Süddeutsche Zeitung

Sportpolitik:Katar stellt den DFB bloß

Das Statement des Emirats, dass der Deutsche Fußball einseitig um eine Partnerschaft mit Qatar Airways gebeten habe, führt den Verband vor. Nun hat der DFB eine Menge zu erklären.

Kommentar von Thomas Kistner

Eine Woche lang wurde hierzulande eine heikle Werbe-Liaison des Deutschen Fußball-Bundes diskutiert, bis in die Fraktionen des Bundestags hinein. Am Freitag beendete Qatar Airways diese Debatte, der katarische Staatskonzern bestritt alle Planspiele. Aber der DFB schweigt weiter zu seinen offenbar geplatzten Sponsoring-Traum mit dem superreichen Emirat. Obwohl dazu intern bereits sehr attraktive Zahlen kursierten.

Die Zurückhaltung spricht für sich. Andererseits: Was soll der DFB noch sagen, nachdem ihn Katar öffentlich an die Wand gepinnt hat? "Qatar Airways", verriet der Botschafter des Emirats, sei "von Seiten des DFB mit einem derartigen Begehren kontaktiert" worden. Autsch!

Wie immer die Gemengelage tatsächlich war: Jetzt kann es der DFB nur noch zugeben. Oder aber Ungeheuerliches zum Ausdruck bringen: dass Katar öffentlich die Unwahrheit verbreite.

Dabei ist Katars Dementi für alle entlarvend. Ersichtlich wird, dass der DFB großen Unmut im Veranstalterland der umstrittenen Fußball-WM 2022 ausgelöst hat - aber auch, dass die verunglückte Werbe-Ehe durchaus ein echtes Thema gewesen sein dürfte. Denn wäre die Sache substanzlos, gäbe es keinen Grund für Katar, den Sieben-Millionen-Mitglieder-Verband bloßzustellen. Kurzes Dementi genügt. Unter Freunden sollte man sich die für den DFB so heikle Aussage verkneifen, dass dieser einseitig um ein Sponsoring gebeten habe. Auch wäre es ja absurd anzunehmen, dass die Parteien während der hitzigen Debatte hierzulande nie Kontakt zum Thema hatten. Es scheint also wieder mal die Kommunikation nicht geklappt zu haben. Warum sonst zeigt Katar anklagend auf den Verband?

Brancheninsider rechneten mit einer Vorlage fürs DFB-Präsidium

Intern war gewiss mehr in Planung. Das zeigt der Umstand, dass das Thema schon vor Monaten bei der DFB-Spitze ankam, Brancheninsider hatten gar schon eine Vorlage für die nächste Präsidiumssitzung am Freitag erwartet. Und zwischen den Zeilen bestätigt ja nun auch Katar alles, in einem formalen Dementi: Stimmt, der DFB trug den Wunsch auf Verbindung an uns heran. Und ja, bisher war diese Causa offen. Denn man habe das DFB-Begehren ja "bis zum heutigen Tag unbeantwortet" gelassen. Das heißt, dass sich die Fluglinie erst am Freitag erklärt hat - in aller Öffentlichkeit.

Das ist wiederum kaum glaubwürdig. War der Staatskonzern so unhöflich, den Kooperationswunsch des weltgrößten Fußballverbandes erst zu ignorieren - um denselben dann öffentlich vorzuführen? Geht man so mit einem der drei erfolgreichsten Verbände der Fußballwelt um, just im Jahr eins vor einer höchst umstrittenen WM im eigenen Land, für die man jede moralische Unterstützung brauchen kann?

Warum sagt Katar nicht wenigstens nett ab?

Nirgendwo ist der Ton distinguierter, Höflichkeit mehr geboten als auf diplomatischem Parkett - und in internationalen Geschäftsanbahnungen. Dass Katars Botschafter und der Flugkonzern behaupten, man habe den Werbewunsch eines so bedeutenden Akteurs schlicht ignoriert, statt ihn wenigstens nett - "Danke für Ihr Interesse, wir wollen das leider nicht weiterverfolgen" - zurückzuweisen, klingt abstrus. Das ist allenfalls vorstellbar, wenn der DFB dieses Begehr erst in den vergangenen paar Wochen vortrug, Katar bis zuletzt an einer Antwort feilte - und der jäh anhebende Proteststurm im DFB-Land den Deal nun eben zerschlug.

Beide Szenarien ändern nichts an dem Bild, dass eine Kooperation heimlich betrieben wurde und die Parteien ertappt worden sind. Katar kann das egal sein. Aber der DFB hat nun viel zu erklären.

Klar, das wird er auch tun. Am Freitag, bei der Präsidiumssitzung mit seinen vielen Amateuren. Das sind die gut besoldeten Freizeit-Funktionäre, die der Interimsspitze um Amateurchef Rainer Koch und Peter Peters einfach jeden absurden Vorgang beglaubigen. Sie kaufen alles ab: Dass es im DFB keine Krise und schon gar keine dunklen Geheimnisse gibt, dafür aber einen blitzsauber installierten, unabhängigen Ethikrat. Dass mit Katar nie geflirtet wurde und dass die Erde eine Scheibe ist. Wer all das bezweifelt, soll halt in die DFB-Statuten schauen!

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5355783
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/schm
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.