FC Bayern im DFB-Pokal:"Die Stimmung war positiv, so gehört sich das"

FC Bayern im DFB-Pokal: Hörte lieber nicht ganz so genau hin, was von den Rängen kam: Bayern-Torwart Manuel Neuer (links).

Hörte lieber nicht ganz so genau hin, was von den Rängen kam: Bayern-Torwart Manuel Neuer (links).

(Foto: AP)
  • Der FC Bayern zieht mit einem 1:0-Sieg bei Schalke 04 ins DFB-Pokal-Halbfinale ein.
  • Auf den Rängen wird protestiert, vor allem von den Schalke-Fans, insgesamt geht die Strategie der Deeskalation aber auf.
  • Hier geht es zur Einzelkritik, hier zu den Ergebnissen im DFB-Pokal.

Von Martin Schneider, Gelsenkirchen

Am Ende dieses Fußball-Abends, an dem dann doch nicht so viel passiert war, wie man im Vorfeld vielleicht befürchten musste, war es Leon Goretzka, der die schönsten Sätze beisteuerte. Er wurde irgendwann gefragt, ob er froh war, dass das Spiel diesmal über die volle Spielzeit ging, man hätte ja auch einen Spielabbruch erwarten können. "Ja gut, ich denke, es sollte schon die Regel bleiben, dass ein Spiel über 90 Minuten geht", sagte er mit einem gewissen Humor, der dieser so irre ernsten Debatte ja komplett abgeht. Der Ex-Schalker fuhr fort: "Und abgesehen von den Schmähungen gegen Manu, die mittlerweile irgendwie dazugehören, haben die Schalker ihre Mannschaft Weltklasse unterstützt - so wie ich es auch in Erinnerung habe."

Die Schmähungen gegen Manuel Neuer - mit denen war man wieder mittendrin in der Diskussion, die diesen Pokalabend zumindest im Vorfeld dominierte. Die Schalker Kurve besingt ihren Ex-Torhüter und Ex-Schalke-Ultra seit seinem Wechsel zum FC Bayern regelmäßig als "Hurensohn", was nun eine ganz neue Brisanz bekam, weil es exakt die Wortwahl ist, mit der auch Dietmar Hopp am vergangenen Samstag von den Bayern-Fans beleidigt wurde.

Dort führte diese Ausdrucksweise zu zwei Unterbrechungen, einem Fast-Spielabbruch und faktisch nur 77 Minuten Spielzeit, weil sich Bayern und Hoffenheim 13 Minuten lang den Ball zupassten. Aber weil die Schalker Fans offenbar "nur" sangen und keine Plakate mit eindeutigen Zuschreibungen zeigten, brachte Schiedsrichter Tobias Stieler den 1:0-Sieg der Bayern ohne Unterbrechung zu Ende.

Die Schickeria verhält sich ruhig - die Schalker entrollen Plakate

Manuel Neuer wird sich darüber jedenfalls nicht beschweren, er sagte nach dem Spiel, dass die Atmosphäre "absolut positiv war. So gehört sich das, es gab keine Anfeindungen". Warum er das sagte? Weiß man nicht, er äußerte sich explizit dazu nicht. Vielleicht hört er die Gesänge gar nicht mehr, weil sie "dazugehören", wie Goretzka meinte. Oder er hat keine Lust auf die Diskussionen. Oder er wollte einfach ein normales Fußballspiel spielen.

Dass das ohne Probleme möglich war, lag daran, dass alle Seiten sich offenbar für die Strategie der Deeskalation entschieden haben, allen voran die Partei der Bayern-Fans. Nach einem umfangreichen Statement der "Schickeria" auf ihrer Webseite zu den Vorkommnissen in Sinsheim, zeigte die Ultra-Gruppe zwar ihre Flagge in Gelsenkirchen - beließ es aber bei der Unterstützung der Mannschaft. Nachdem die Bayern-Spieler am Samstag aus Protest gegen die Aktion der Fans noch in die Hoffenheim-Kurve ging, bedankten sie sich die diesmal wieder bei den eigenen Fans.

