DFB-Nominierung für Confed Cup:Löws wahre Elf besteht aus sieben Mann

Das interessanteste am Kader für den Confed Cup ist, wen der Bundestrainer schonungshalber nicht nominiert hat.

Kommentar von Christof Kneer

Irgendwann im Laufe seines Referats kam der Bundestrainer auch auf "den Kerem" zu sprechen. "Der Kerem" habe viele Qualitäten, meinte Joachim Löw also und legte eine kurze Pause ein. Man tritt dem Bundestrainer vermutlich nicht mal zu nahe, wenn man diese kurze Pause eher nicht als dramaturgischen Kunstgriff zur Steigerung der ohnehin unermesslichen Spannung wertet. Es war, um es offen zu sagen, mit an Sicherheit grenzender Sicherheit so, dass Löw für einige Zehntelsekunden der Nachname "Demirbay" entfallen war - was schon mal vorkommen kann, wenn man sonst immer nur über Toni Kroos oder Sami Khedira spricht.

Es ist ein, nun ja, interessanter Kader geworden, den Löw da für den Confed Cup angemischt hat, und man würde ihm tatsächlich zu nahe treten, wenn man behaupten würde, dass ihm der Herthaner Plattenhardt nur aufgefallen sei, weil er - Löw - inzwischen viel Zeit in Berlin verbringt. Oder dass RB-Profi Diego Demme seinen Kaderplatz nur dem Umstand verdankt, dass man auf dem Weg nach Berlin an Leipzig vorbei muss.

Nein, Löw findet diese Spieler scho' au gut, wie er vermutlich sagen würde, aber man wird die drei Genannten bei der echten WM in einem Jahr wohl ebenso wenig wiedersehen wie Sandro Wagner. Von Serge Gnabry möchte man das dagegen nicht behaupten, auch nicht von Jonathan Tah, Mo Dahoud oder Nadiem Amiri, denen Löw später auch mal die ganz große Bühne zutraut. Dass er diese Spieler nun dem Trainerkollegen von der U 21 überlassen hat, sollte man nicht als altruistischen Akt missverstehen.

Löws Plan ist es, im Sommer 2017 den Sommer von 2009 nachzustellen: Jene DFB-Buben, die damals den Titel bei der U 21-EM holten, tauchten ein Jahr später schon im halben Dutzend in Löws WM-Kader in Südafrika auf. Noch heute erzählen Khedira, Boateng, Hummels, Özil, Neuer und die anderen, wie sie bei diesem Juniorenturnier von Talenten zu Männern wuchsen. Später wurden die Männer dann gemeinsam Weltmeister.

Wohl noch nie in seiner Geschichte hat der DFB so radikal die offiziell kleinere Mannschaft auf Kosten der größeren verstärkt, aber diese Akzentuierung ist noch nicht die erstaunlichste Erkenntnis der beiden Kadernominierungen. Man lernt am meisten über Löws Kader, wenn man sieht, wen er schonungshalber nicht nominiert hat: Neuer, Hummels, Boateng, Kroos, Khedira, Özil, Müller - diese magischen Sieben sind seine wahre Nationalelf, im Idealfall ergänzt durch Teilzeit-Genies und Gelegenheits-Gesunde wie Draxler, Götze, Gündogan, Reus oder Gomez.

So eine kuriose Struktur hatte der DFB-Auswahlfußball noch nie: Noch nie gab es einen so markanten Leistungs- und Autoritäts-Unterschied zwischen ein paar Unersetzlichen und einem spektakulär großen Verfolgerfeld an Talenten, in dem sekündlich neue Verschiebungen zu registrieren sind.

2018 wird Löw seinen Sieben noch vertrauen können, aber er weiß: Schon 2020 wird er dringend die Besten aus jener Generation brauchen, die im Moment noch ungewohnte Nachnamen hat.

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