DFB:Ein neuer Tiefpunkt

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Rainer Koch (links) und Peter Peters führen gerade als Interimschefs den DFB. Nun will Peters regulärer Präsident werden und fordert den vom Amateurlager um Koch unterstützten Favoriten Bernd Neuendorf heraus. (Foto: Jan Huebner/Ulrich/Imago)

Die offene Drohung gegen zwei Unterstützer des Kandidaten Peter Peters im Machtkampf um das DFB-Präsidentenamt offenbart ein seltsames Demokratieverständnis mehrerer Politiker.

Kommentar von Thomas Kistner

Nächste Folge in der Daueraffäre um den DFB, der mehr als sieben Millionen Mitglieder vertritt. Der Titel heute: "Demokratieverständnis im deutschen Fußball - was hat die SPD damit zu tun?" Spätestens das Bubenstück, das nun der hessische Landesverband HFV aufführt, lenkt ja den Blick auf die auch im Sport rasant erstarkte Regierungspartei. Nur sind es leider die Intrigen in der Wahlschlacht um den DFB-Präsidententhron, die zunehmend parteipolitisch eingefärbt wirken. Rot ist die Farbe der Saison.

Favorit im DFB-Wahlkampf ist Bernd Neuendorf, vormals SPD-Berufspolitiker und Kandidat des Amateurlagers. Dieses wird beherrscht von einem Parteigenossen Neuendorfs: Rainer Koch (wiewohl der Strippenzieher, der den Abgang von vier Präsidenten aus nächster Nähe miterleben durfte und derzeit das dritte Mal DFB-Interimsboss ist, seine Rolle da gern klein redet). Auch deshalb darf nichts schiefgehen in dieser Thronschlacht, denn der Weg zum DFB-Bundestag am 11. März ist mit zahlreichen Tretminen gepflastert.

DFB
:Ultimatum im Machtkampf

Die Methoden im Kampf um die DFB-Spitze werden immer schmutziger. Nun werden Amateur-Funktionäre, die sich dem Team von Profivertreter Peter Peters anschließen, unter Druck gesetzt.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Und Neuendorf ist mit der Reizfigur Koch bereits so eng verbandelt , dass ihn nicht mal die eigenen Widersprüche stoppen: Koch, erzählt er, werde seinem künftigen Führungskreis nicht angehören. Aber gern gesteht er zu, dass der umstrittene DFB-Geheimrat auch unter ihm weiter wirken dürfte, als Vize für Internationales. Damit verbliebe Koch am fürstlich dotierten Futtertrog der Europa-Union Uefa - und im mächtigsten DFB-Gremium, dem Präsidium.

Ein Eigentor wie das von Hessens Präsident Reuß erlebt man selbst in der Kreisliga selten

Das zeigt zugleich, wie wichtig Neuendorfs Kür für Koch ist. Denn dessen Gegenkandidat Peter Peters aus dem Profilager hat sein Wahlprogramm martialisch offen mit der Forderung verbunden: kein Spitzenamt mehr für Koch, schon gar nicht im Präsidium!

Peters fand im Vorstand des Hessischen Fußball-Verbands (HFV) Unterstützer. Wie das so ist, in demokratischen Verbandwesen: Die Sportprofessorin Silke Sinning und der Schatzmeister Ralf Viktora stehen hinter ihm, Koch sehen sie als Problemfall. Dass das der Kreis um den nervösen Strippenzieher nicht lustig findet, liegt auf der Hand. Aber tja: was tun?

Den HFV führt Stefan Reuß. Soeben rückte der Ex-Politiker, der erst vor Jahresfrist im Fokus einer Impfdrängler-Affäre stand, an die Spitze des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen. Dafür hat er das Amt als Landrat der, hoppla, SPD aufgegeben. Den Chefstuhl im HFV soll er offenbar behalten. Und nun hat Reuß' Präsidium Sinning und Viktora ein Rücktritts-Ultimatum gestellt und das Ganze ungeniert per Mail dokumentiert und rundgeschickt. Solche Eigentore erlebt man selbst in der Kreisliga selten.

Was trieb den Landesfürsten dazu, so viel aufs Spiel zu setzen?

Denn der Druck, den der SPD-Mann und Finanzmanager auf anders denkende Funktionäre aufgebaut hat, geht jetzt nach hinten los. Das Ultimatum verstreicht ohne Rücktritte, also müsste die Konsequenz ein HFV-Sonderparteitag sein: zwecks Rauswurf zweier Topfunktionäre, die ihre Mandate frei ausüben wollen. So einen Skandal, just während sich das Land den Mund über das Demokratieverständnis im Olympia-Land China fusselig redet, kann sich nicht mal die Skandal-Wanderbaustelle DFB leisten. Und der ehrenwerte HFV schon gar nicht.

Dem ist jetzt anzuraten, den Flurschaden aufzuarbeiten, den sein allzu linientreuer Vorsitzender angerichtet hat. Warum hat sich der Sparkassen-Boss überhaupt in diese Lage gebracht, welches Mysterium trieb ihn an, so viel aufs Spiel zu setzen? Steht jetzt nicht eher sein Amt zur Disposition? Das ist, eingedenk des Intrigantenstadls DFB, die Kernfrage.

Amateurkandidat Neuendorf dürfte sich in der Affäre so wenig klar positionieren wie Koch, der ja von alldem gewiss wieder nichts wusste. So zeigt jeder neue Eklat, wie der DFB immer tiefer zurückgetrieben wird in die trübe Vergangenheit.

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