlagen, um dem mittlerweile 33-Jährigen direkt das Herz des Spiels anzuvertrauen.

Beim 4:1 gegen Phönix Lübeck sah man in Ansätzen, was der neue Trainer Nuri Sahin von seiner Mannschaft verlangt. Über 1000 Pässe spielte der BVB (Bayern spielte gegen Ulm etwa 800), die meisten davon, nämlich 196, übrigens der für seine Verhältnisse erstaunlich drahtige Niklas Süle. Groß kam auf 162, aber noch vielmehr sah man im Hamburger Volksparkstadion, in das der Regionalligist auswich, dass Groß schon im ersten Pflichtspiel die Kontrolle des BVB-Spiels beanspruchte. Er zeigte hierhin und dorthin, forderte den Ball, spielte kurze und lange Pässe, gab Anweisungen und urteilte nach dem Spiel kritisch an den Mikrofonen: „Wir haben schon gute erste Ansätze gezeigt.“ Dass mitnichten alles super war, sah man etwa daran, dass Lübeck neben dem Tor auch noch dreimal Aluminium traf.

Groß ist quasi der Bonuszugang der Borussia in diesem Sommer. Während die anderen Neuen jeweils einen abgewanderten Spieler ersetzen – Maximilian Beier kommt für Jadon Sancho, Yan Couto ersetzt Ian Maatsen, Waldemar Anton nimmt den Platz von Mats Hummels ein und Serhou Guirassy soll mehr Tore schießen als Niclas Füllkrug – füllt Groß eine Leerstelle, die in Dortmund bereits eine Weile unbesetzt geblieben ist. Nämlich die des spielstarken Sechsers, der Defensive und Offensive verbindet, der den Ball sicher von hinten nach vorne bringt. Zwei Tore hat er auch noch direkt vorbereitet, und vielleicht fangen sie in Dortmund schon mal an, sich ein Lied für ihn auszudenken.

Stefan Leitl

Stefan Leitl (r.) (Foto: Soeren Stache/dpa)

Es gibt Standorte im deutschen Profifußball, da ist die Lunte bis zum ersten Knall kürzer als anderswo – und in Hannover hat’s schon bumm gemacht. Drei Pflichtspiele ist die Saison beim Zweitligisten 96 alt, für Sportdirektor Marcus Mann jedoch exakt der richtige Zeitpunkt, um die Mannschaft grundsätzlich anzuschießen. Er könnte sich „das langsam nicht mehr angucken“, sagte Mann nach dem Pokal-Aus beim Drittligisten Arminia Bielefeld, dem zweiten missratenen Spiel binnen weniger Tage nach dem 0:0 in der Liga beim Aufsteiger Preußen Münster. Er warf seiner Mannschaft „Schlafwagenfußball“ vor, was nach „Uwe-Seeler-Traditionself“ (Copyright Franz Beckenbauer) klang und vermutlich exakt so gedacht war. Bei solchen Sätzen ist immer auch der Trainer gemeint, in diesem Fall Stefan Leitl, der in seine dritte Spielzeit als 96-Chefcoach geht und ein klares Ziel aufgetragen bekommen hat: die Rückkehr in die Bundesliga. „Wir sollten ganz schleunigst aufwachen“, warnte Mann, denn: „Das gucke ich mir nicht mehr lange an.“ Leitl kann gar nicht anders, als diese Worte als Drohung zu verstehen. Bumm! ebc

Lasse Rosenboom

Lasse Rosenboom (l.) (Foto: Roberto Pfeil/dpa)

Mit einem Boom (Aufschwung, Blüte) hat der Name des Pokalhelden Lasse Rosenboom der Namensherkunft nach zwar nichts zu tun, für einen emotionalen Boom hat der 22-Jährige beim Bundesliga-Aufsteiger Holstein Kiel trotzdem gesorgt, als er im Pokalspiel beim Drittligisten Alemannia Aachen in der 82. und 91. Minute zwei Treffer erzielt und eine Pokal-Blamage abgewendet hat. Rosenboom (Bedeutung: Rosenstock) war beim Stande von 1:2 überhaupt erst in der 79. Minute eingewechselt worden und ist eigentlich rechter Außenverteidiger, aber er mischte sich derart energisch in die Kieler Ausgleichsbemühungen ein, dass ihm binnen elf Minuten seine ersten beiden Pflichtspieltreffer für Holstein gelungen sind und er zum ‚Spieler des Spiels‘ gekürt wurde. Der 2023 von Werder Bremen II nach Kiel gekommene Auricher hatte in der vergangenen Zweitliga-Saison gerade mal acht kurze und drei lange Einsätze bekommen. 16 Mal hat er einst in Jugendteams des Deutschen Fußball-Bunds gespielt. Was man noch wissen sollte: Spitzname: Rosi, Lieblingsbrauchtum: ostfriesisches Boßeln, Idol: Neymar, Fußballtraum: Nationalteam und Champions League. Es gibt also noch Einiges zu tun. uhn

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