DFB-Pokal:Ancelotti weckt Bayern aus dem Winterschlaf

DFB-Pokal: Halbfinale erreicht: Bayerns Torwart Manuel Neuer feiert mit Linksverteidiger David Alaba (r.).

Halbfinale erreicht: Bayerns Torwart Manuel Neuer feiert mit Linksverteidiger David Alaba (r.).

(Foto: Günter Schiffmann/AFP)
  • Der FC Bayern gewinnt im DFB-Pokal 3:0 gegen Schalke 04 - Robert Lewandowski trifft doppelt, das andere Tor erzielt Thiago.
  • Der souveräne Sieg zeigt: Der Rekordmeister kommt pünktlich zur entscheidenden Phase der Saison ins Rollen.
  • Im Halbfinale geht es für den FC Bayern entweder nach Lotte - oder der BVB reist nach München.

Aus dem Stadion von Martin Schneider

Uli Hoeneß näherte sich von hinten. "Dass du so viel Foul spielst, du", sagte er und gab Holger Badstuber einen Klaps auf die Schulter. Hoeneß - mit Bayern-Schal um den Hals - lächelte, Badstuber - im Schalke-Trainingsanzug - auch, aber Hoeneß' Lächeln sah freundlich-väterlich aus, das von Badstuber schuldig-ertappt. Die ganze Nummer war ihm dann doch peinlich.

0:3 verloren, Gelb-Rot vom Platz geflogen, das war ein bisschen viel auf einmal, und so stand er traurig da und versuchte, das Aus des FC Schalke im DFB-Pokal zu analysieren und die drängendste Frage zu beantworten: Waren die Gelsenkirchener vor vier Wochen in der Bundesliga beim 1:1 dem FC Bayern nicht noch ebenbürtig? Wie konnte das heute so schiefgehen?

Holger Badstuber ist qua Biografie natürlich ein guter Ansprechpartner, wenn es um Belange des FC Bayern geht. 25 Jahre spielte er im Verein, ehe er diesen Winter an Schalke ausgeliehen wurde. Aber so langsam muss man wohl zu der Erkenntnis kommen, dass die jüngsten Ergebnisse des FC Bayern - ein 5:1 gegen Arsenal in der Champions League, ein 8:0 gegen den Hamburger SV in der Liga und ein 3:0 nach 29 Minuten gegen Schalke im DFB-Pokal-Achtelfinale - nur zum Teil etwas mit dem Gegner zu tun haben. Der FC Bayern, so wirkt es, kommt tatsächlich rechtzeitig zur entscheidenden Phase der Saison ins Rollen. Die immer wieder beschworene Ancelotti-Dynamik scheint doch kein Mythos aus alten Mailänder Zeiten zu sein.

"Schalke konnte gar nichts machen"

Ancelotti-Dynamik, um das nochmal zu erklären, bedeutet: Steigerung hin zum Saisonhöhepunkt. In der grauen Jahreszeit darf man auch mal graue Spiele abliefern wie ein 1:1 in Berlin, ein 1:1 in der Liga gegen Schalke oder ein, zwei rumpelige Dusel-Siege. Wenn es dann aber Richtung Frühling geht, wenn die Silber- und Goldware verteilt wird, dann sollen die Herren Kicker doch bitte die Nachsichtigkeit des Trainers im Alltagsgeschäft mit Gala-Leistungen zurückzahlen.

Das Schwierige an dieser Strategie ist: Man kann erst nach einer ganzen Saison beurteilen, ob sie erfolgreich war. Und weil beim 8:0 vom Wochenende immer das Gegenargument "HSV" greift, ist dieses 3:0 gegen Schalke nun ein viel stärkeres Indiz dafür, dass Carlo Ancelotti die Bayern endgültig aus dem Winterschlaf aufgeweckt hat.

Allein schon die Dynamik, mit dem der FC Bayern in den ersten Minuten diese Pokalpartie anging. Nach dem Bundesligaspiel beklagte der Italiener noch eine fehlende "Opferbereitschaft". Diesmal warf sich seine Mannschaft von der ersten Sekunde an in das Duell. "Wir haben viel Druck nach vorne ausgeübt und mit hohem Druck verteidigt sowie vorne sehr gut attackiert, schon am Anfang", meinte Ancelotti später zufrieden. "Schalke konnte gar nichts machen", fasste Robert Lewandowski die erste halbe Stunde flapsiger, aber ebenso präzise zusammen.

"Im Moment läuft es bei vielen Spielern"

Mit einem Pressing wie zu besten Pep-Guardiola-Zeiten zwangen die Münchner Schalke zu Fehlern. Benedikt Höwedes lief vor dem 1:0 durch Lewandowski (3.) am Ball vorbei, beim 2:0 durch Thiago (16.) stimmte die Zuordnung nicht, und vor dem 3:0 - wieder durch Lewandowski (29.) - spielte Max Meyer einen katastrophalen Fehlpass. In der Bundesliga versuchten es die Münchner noch mit einer normalen Ketten-Verteidigung, diesmal liefen sie Schalkes Torwart Ralf Fährmann schon im Vollsprint an. "Bayern war viel stärker als vor drei Wochen", sagte Schalkes Trainer Markus Weinzierl später. "Wir merken gerade, dass es funktioniert. Im Moment läuft es bei vielen Spielern", sagte Manuel Neuer.

Dem konnte man schlecht widersprechen: Franck Ribéry kehrte nach seiner Muskelverletzung furios zurück und bereitete zwei Tore vor, Robert Lewandowski besitzt aktuell ein Selbstvertrauen so groß wie die Zugspitze, Thiago spielt wohl die Saison seines Lebens, und Arjen Robben zeigt, auf welche Geschwindigkeit er seinen Körper immer noch pushen kann, wenn er mal ein paar Wochen unverletzt ist.

Zur Ancelotti-Dynamik kommt das Ancelotti-Glück

Überhaupt: Sollte Jérôme Boateng demnächst zurückkehren und sollte die Gesäßverletzung von Mats Hummels halb so wild sein (wonach es aussieht), hätten die Münchner seit Ur-Zeiten mal wieder keinen einzigen krankgeschriebenen Spieler. Zur Erinnerung: Pep Guardiola hatte vor zwei Jahren im Champions-League-Halbfinale gegen Barcelona kaum elf gesunde Spieler zur Verfügung und musste in der vergangenen Saison über weite Strecken mit der Innenverteidigung Joshua Kimmich/David Alaba spielen.

Selbst bei der Pokal-Auslosung erwischte der FC Bayern die vielleicht bestmögliche Partie fürs Halbfinale. Weil das Spiel Lotte gegen Dortmund abgesagt wurde, steht der Gegner noch nicht fest, aber beide Optionen sind für die Münchner nahezu optimale. Entweder spielen sie gegen einen Drittligisten. Oder sie können den größten Titel-Konkurrenten Borussia Dortmund in einem Heimspiel herausfordern. Zur Ancelotti-Dynamik scheint im Moment auch noch das Ancelotti-Glück zu kommen.

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