DFB-Gegner Australien:Sie nennen ihn "Monument"

Brasil Global Tour: Australia v Brazil

Der "Herzschlag" von Australiens Fußball: Tim Cahill, 37.

(Foto: Michael Dodge/Getty)
  • Beim ersten deutschen Gegner des Confed Cups, Australien, steht noch immer Tim Cahill im Kader.
  • Er denkt nicht ans aufhören - und träumt von seiner vierten WM.

Von Sebastian Fischer

Es gibt Fußballer, die scheinbar ewig spielen können, weil ihre Fähigkeiten Generationen überdauern. Am Innenrist des Andrea Pirlo, 38, könnten für immer wunderschöne Pässe entstehen, gleiches gilt für den Außenrist des zu oft verletzten Tomas Rosicky, 36. Sein römisches Herz machte Francesco Totti auch mit 40 noch wertvoll, den Spanier David Villa, 35, führt seine Nase noch immer vors Tor.

Und dann gibt es Fußballer wie Tim Cahill, 37, aus Sydney. Sie kämpfen.

Wenn die deutsche Nationalmannschaft am Montag in Sotschi auf Australien trifft, dann ist sie hoher Favorit gegen die Nummer 48 der Fifa-Weltrangliste. "Australischer Fußball kommt ein bisschen aus dem Rugby. Sie sind physisch sehr stark", hat Bundestrainer Joachim Löw gesagt und höflich gelobt, dass Australien Fortschritte gemacht habe, nicht mehr exklusiv lange Bälle spiele.

Cahill, der "Herzschlag", das "Monument"

Ausländische Einflüsse prägen die Taktik, Spieler wie Mathew Leckie haben in der Bundesliga Karriere gemacht; der Flügelstürmer wechselte soeben für drei Millionen Euro aus Ingolstadt nach Berlin. Doch die australische Mentalität verkörpert niemand wie Cahill, der in den Nullerjahren beim FC Everton berühmt wurde, 56 Tore in 226 Spielen.

Die australischen Zeitungen überbieten sich gerade in Elogen über den "Evergreen" der Socceroos, ihren "Herzschlag", ihr "Monument". Cahill ist zwar nur noch Ersatzspieler. Doch er hat erklärt, dass er im nächsten Sommer in Russland, dann 38 Jahre alt, seine vierte Weltmeisterschaft spielen will. Und er hat den Fortbestand seiner mehrmals am Ende gewähnten Karriere so erklärt, wie sie es lieben im Rugby-Land. "Ich setze Himmel und Erde in Bewegung, um meinen Körper in tipptopper Verfassung zu halten", sagte er der Zeitung Herald Sun. Dafür leistete er stets harte Arbeit. Sehr viel harte Arbeit.

Cahill spielte auch für Samoa

Wer Cahills Fußball verstehen will, muss bloß seinen Torjubel studieren. Nach wichtigen Treffern läuft er zur Eckfahne und boxt sich mit ihr. Cahill hat sich immer durchgekämpft, er ist bei einer Größe von 1,78 Metern Kopfballspezialist. "Tiny Tim", nach Dickens' Romanfigur, so nannten sie ihn in Everton. Er führte Australien 2006 mit zwei Toren gegen Japan ins WM-Achtelfinale. 2010 sah er nach einem Foul gegen Bastian Schweinsteiger die rote Karte. 2014 traf er mit dem wohl schönsten Tor des Turniers, ein Volleyschuss unter die Latte, zum zwischenzeitlichen 1:1 gegen die Niederlande. Cahill war 35, aber aufhören? Er habe seit 18 Jahren kein Gramm Fett zugenommen, erklärte er damals, "die Zukunft sieht rosig aus".

Cahill, der zu Beginn seiner Karriere für Samoa aufgelaufen war, das Land seiner Mutter, spielte nach seinem Abschied aus der Premier League 2012 in New York und in China, gewann mit Australien 2015 den Asien-Cup, war Rekordtorschütze seines Landes. 2016 wechselte er in die heimische Liga zu Melbourne City. Die A-League führte eine Regel ein, die Klubs die Verpflichtung eines dritten hochbezahlten Spielers erlaubte, ohne die Gehaltsobergrenze zu durchbrechen, sie wurde "Tim-Cahill-Regel" genannt. Cahill traf auch für Melbourne, einmal schoss er ein Tor von der Mittellinie und boxte die Eckfahne, klar. Doch im November nominierte ihn Trainer Angelos Posteceglu erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit nicht für ein WM-Qualifikationsspiel. Das Ende, jetzt aber wirklich?

Nein. Cahill hat hart trainiert, zwei Einheiten am Tag im Urlaub, Kraft und Ausdauer. Er sei der fitteste Spieler im Confed-Cup-Kader, heißt es. Er jagt nicht wie früher von einem zum anderen Strafraum, wird nur für die besonderen Momente für Stamm-Angreifer Tomi Juric eingewechselt. Die WM-Qualifikation ist Australien nicht sicher, gerade sind Japan und Saudi-Arabien besser. Doch sollten sie es zur WM schaffen, dann wäre Cahill wohl wieder dabei. Für ihn selbst ist das übrigens nichts Besonderes. "Ich glaube, wenn du ein Profi bist, dann hörst du nie auf", sagte Cahill der Herald Sun, "das ist der Grund, warum ich noch spiele."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: