DFB-Spitze:Ein Aufruf an die Strafbehörden

Sport Themen der Woche KW19 Sport Bilder des Tages DFB Praesident Fritz Keller (Deutschland), re., davor rechts unten Vi

Fritz Keller (Mitte) tritt von seinem DFB-Präsidentenamt ab, Rainer Koch (rechts) übernimmt interimistisch.

(Foto: Maik Hölter/Team2/Imago)

Vier Präsidenten in neun Jahren: Nirgendwo wird so rasant die eigene Spitze rasiert wie beim DFB. Was Fritz Keller zum Abschied beklagt, könnte auch für die staatlichen Fahnder interessant sein.

Kommentar von Thomas Kistner

Jetzt verschwindet der Nächste von der Bühne, nach festem Brauch mit Theaterdonner und Türenknallen, in einer Wolke aus toxischen Gerüchen: Fritz Keller hat als vierter Präsident des Deutschen Fußball-Bundes nacheinander hingeworfen. Vier Präsidenten in neun Jahren - das muss man erst mal hinkriegen. Es gibt Bundesliga-Teams, die eine geringere Fluktuation auf ihren Schlüsselpositionen verzeichnen. So bescheren dem DFB seine Funktionäre einen neuen Weltmeister-Titel: Nirgendwo wird so rasant die eigene Führung rasiert.

Wie knapp es diesmal war, wie groß die reale Schieflage für den DFB deshalb bleibt, zeigen Kellers Abschiedsworte ebenso deutlich wie die Umstände seiner Demission. Es war ja am Ende ein einziges, unsägliches Wort ("Freisler"), erzürnt vor sich hingemurmelt, das den Präsidenten just in der Phase aus dem Amt katapultiert hat, als er im Begriff war, das Trio seiner Widersacher hochzunehmen: Generalsekretär Curtius, der auch die Koffer packen muss, Schatzmeister Osnabrügge, der nicht mehr antritt, und Vizepräsident Rainer Koch. Der nun zum dritten Mal als Interimschef amtieren darf, was illustriert, dass sich der Problemkreisel beim DFB immer flotter dreht. Und dass diesen Verband die altvertraute Besetzung nur ins nächste Chaos führen kann - so, wie es Keller nun deutlich verbrieft hat.

Das, immerhin, ist ein Novum. Keller macht klar, dass es im Verband unmöglich so weitergehen könne - das richtet sich nicht an den Interims-Nachfolger, sondern an die Person, die es nun für dieses Amt auszulesen gilt, wenn der DFB Anfang 2022 einen neuen Präsidenten wählt. Keller hält fest, dass die dringend notwendigen Aufräumarbeiten nur mit externen Fachleuten geleistet werden könne.

Dass aber nicht einmal das Aussicht auf Erfolg bieten könnte im verwinkelten Kameradschaftsverbund DFB, lässt er ebenfalls anklingen: Zuletzt seien sogar die Kontrollinstanzen selbst "unter Druck" gesetzt und mit Attacken bis hin zu Schadensersatzansprüchen bedroht worden.

Neu ist auch, dass nun die Justiz die Vorgänge beobachtet

All das ist wahr - und wurde nicht von Keller verursacht. Der badische Winzer hat nur zu spät erkannt, dass er sich mit dem Akt der Amtsübernahme auf völlig vermintes Gelände begeben hat. 13 Tage später war er ja tatsächlich - physisch, aber völlig ahnungslos - zugegen, als jener mysteriöse, längst vorgefertigte Vertrag mit einem Medienberater unterschrieben wurde, der heute im Zentrum der Zerwürfnisse steht. Ein Vertrag, der da schon ein halbes Jahr gelebt und einfach nachträglich parafiert worden war. Und über den jetzt interne wie externe Prüfer sagen: Es ist überhaupt nicht ersichtlich, wofür hier eine sechsstellige Summe floss.

Mauern, Widerstände, Schmutzeleien und vor allem Strafverfahren: Kellers Nachlass ist nicht nur ein Warnruf an potentielle Nachfolger, sondern auch als Aufruf an die Strafbehörden zu verstehen. Denn ein Novum ist nicht nur dieses Abschiedsschreiben des vorläufig letzten von vier scheidenden Präsidenten. Neu ist auch, dass nun die Justiz die Vorgänge beobachtet. Denn seit der Sommermärchen-Affäre 2015 hat sich dort ja ein Berg an Ermittlungsakten aufgebaut. Es braucht wenig Phantasie für die Annahme, dass manches von dem, was Keller so offen beklagt, auch für staatliche Fahnder aufschlussreich sein könnte.

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