Den Protest-Part nahmen diesmal die Schalker ein, die vier Plakate entrollten, die sich aber alle im Rahmen der zulässigen Meinungsäußerung bewegten. Und weil im Moment jede Tapete zählt, hier alle im Wortlaut. Das erste und größte Banner zeigten sie direkt nach Anpfiff: "Dementer Fußball-Bund! Zusagen gegen Kollektivstrafen vergessen, versucht ihr nun, uns Fußballfans mit Spielabbrüchen zu erpressen", war darauf zu lesen - eine Anspielung auf die gegen Erzrivale Dortmund verhängte Blocksperre in Hoffenheim, nachdem der DFB 2017 ankündigte, auf diese Form der Bestrafung verzichten zu wollen. "Wenn wir jetzt ein Hurensohn-Plakat zeigen, hört ihr dann auch auf zu spielen und wir schaffen es ins Elfmeterschießen?!" - war ein Gruß Richtung FC Bayern, aber auch an ihre gerade weniger wettbewerbsfähige Mannschaft.

Die weiteren Botschaften richteten sich gegen den eigenen Verein - insbesondere Clemens Tönnies, der nach rassistischen Äußerungen nur ein paar Monate pausierte und nun wieder Aufsichtsratschef ist. "Wer im Glashaus sitzt, sollte zuerst mit CT reden", stand da. Und: "Die Werte unseres Vereins habt ihr mit Tönnies verraten! Spart Euch eure Stellungnahmen." Schalke hatte vor dem Spiel in einer Stellungnahme einen harten Kurs gegen Schmähplakate angekündigt.

Bayern ist insgesamt die klar bessere Mannschaft

Das war die Politik auf den Rängen - Fußball gespielt wurde auch noch, aber der 1:0-Sieg der Bayern wird nicht in die Historie epischer Pokalabende eingehen. So glasklar wie die Ballbesitzstatistik vermuten lässt (81 zu 19 Prozent für den FC Bayern) war das Spiel zwar nicht, weil Schalke immer mal wieder gefährlich war. Guido Burgstaller traf etwa die Latte, stand bei einem Treffer knapp im Abseits und wenn Thiago nicht in höchster Not formschön gegrätscht hätte, hätte Benito Raman wahrscheinlich in der zweiten Halbzeit noch den Ausgleich geschafft.

Aber insgesamt war der FC Bayern die klar bessere Mannschaft gegen das Team von David Wagner, der angesichts einer biblischen Verletztenliste (es fehlten die Stammspieler Stambouli, Kabak, Serdar, Mascarell, Caligiuri und Sané) die Schildkröten-Taktik wählten und damit auch recht weit kam.

Joshua Kimmich war schließlich der Mann des Tages, der nicht nur das Tor schoss (ein gut platzierter Schuss nach einem rausgeköpften Coutinho-Eckball in der 40. Minute), sondern auch als Innenverteidiger überzeugte und dabei 180 Ballkontakte sammelte - ein eher ungewöhnlicher Wert. Das brachte ihm von Sportdirektor Hasan Salihamidzic noch das Sonderlob ein, er "könne alles auf jeder Position" und sei aktuell einer der besten Spieler Europas. Kimmich beschwerte sich zwar kurz über den trockenen Rasen und spekulierte vor dem Sky-Mikro darüber, dass Schalke "nochmal mit dem Fön" drüber gegangen sei. Vor allem freute er sich aber über sein zweites Tor im zweiten Spiel, nachdem sein Treffer in Hoffenheim wegen der Vorkommnisse nicht mehr jedem präsent war.

Dazu hatte Kimmich dann auch noch was zu sagen. "Man hat schon das Gefühl, dass im Fußball Respektlosigkeiten normal sind, es ist klar, dass man nicht immer dagegen vorgehen kann, aber es war mal wichtig ein Zeichen zu setzen. Vielleicht kam das zu spät, es gab davor auch rassistische Vorfälle, da hätte man auch ein Zeichen setzen müssen. Ich hoffe jedenfalls, dass sich jetzt alle, Spieler, Verantwortliche und Fans in die Pflicht genommen fühlen." Sprachs und verschwand wieder in den Schalker Katakomben. Am kommenden Wochenende kommt übrigens Hoffenheim in die Arena nach Gelsenkirchen.

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