Süddeutsche Zeitung

DFB-Pokal: Bayern besiegt Braunschweig:Ein Unterschied namens Müller

Mit einem lockeren 3:0 in Braunschweig erreicht der FC Bayern die zweite Runde im DFB-Pokal. Der Zweitligist bringt sich durch zwei Foulelfmeter in der ersten Halbzeit früh um ein spannenderes Spiel und ist gegen die souveränen Münchner am Ende ohne Chance. Dem Rekordmeister bleibt die Erkenntnis, dass es gleich zwei sichere Strafstoßschützen im Team gibt - und einen formstarken Angreifer.

Wer zu spät kommt, der wird nicht automatisch bestraft. Der FC Bayern war ja gewiss nicht unglücklich, dass er ein sehr langes Pokal-Wochenende am Montagabend als letzter Erstligist beschließen durfte. So hatten die Münchner drei Tage lang zusehen können, wie sich erstaunlich viele Favoriten blamierten, was die Spannung im Team angemessen hoch hielt.

Ohnehin waren die Braunschweiger kein Außenseiter wie RB Leipzig oder der 1. FC Heidenheim, mit zwei Siegen zum Saisonstart hat sich der Zweitliga-Aufsteiger in der Branche mächtig Respekt verschafft. Es ist einerseits eine Ehre, wenn der FC Bayern Respekt hat, andererseits ist das aber auch ein zweischneidiges Vergnügen: Auf diese Weise hatte Eintracht Braunschweig von Anfang an keine Chance, den Gegner zu überraschen.

Am Ende war es wie erwartet der FC Bayern, der in die zweite DFB-Pokalrunde einzog: Mit 3:0 (2:0) siegte der Favorit in einer ganz speziellen Art des Elfmeterschießens. Zwei Strafstöße von Gomez (9.) und Schweinsteiger (39.) in der ersten Halbzeit genügten, um die Braunschweiger locker unter Kontrolle zu halten, Müller setzte in der Schlussphase noch einen Treffer obendrauf (83.). "Wir waren heute auch ohne Robben und Ribery sehr souverän. Alle, die heute spielten, haben ihre Sache gut gemacht. Wir waren sehr ballsicher und geduldig," freute sich ein zufriedender Trainer Jupp Heynckes.

Der FC Bayern bleibt also im Spiel, er kann diesen begehrten Pokal weiterhin gewinnen, anders als Bayer Leverkusen oder die ehemaligen Pokalexperten von Werder Bremen, die den Wettbewerb beide in der ersten Runde verlassen mussten. Bayerns neuer, alter Coach Heynckes hat noch eine Rechnung offen mit diesem Cup, er ist seit Jahrzehnten im Geschäft, aber als Trainer hat er diese Trophäe noch nie gewonnen.

Aber es war nicht nur die Statistik, die diesem Spiel eine hohen Wert verlieh. Für die Bayern war die erste Pflichtpartie der Saison auch deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die Elf erst noch ein Gefühl für ihr neues Spiel entwickeln muss. Noch weiß keiner genau, wie schnell die Umstellung vom radikal passbetonten Van-Gaal-Fußball auf das pragmatische Spiel des Trainers Heynckes gelingt.

Defensiver sollen die Münchner ja künftig denken, passend dazu sind zentrale defensive Positionen (Torwart Neuer, Innenverteidiger Boateng, Außenverteidiger Rafinha) neu besetzt worden, was die Münchner nicht daran hinderte, über weite Strecken der ersten Halbzeit ein kleines Van-Gaal-Revival aufzuführen.

Der Schiedsrichter bedauert

Es war die frühe Führung, die es den Bayern ermöglichte, im laufenden Spielbetrieb Sicherheit zu gewinnen. Nach Reichels Foul an Müller verwandelte Gomez den Elfmeter locker (9.), es war ein Treffer, den Eintracht Braunschweig überhaupt nicht gebrauchen konnte.

Diese Mannschaft ist auf schnelles Umschaltspiel gepolt, sie lebt davon, gut zu verteidigen und nach erfolgtem Ballgewinn den blitzschnellen Stürmer Kumbela ins Rennen zu schicken. Einen anderen Stil hatte die Elf des Trainers Torsten Lieberknecht nicht im Repertoire, was eine recht seltsame Versuchsanordnung ergab.

Braunschweig lag zurück, hatte ein feuriges Publikum im Rücken und blieb trotzdem tief in der eigenen Hälfte stehen. Die Bayern genossen die luxuriöse Situation, sie spielten sich so lässig die Bälle zu, dass van Gaal daran bestimmt seine Freude daran gehabt hätte. Ein hohes Tempo schlugen sie nicht an dabei, sie taten dem Gastgeber nicht den Gefallen, Ballverluste zu riskieren.

In dieser unspektakulären Partie wurden die verletzten Flügeldribbler Arjen Robben und Franck Ribéry nicht vermisst, für sie hatte Heynckes erwartungsgemäß David Alaba (linker Flügel) und Toni Kroos (zentrales Mittelfeld) nominiert. Thomas Müller räumte die Zentrale und rückte auf Rechtsaußen - es war an diesem Abend die entscheidende Personalie, denn immer wenn Müller überraschend nach innen kurvte, machte sich der Klassenunterschied bemerkbar. Die Braunschweiger Zweitliga-Verteidiger wollten ihn eigentlich gar nicht foulen, aber der Nationalspieler war so flink, dass sie ihn nur regelwidrig erwischten.

Es war der Schlüssel zum Bayern- Sieg, dass die Braunschweiger entweder gar nicht dazu kamen, ihren Körper zu benutzen - und wenn sie es ausnahmsweise mal schafften, die Münchner in einen Zweikampf zu verwickeln, dann stellten sie sich ziemlich ungeschickt dabei an. So fiel auch das 2:0 (39.) - Boland rammte Müller an der Strafraumgrenze völlig unnötig zu Boden, was Schiedsrichter Zwayer zu einem weiteren Elfmeterpfiff zwang. Es machte ihm erkennbar keinen Spaß, er breitete die Arme aus und lächelte knapp. Was soll ich machen? hieß das, tut mir leid, aber ich muss das pfeifen. Gomez hatte schon mal, jetzt durfte Schweinsteiger. Auch er traf.

Am Sonntag kommt Gladbach

In der Pause hatte Braunschweigs Trainer Lieberknecht seinen Profis offenkundig die Benutzung des Körpers empfohlen, ein wenig präsenter wurde die Eintracht nun, aber der FC Bayern blieb cool. Die rechte Seite mit Müller und Zugang Rafinha funktionierte weiterhin gut, die Zugänge Boateng und Neuer wurde in Ermangelung Braunschweiger Sturmaktivitäten selten gefordert. Zwar versuchten die Gastgeber weiterhin tapfer, ihrem Heimpublikum etwas zu bieten, aber die Bayern hatten an dieser Art von Show keinerlei Interesse.

Ein Kruppke-Kopfball ließen sie noch zu (73.), dann traf Müller nochmal aus dem Gewühl (84.), aber ansonsten dürften die Münchner in der zweiten Hälfte durchaus Zeit gefunden haben, zwischendurch mal kurz an den Bundesliga-Auftakt zu denken. Am Sonntag kommt Borussia Mönchengladbach.

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SZ vom 02.08.2011/jbe
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