DFB:Furchtlos ins Risikogebiet

Martina Voss-Tecklenburg

Bereit für den Re-Start: Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg musste lange auf ein Wiedersehen mit der Mannschaft warten.

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Spitzenspiel gegen Irland, Weiterreise nach Montenegro: Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft setzt die EM-Qualifikation fort

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Kürzlich auf der Dachterrasse im Teamhotel nahe der Messe Essen blühte der Flachs. Die Laune war ausgesprochen gut bei der Zusammenkunft der deutschen DFB-Fußballerinnen an einem herrlichen Spätsommerabend, erzählt Dzsenifer Marozsan, die mit Olympique Lyon gerade zum fünften Mal die Champions League gewonnen hat und von 2017 bis 2019 dreimal Deutschlands Fußballerin des Jahres war. Schließlich habe man sich lange nicht gesehen - und dann ist es auch nicht schlimm, mal unter sich zu sein.

Den DFB-Frauen ist es in der Vorbereitung auf das EM-Qualifikationsspiel gegen die Republik Irland (Samstag 14 Uhr/ ZDF) weiterhin untersagt, sich zum Beispiel auf eine Shoppingtour in die Innenstadt oder die Ausgehmeile "Rü" zu begeben. Zu groß wäre die Ansteckungsgefahr. Brav in der Blase bleiben, so die Vorgabe.

Vier Siege, 31:0 Tore: Die Bilanz der deutsche Elf ist vor dem Re-Start in Essen makellos

Anders geht es in Corona-Zeiten nicht, das hat die Frauen-Nationalmannschaft bereits Anfang März beim Algarve Cup erfahren, als das Endspiel schon nicht mehr stattfand, weil Gegner Italien in die damals bereits vom Virus schwer getroffene Heimat zurückwollte. Seitdem hat es bei den Frauen keine Länderspiele mehr gegeben. Der Re-Start ist nun die Fortsetzung der EM-Qualifikation, wo im Essener Stadion an der Hafenstraße für die deutsche Elf gleich die schwierigste Aufgabe ansteht. Denn die von der Niederländerin Vera Pauw trainierten Irinnen haben 13 Punkte aus fünf Spielen gesammelt und liegen damit sogar einen Zähler vor Deutschland, das allerdings aus vier Partien eine makellose Bilanz hat: zwölf Punkte, 31:0 Tore.

Marozsan, 28, kann sich noch gut an das Gewürge gegen Irland in der WM-Qualifikation vor sechs Jahren erinnern: "Das ist eine sehr robuste Mannschaft, die einem das Leben schwer machen kann. Ich weiß noch, dass wir glücklich 3:2 in Irland gewannen, weil am Ende eine gedachte Flanke von Melanie Leupolz ins Tor segelte." Bei erneut erwarteten Abnutzungskampf würde ein bisschen Unterstützung von den Rängen gut tun, aber das kleine Essener Schmuckkästchen bleibt gemäß den Vorgaben der Uefa leer. Die deutsche Politik kann kurzfristig im nationalen Spielbetrieb die Zulassung von Zuschauern erlauben, bei internationalen Wettbewerbsspielen gelten vorerst strengere Regeln.

Als wäre ein Geisterspiel in Corona-Zeiten nicht genug, geht es gleich danach ins Risikogebiet nach Montenegro, wo am Dienstag (16 Uhr/ARD) noch eine Pflichtaufgabe ansteht. Was das Infektionsrisiko angeht, betont der DFB, sich ständig mit der Deutschen Botschaft in Podgorica, dem montenegrinischen Verband und der Uefa abzustimmen. Deswegen hat Marozsan auch keine Bedenken vor dem Trip in den kleinen Balkanstaat: "Ich vertraue voll und ganz dem DFB, sie wissen, wie sie uns bestmöglich schützen. Daher gehe ich davon aus, dass der Corona-Test auch nach der Abreise negativ ist." So wie die ersten nach der Ankunft am Montag im Teamhotel, als sich nur die Bekanntgabe der Ergebnisse ein wenig verzögerte.

Die Aufgabe von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ist, ein Gefühl von Lagerkoller gar nicht erst aufkommen zu lassen. Deshalb hat sie die "zehn intensiven Tage" unter "drei kleine Mottos" gestellt: Spielfreude, Spielfokus und Spielqualität. Ihr Team soll auf diesem spielerischen Weg schnell zu einer Einheit verschmelzen. Denn, sagt Voss-Tecklenburg: "Irland hat eine sehr starke Mannschaft. Aber wir müssen und wollen liefern." Ansonsten sei es auch für sie keine einfache Zeit gewesen, erzählt die tatendurstige Trainerin. Immer wenn die in Straelen am Niederrhein lebende 52-Jährige irgendwo an einem Fußballplatz vorbeifuhr, sei sie fast neidisch gewesen: "Weiß du noch wie Training geht?" fragte sie sich dann. DFB-Projekte, Analysen, Videokonferenzen, Konzeptentwicklungen und Gespräche - das war irgendwann kein echter Ersatz mehr.

Ansonsten habe sie mit denselben Herausforderungen zu tun, die auch JogiLöw bei den Männern erst kürzlich beschäftigt hatten, sagt Voss-Tecklenburg: "Einige Spielerinnen haben wenig bis gar nicht gespielt und hatten keine richtige Vorbereitung, Andererseits haben wir Spielerinnen, die jetzt schon sehr hohen Belastungen ausgesetzt waren." Die erste Entlastung sieht so aus: Das Trio des VfL Wolfsburg, das im Champions-League-Finale Lyon unterlag - Kapitänin Alexandra Popp, Svenja Huth und Kathrin Hendrich -, darf nach dem Irland-Spiel heimreisen. Dasselbe gilt für Sara Däbritz (Paris SG), die nach verheiltem Kreuzbandriss behutsam aufgebaut werden soll.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: