Fritz Keller:Der DFB kürt den Bundesfußballpräsidenten

vor DFB-Bundestag - Fritz Keller

Wird am Freitag zum DFB-Präsidenten gewählt: Fritz Keller

(Foto: dpa)
  • Der Freiburger Fritz Keller wird an diesem Freitag zum 13. Präsidenten des DFB gewählt werden - so viel Macht wie seine Vorgänger hat er aber nicht mehr.
  • Das schlechte Verhältnis zwischen Profis und Amateuren zu überwinden, wird wohl seine Hauptaufgabe werden.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Sogar die Bundeskanzlerin war gekommen, und Angela Merkel sagte und machte, was Bundeskanzlerinnen halt so sagen und machen, wenn sie Ehrengast bei der Grundsteinlegung eines Bauprojektes sind. Also pries sie am Donnerstag die sogenannte Akademie des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) als eine "gute Idee", die dem Ganzen eine "Fußballseele" gebe. Sie witzelte, dass der Bau sicher besser vorangehe als der des Berliner Flughafens. Und als sich die Verbandsvertreter daran machten, Fußball-Insignien wie Nationaltrikots oder Wimpel im Grundstein zu deponieren, legte sie noch ein Grundgesetz dazu. Aber dann hinterließ Merkel mit Blick auf den am Freitag stattfindenden DFB-Bundestag noch das etwas unerwartete Zitat, da fände ja "eine kleine Revolution" statt.

Nun ist es auch in der Politik manchmal Ansichtssache, welcher Vorgang schon zu einer "kleinen Revolution" ausgerufen werden kann. Aber klar ist, dass sich der DFB nach all den Querelen und Aufgeregtheiten der jüngeren Vergangenheit in diesen Tagen neu aufstellen will. Ein neuer Präsident wird gekürt: Fritz Keller, 62 Jahre alt, seit 2010 Klubboss des SC Freiburg und im Hauptberuf Winzer sowie Gastronom. Und eine neue Struktur gibt der DFB sich auch. Doch ob das ausreicht, um den Verband wirklich in eine bessere Zukunft zu bugsieren, ist ungewiss.

Baustellen hat der DFB viele

Baustellen zur Genüge gibt es dort nämlich nicht nur wegen der Bagger- und Handwerkerarbeiten an der neuen Verbandszentrale, die bis zu ihrer avisierten Fertigstellung im Jahr 2021 stolze 150 Millionen Euro kosten wird. Das Verhältnis zwischen der Verbandsspitze und der Basis ist extrem schlecht geworden. Die Finanzbehörden verfolgen die Aktivitäten des DFB mit seinem circa 400 Millionen Euro großen Budget skeptischer als früher. Die Außendarstellung war in den vergangenen Jahren oft miserabel, und die sportliche Lage der Nationalmannschaft stellt die Verbandsoberen auch nicht zufrieden. Zudem wirkt die Sommermärchen-Affäre zu den mysteriösen Millionenzahlungen rund um die Fußball-WM 2006 noch in verschiedenen Facetten nach - zumal es in Frankfurt vor dem Oberlandesgericht bald zu einem Verfahren gegen die drei früheren DFB-Funktionäre Wolfgang Niersbach, Horst R. Schmidt und Theo Zwanziger kommen wird.

"Ich habe großen Respekt vor dem Amt, der Aufgabe und dem, was vor mir steht. Ich kann nicht mehr machen, als alles zu geben. Wenn so viele Leute meinen, dass ich da was bewegen kann, dann mache ich das gerne", sagt Fritz Keller. Die Frage ist allerdings: Wie viel wird er tatsächlich bewegen können?

