DFB:Länderspiele fürs Geld, nicht für Löw

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Im Herbst könnte Bundestrainer Joachim Löw (r.) seine Spieler wieder zu Länderspielen begrüßen.

(Foto: REUTERS)

Die Einnahmen des DFB-Haushalts fußen zu einem immensen Anteil auf der Nationalelf, doch derzeit ist die Austragung der nächsten Partien unsicher. In dieser Situation wirken manche Ausgaben des Verbandes besonders schräg.

Kommentar von Johannes Aumüller

Der Bundestrainer war zwar weder zu sehen noch zu hören, aber Joachim Löw ist dennoch als Gast begrüßt worden in der digitalen Vollversammlung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Montag. Es ist zwar nicht überliefert, ob Löw im fernen Freiburg sämtliche Vorträge und Abstimmungen im Detail verfolgt hat. Aber sollte dies nicht der Fall gewesen sein, könnte es ihm niemand verdenken. Löw muss sich ja auch mal Gedanken machen, wie es in dieser Corona-Krise mit der von ihm verantworteten Nationalelf so weitergeht.

Noch kann niemand sagen, wie sich der globale Fußballkalender schütteln wird. Bisher sind für September und Oktober Spiele in der Nations League vorgesehen, und es wäre für den Bundestrainer bedeutsam, dass sein Team dann mal wieder spielen könnte. Im Herbst 2020 wird die letzte Zusammenkunft des DFB-Teams fast ein Jahr zurückliegen (ein 6:1 gegen Nordirland) - und es wird auch nur noch ein gutes halbes Jahr sein bis zum nächsten großen Turnier namens Europameisterschaft. Die Chance, Europameister werden zu können, ist ja etwas, das den Weltmeistertrainer Löw trotz Brasilien-Titel 2014 und Russland-Schmach 2018 zum Weitermachen animiert hat.

Die Einnahmen des DFB-Haushalts fußen zu einem immens großen Anteil auf der Nationalelf

Zugleich gibt es ein paar Verantwortliche des DFB, die sich mindestens so viele Gedanken über diese Herbst-Partien machen wie Löw. Denn dass überhaupt wieder Länderspiele stattfinden, ist für den Verband aus wirtschaftlicher Sicht noch bedeutsamer als aus sportlicher. Die Einnahmen des DFB-Haushalts kommen zu einem immens großen Anteil von der Nationalmannschaft - und wenn die Melkkuh nicht spielt, gibt es auch kein Geld. Die Länderspiel-Absagen, die bisher in der Corona-Krise erfolgten, waren zwar versichert. Aber nun kann der Verband die Versicherung nicht mehr in Anspruch nehmen, sagte Schatzmeister Stephan Osnabrügge auf dem Bundestag am Montag.

So droht im schlimmsten Fall ein Minus von 77 Millionen Euro - wenn bis Jahresende gar keine Länderspiele mehr stattfinden sollten. Auch wenn die etwas milderen Szenarien eintreten und zumindest Länderspiele im Geistermodus wieder möglich sind, kommen wirtschaftlich schwere Monate auf den DFB und die angeschlossenen Organisationen zu. In dieser Situation wirken manche Ausgaben des Verbandes besonders schräg. So lässt sich der DFB für stolze 150 Millionen Euro seine neue Verbandszentrale errichten, je zur Hälfte finanziert aus Rücklagen und Krediten. Ein Baustopp käme nicht infrage, weil die Kosten dafür noch höher werden würden, heißt es. Nun stellt sich nur erst recht die Frage, warum es ein so kostspieliger Bau sein musste.

Auch das ewige WM-2006-Thema spielt da hinein. Die Finanzbehörden haben dem DFB wegen der ungeklärten Millionen-Transaktionen rund ums "Sommermärchen" die Gemeinnützigkeit fürs Jahr 2006 aberkannt. Fast 20 Millionen Euro musste der DFB deswegen nachzahlen. Noch ist in diesem Kontext ein Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt anhängig. Im Zweifel könnte es darauf hinauslaufen, dass der DFB das Geld von den damals Verantwortlichen zurückfordern muss. Mancher im Verband würde das ungern tun - aber bei klammer Lage im eigenen Haus würde diese Haltung umso schwieriger.

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