DFB-Machtkampf:Verzögerung bei den Detektiven

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Tauschen längst keine Blumen mehr aus: DFB-Präsident Fritz Keller (links) und Generalsekretär Friedrich Curtius. (Foto: Bratic/Nordphoto/Imago)

Zwischen Präsident und Generalsekretär gibt es vor der Präsidiumssitzung neuen Zündstoff: Es geht weiter um ominöse Beraterverträge - die Ergebnisse einer Generalinventur lassen derweil auf sich warten.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner, Frankfurt

Der Fußball muss sich weiter gedulden. Seit Herbst 2019 arbeitet die Berliner Beratungsfirma Esecon an einer Generalinventur beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), Fragwürdigkeiten rund um den Zuschlag für die WM 2006 inklusive. Der Abschlusstermin bleibt ungewiss. Erst rechneten Verbandskreise mit dem finalen Bericht Ende 2020, dann wurde er auf Ende Januar verschoben. Nun verzögert sich die Vorlage des Reports weiter auf unbestimmte Zeit. Der DFB teilt mit: "Die abschließenden Untersuchungen und Befragungen sind derzeit noch im Gange." Ist das Werk vollendet, würden erst die Gremien und dann "zeitnah die Öffentlichkeit" informiert.

Offenbar läuft etwas nicht nach Plan beim DFB und seinen stillen Detektiven. Die Hängepartie passt in das Gesamtbild, das der Verband abgibt, seit Esecon das Haus durchleuchtet. Vielerlei Unruhe begleitete das Wirken der Forensiker, die in einen erbitterten Machtkampf zwischen Präsident Fritz Keller, 63, und Generalsekretär Friedrich Curtius, 44, mündete. Erst vor zwei Wochen vereinbarten die beiden den letzten Schlichtungsversuch. Aber die Lage ist zu fragil, das zeigt sich auch vor der Präsidiumssitzung an diesem Freitag: Viele heikle Fragen sind offen, aber bei manchem Mitglied könnte bald ein klareres Bild entstehen.

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Im DFB-internen Machtkampf kommt es zu einer neuen Zuspitzung: Der Verband lässt umstrittene Beraterverträge prüfen. Im Fokus stehen ein umtriebiger Medienberater und ein umgeschriebener Wikipedia-Artikel.

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Einen Austausch zwischen Keller und Curtius gab es bereits, wirklich ausgeräumt scheint nichts zu sein. Keller wünscht, dass Curtius klare Aufgaben übergeben werden; laut Bild soll er sogar dem Präsidenten und dessen Vizes Rainer Koch und Peter Peters allwöchentlich eine Art Arbeitsnachweis vorlegen. Das klingt mehr nach Disziplinierung eines Schulbuben als nach einem angemessenen Verhältnis unter den Topleuten des Verbandes.

Auch gibt es begründeten Widerstand dagegen, dass Curtius - wie von ihm und Mitstreitern geplant - Geschäftsführer der neuen DFB GmbH wird. Die Einrichtung dieser GmbH, welche die bedeutenden Wirtschaftsaktivitäten managen soll, wurde zwar Ende 2019 beschlossen, soll aus steuerlichen Gründen aber erst im Januar 2022 erfolgen. Aber die Konstruktion, den Generalsekretär des Muttervereins zum Chef der GmbH zu machen, erweckt Fragen zu Interessenskonflikten, auch bei Leuten im DFB-Präsidium.

Das größte Schlaglicht liegt auf umstrittenen Beraterverträgen im Kommunikationsbereich. Hier geht es um Aufträge über mehrere Hunderttausend Euro - und zentral um den Vorwurf, dass der am besten dotierte Vertragspartner mitverantwortlich für das desaströse Erscheinungsbild sei, weil er fleißig Interna an Medien durchgesteckt haben soll. Diese Kontrakte sollen nun intern und extern geprüft werden.

Wobei klar ist, dass nur die externe Begutachtung relevant sein kann: Wer könnte intern die erforderliche Objektivität aufbringen? In Verbandskreisen heißt es, zwei interne Prüfmodelle seien erwogen worden. Beide wären unglaubwürdig. Da ist zum einen die hauseigene Compliance, die aber frühzeitig selbst in die ganze Vertragsthematik involviert war und aus Befangenheitsgründen ausscheidet. Daneben böte sich die Firma Esecon an, der Tausendsassa in allen DFB-Interna. Das wäre noch delikater: Von den monierten Beraterverträgen führen diverse Bezüge in den Dunstkreis der Detektiv-Firma. Überdies ist die Verbesserung der Compliance im DFB explizit eine der Aufgaben, die Esecon übertragen wurde - und verkappte Selbstuntersuchungen zählen eher nicht zum Standard einer guten Geschäftsethik.

Überhaupt, Esecon: Mancher im DFB verfolgt verdutzt die seit Wochen eskalierenden Geschehnisse beim Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart, den Konflikt zwischen Präsident Claus Vogt und Vorstandschef Thomas Hitzlsperger. Ein verzehrender Machtkampf auf der Chefetage, vermeintliche oder tatsächliche Klärungsversuche, spannende Leaks - Zufall oder nicht, das Szenario erinnert an die Turbulenzen in der DFB-Zentrale. Dabei haben die Schwaben wie die Hessen noch etwas gemeinsam: dieselben Forensiker im Hause, nämlich Esecon.

In Stuttgart ist immerhin klar, wann und wofür Esecon beauftragt wurde. Zu klären ist eine Datenaffäre; der Kontakt soll kurioserweise per Empfehlung des DFB entstanden sein. Dort aber erscheinen die Umstände der ersten Esecon-Beauftragung weniger eindeutig. Die Firma wirkte zunächst im Stillen, ohne öffentliche Mitteilung. Dass sie schon länger im Hintergrund tätig war, kam erst durch SZ-Recherchen im Mai 2020 heraus. Doch schon ein Jahr zuvor war sie beauftragt worden, Unregelmäßigkeiten in der Beziehung mit dem Vermarkter Infront nachzuspüren, was schließlich zur Beendigung der Zusammenarbeit DFB/Infront führte. Auf Wunsch von DFB-General Curtius war dieser Auftrag an Esecon ohne Ausschreibung erfolgt. Ab Herbst 2019 schloss sich die Generalinventur an, damals hieß es, dass Esecon doch ohnehin schon im Haus sei und sich gut auskenne.

Frühere Anfragen zu Details dieser Beauftragung beantwortete der DFB nie, er verwies auf die laufende Untersuchung. So herrscht bis heute Unklarheit, wer wann warum die Forensiker erstmals ins Haus geholt hat. Das sind Fragen, die immer wichtiger für das Gesamtbild erscheinen. Sie dürften auch die Präsidialen an diesem Freitag interessieren.

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