Denn Fritz Keller wird zwar fortan der 13. Präsident in der Geschichte des Verbandes sein, aber das Präsidentenamt und damit auch die Macht in der nationalen Fußballspitze werden künftig deutlich anders gestaltet sein. An der Verbandsspitze verkaufen sie das als Lehre aus der Tatsache, dass die drei vergangenen Präsidenten - Zwanziger, Niersbach und Reinhard Grindel - alle vor dem Ende ihrer Legislaturperiode zurücktraten, wenngleich das aus sehr unterschiedlichen Gründen geschah. Eine neue Konstruktion sollte also her, die nicht zuletzt einigen einflussreichen Kräften zupasskommt: dem obersten Amateurvize Rainer Koch beispielsweise, oder Christian Seifert, dem Geschäftsführer und starken Mann der Deutschen Fußball-Liga (DFL), in der sich die 36 Profiklubs zusammengeschlossen haben.

Wie sich das DFB-Präsidentenamt verändert

Künftig jedenfalls soll der DFB-Präsident weniger Bundeskanzler, sondern mehr Bundespräsident sein, also weniger operativ eingreifen, sondern mehr moderieren. Die in der Satzung festgelegte Richtlinienkompetenz wird gestrichen. Zugleich wird es, auch auf Druck der Finanzbehörden, eine schärfere Trennung zwischen den wirtschaftlichen und den gemeinnützigen Tätigkeitsfeldern des Verbandes geben. All die Aktivitäten des DFB, bei denen es um das große Geld geht, also insbesondere die Nationalmannschaft und die Pokalwettbewerbe, aber auch die neue Akademie, wandern in eine Tochtergesellschaft namens DFB GmbH, die der jetzige Generalsekretär Friedrich Curtius in Personalunion führen soll.

In den internationalen Gremien wiederum wird Keller auch nicht sitzen, das soll Vize Koch übernehmen. Dabei zeichnet sich schon ab, dass der umstrittene Weltverbandschef Gianni Infantino von ihm keine öffentliche Kritik mehr zu erwarten hat - anders als in den vergangenen Jahren bei Grindel, der zwar DFB-intern viel Porzellan zerbrach, sich international gegenüber Infantino aber klar positionierte.

Im deutschen Fußball aber müssen sich Keller und der DFB wohl insbesondere einem Thema widmen: dem Verhältnis zwischen Profis und Amateuren. Das Murren an der Basis wächst beständig, an diversen Orten im Land gibt es Initiativen verärgerter Amateurklubs, und in Leipzig hat sich sogar schon ein Alternativ-Verband gegründet. Der Tenor ist überall gleich: Die Interessen der Kleinen würden nichts mehr gelten, nur noch die der Großen. Exemplarisch zeigt sich das am Grundlagenvertrag, der die Finanzströme zwischen der Liga und dem DFB regelt.

Darin ist festgehalten, dass die Liga dem DFB jährlich drei Prozent ihrer Ticket- und TV-Rechte-Einnahmen abtreten muss - als Pachtzins, um sich selbst vermarkten zu dürfen. Doch durch eine lange geheim gehaltene Zusatzvereinbarung war der Betrag auf 26 Millionen Euro pro Jahr gedeckelt worden. Alleine die TV-Einnahmen betragen inzwischen aber circa 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Dutzende Millionen Euro erhielt der DFB infolge dieser Deckelung weniger. Selbst die Staatsanwaltschaft Frankfurt hielt fest, dass dies "als Förderung des Profifußballs zu Lasten des Amateurfußballs eingeordnet werden" müsse. Die Verantwortlichen rechtfertigten die Konstruktion dennoch als angeblich sinnvoll für den DFB.

"Meine Hauptaufgabe wird sein, zum Dienstleister und Lobbyisten für jede Liga zu werden", sagte Fritz Keller. Das Thema Grundlagenvertrag wird zeigen, wie ernst dieser Satz zu nehmen ist.

Zur SZ-Startseite
Nordirland - Deutschland

MeinungDFB in der Nations League
:Deutscher Klassenerhalt am grünen Tisch

Das Exekutivkomitee der Uefa reformiert den Modus der Nations League. Damit bleibt Deutschland der Abstieg in Europas zweite Liga erspart - es ist ein willkürliches Rettungsmanöver.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: