Süddeutsche Zeitung

DFB-Elf:Name gesucht, der es allen recht macht

Irgendwas mit Löwen? 31 von 32 WM-Teilnehmern haben liebgewonnene Labels - nur die ehemalige "Mannschaft" ist zweitnamenlos. Da muss etwas geschehen.

Glosse von Christof Kneer und Philipp Selldorf

Wenn Rigobert Song ans Telefon geht, sagt er nicht: "Hier ist Rigobert Song, der Trainer der kamerunischen Nationalmannschaft." Stattdessen sagt er: "Hier ist Rigobert Song, der Trainer der unbezähmbaren Löwen". Kein bisschen geringer lautet sein Amts- respektive Adelstitel in den offiziellen Mitteilungen der Fédération Camerounaise de Football.

Von den 32 an der WM teilnehmenden Teams tragen 31 einen mehr oder weniger wunderbaren Zweitnamen. Die Tunesier heißen "Die Adler von Karthago". Die Spanier nennen sich La Furia Roja, die Rote Furie. Costa Ricas Spieler sind die Ticos. Mexico firmiert als El Tri, Ecuador als La Tri, jeweils angelehnt an die drei nationalen Farben. Die Waliser gehen als Y Draigiau - Walisisch für die Drachen - aufs Feld.

Auch der WM-Teilnehmer Nummer 32 hatte mal einen Spitznamen, der im Ausland Respekt weckte: La Mannschaft sagten die Franzosen, The Mannschaft sagte der Rest der Welt. Damit hätten die Deutschen unbeschwert glücklich werden können, aber was taten die Deutschen? Sie haben sich ihren eigenen Namen verboten. Die Mannschaft darf zwar "Die Mannschaft" sein, aber nicht mehr so heißen.

Inzwischen findet im DFB jedoch ein Umdenken statt. Nach der Gründung einer externen und einer internen Expertenkommission zur Reform des Sports hat der Verband ein weiteres Gremium eingerichtet - um für die Nationalelf einen zeitgemäßen und sympathischen Aliasnamen zu entwerfen, der es allen recht macht.

Den Bezug zum Löwen Goleo, dem etwas peinlichen Maskottchen der WM 2006, will man unbedingt vermeiden

Die sogenannte Dritte Kommission ging sofort an die Arbeit. Ihr fiel zunächst auf, dass andere Nationen häufig den König der Tiere als Namenspaten gewählt haben. Außer den unbezähmbaren Löwen aus Kamerun gibt es die "Löwen der Gastfreundschaft" aus Senegal, die "Löwen vom Atlas" aus Marokko sowie "die drei Löwen" aus England. Eine Adaption des Motivs wurde jedoch verworfen: Den Bezug zum Löwen Goleo, dem etwas peinlichen Maskottchen der WM 2006, will man unbedingt vermeiden. Zudem besteht ein schlechtes Gewissen wegen des altgedienten Löwen Jogi, den man im Vorjahr lediglich mit einem schnöden Blumenstrauß verabschiedet hatte.

Ebenso abgelehnt wurde die Beschlagnahmung des prominenten, neuerdings bei Weltmeisterschaften unbenutzten Synonyms Gli Azzurri. Die Experten fürchten Kritik wegen "kultureller Aneignung". Die Alternative einer traditionell preußischen Variante ("Die Schwarz-Weißen") wurde wegen Mangels an Diversität und Buntheit von der Liste gestrichen. Keine Chance hatte auch die deutsche Version des belgischen Spitznamens Rode Duivels/Diables Rouges ("Die schwarz-rot-goldenen Teufel"): Man müsse die Gefühle der pfälzischen Mitbürger achten, hieß es.

Eine Anlehnung an die asiatischen Blue Samurai (Japan) und Taegeuk Warriors (Südkorea) wies die Runde wegen des gewaltsamen, kriegerischen Charakters zurück. Zugleich entwickelte sie den kindgerechten Vorschlag "Die schwarz-rot-goldenen Friedenstauben". Der Titel illustriere die Zweikampftechnik von Niklas Süle und der Vertreter des defensiven deutschen Mittelfeldes, hieß es. Mit Rücksicht auf Süles Gefühle nahm man jedoch Abstand. Der Kandidat "Peaceful Rainbow Warriors" fand Anklang, aber auch keine Mehrheit. Verabschiedet wurde immerhin ein Auftrag an die Band Rainbow, eine neue DFB-Hymne zu komponieren.

Die weitere Suche führte die Kommission zu den Zweitnamen Hollands, Portugals und Brasiliens. Mittels Google-Übersetzer fand man aber heraus, dass Elftal und Seleção letztlich auch nichts anderes bedeuten als Die Mannschaft. Umgehend leiteten die Experten einen einstimmigen Lösungsantrag den DFB-Gremien zu.

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