DFB-Pokal: Bayern - Bremen:Abhängig von Schweinsteiger

Die Bayern scheinen ihre Post-WM-Krise glimpflich zu überstehen und bejubeln den glücklichen Pokal-Sieg gegen Werder Bremen. Doch der Held des Abends übt Kritik.

Carsten Eberts, Fröttmaning

Die Sorge um die Gesundheit von Louis van Gaal erwies sich als unbegründet. Nun gut, der Mittelfeldkämpfer Bastian Schweinsteiger wiegt ein paar Kilo mehr als der kleine Wusler Franck Ribéry, der dem Trainer im vergangenen Frühjahr nach Toren an den Hals gesprungen war. Am Dienstagabend hatte Schweinsteiger mit einem Schuss aus 30 Metern die neueste Auflage des ewigen Pokalklassikers FC Bayern gegen Werder Bremen entschieden - und er machte sich ebenfalls auf den Weg: zu seinem Trainer, in dessen Arme, mit einem Sprung, wie Ribéry. Van Gaal blieb standhaft.

Bayern Munich's Schweinsteiger celebrates with coach van Gaal after scoring against Werder Bremen during German Soccer Cup (DFB-Pokal) match in Munich

Komm her, mein Retter: Louis van Gaal fängt den springenden Bastian Schweinsteiger auf.

(Foto: REUTERS)

Der Jubel hatte etwas Erleichtertes - denn das Spiel der Bayern war an diesem Abend keineswegs herausragend. Sie hatten zweitweise großes Glück, profitierten von abschlussschwachen Bremern und der individuellen Klasse Schweinsteigers, der mit seinem Abstauber-Tor (27.) und dem 30-Meter-Knaller (75.) das Pokal-Aus des Titelverteidigers im Alleingang abwendete.

Doch das Resultat stimmte. Es genügt, um zu sagen: Weiter so! "Ich finde das phantastisch, dass wir mit so vielen Verletzten auch dieses Spiel gewonnen haben", sagte Trainer van Gaal gelöst. Thomas Müller frohlockte: "Vielleicht kommt die Angst der Konkurrenten vor dem FC Bayern bald zurück."

So gesehen scheint der FC Bayern tatsächlich einigermaßen glimpflich aus der Post-WM-Leidenszeit hervorzugehen. Die Münchner kompensieren mit Ach und Krach ihre zahlreichen Ausfälle, schleppen Spieler mit durch, denen ein WM-Trauma nicht abzusprechen ist. Ohne wirklich gut zu spielen, steht der FC Bayern im Pokal im Achtelfinale, in der Champions League sind die Vorgaben mit drei Siegen aus drei Spielen übererfüllt - einzig die Bundesliga gestaltet sich derzeit als Problemwettbewerb. Aus Müllers Worten ist zu lesen: noch.

Andere - und das ist gewissermaßen ihre Aufgabe - artikulierten sich kritischer. "Ich bin der Meinung, dass wir nicht genug Chancen herausspielen", sagte Schweinsteiger, der vor dem 2:1 wild gestikulierte, unmissverständlich den Ball forderte, als befürchtete er, Ottl könnte sich abermals festrennen oder Kroos die Spielsituation verkomplizieren: "Das ist die ganze Saison über unser Problem." Philipp Lahm ergänzte: "Wir machen einfach zu viele Fehler im Spielaufbau." Wer das Spiel gesehen hatte, der wusste: Das waren realistische Worte.

Armer Arnautovic

Tatsächlich hatte Werder Bremen das Spiel großteils bestimmt. Schon nach 91 Sekunden traf Claudio Pizarro nach Schlafmützigkeiten von Lahm und Aushilfs-Innenverteidiger Anatolij Timoschtschuk aus kurzer Distanz zum 1:0; Prödl hätte kurz darauf per Kopf erhöhen können. In der zweiten Halbzeit wurde Marko Arnautovic zur tragischen Figur: Erst scheiterte er frei vor Butt (64.), setzte dann einen Freistoß aus 24 Metern an die Latte (65.), schoss schließlich nach Fehler von Timoschtschuk knapp am rechten Pfosten vorbei (68.).

"Was willst du anderes machen, als fünf oder sechs hundertprozentige Torchancen rauszuspielen?", fragte ein resignierter Kapitän Torsten Frings. Der arg geknickte Arnautovic verließ indes mit Kopfhörern auf den Ohren, jedoch wortlos die Arena. Seine Mannschaft hätte den Bayern an diesem Abend sehr weh tun können - sogar müssen.

Dies gelang auch aus anderem Grund nicht. Die Bremer ärgerten sich maßlos über Schiedsrichter Weiner, der Prödl beim Stand von 1:1 ein augenscheinlich reguläres Tor aberkannt hatte. Prödls Rempler gegen Badstuber war eher eine Körperberührung jener Sorte, die gestandene Profis aushalten sollten. Weiner sah das anders und verweigerte den Bremern den Führungstreffer. "Das war nie im Leben ein Foul", klagte Prödl. "Was der Schiedsrichter da gesehen hat, weiß er nur alleine", sagte auch Frings: "Mit dieser Entscheidung hat er das Spiel entschieden."

Die Partie entschied stattdessen Schweinsteiger. Es ist offensichtlich, dass sein persönliches WM-Loch kleiner ausfällt als das der Kollegen Lahm (schlimmer Fehler vor dem 0:1), Müller (in der zweiten Halbzeit fast unsichtbar) und Kroos (schießt nicht mehr). Die Bayern sind derzeit zu großen Stücken von ihm abhängig - wie schon beim Bundesliga-Auftakt gegen den VfL Wolfsburg und in der Champions League beim FC Basel (beide 2:1), als er jeweils in der Nachspielzeit zum Sieg traf.

Bis andere Protagonisten wie Ribéry, Robben oder Klose zurück sind, wird sich an dieser Abhängigkeit wenig ändern. Und Schweinsteiger darf jubeln, wie es nur spielentscheidende Männer tun. Mit einem Sprung in die Arme des Trainers.

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