DFB-Führungskrise:Rainer Kochs Scheinfragen

DFB-Führungskrise: Rainer Koch (links) und Peter Peters führen gerade als Interimschefs den DFB. Nun will Peters regulärer Präsident werden und fordert den vom Amateurlager um Koch unterstützten Favoriten Bernd Neuendorf heraus.

Rainer Koch (links) und Peter Peters führen gerade als Interimschefs den DFB. Nun will Peters regulärer Präsident werden und fordert den vom Amateurlager um Koch unterstützten Favoriten Bernd Neuendorf heraus.

(Foto: Jan Huebner/Ulrich/Imago)

Der Verdacht, dass im DFB Gelder ohne Rechtsgrund an einen Berater flossen, verdichtet sich immer mehr. Aber was macht der Interimspräsident? Redet weiter empört um den Kern der Sache herum.

Kommentar von Thomas Kistner

Auch am Wochenende hat sich wieder das "System Rainer Koch" offenbart. Diesmal anhand einer Antwort, die der DFB-Interimspräsident der Bild am Sonntag zu den neuen Vorwürfen gab, in deren Zentrum er steht.

Es geht darum, dass sein langjähriger Bekannter, der Medienberater Kurt Diekmann, seit Mai 2019 insgesamt 372 000 Euro beim DFB abkassieren durfte, für Dienste, die bis heute nicht schlüssig erläutert sind. Und dass sich nun herausgestellt hat, dass dieser Agent den DFB bereits Monate vor Beginn des mysteriösen Vertrages auf der Forderungsliste seiner Agentur führte: mit 16 000 Euro. Für Arbeitsleistungen also zu einer Zeit, da beide Seiten gar keinen Vertrag hatten.

Was aber sagt Rainer Koch zum heiklen Thema? "Mir ist der geschilderte Vorgang persönlich überhaupt nicht bekannt."

Etwas daran trifft gewiss zu. Diekmann wird Koch kaum Einblick in seine Finanzaufstellungen gewährt haben. Doch die Frage, die Koch da in routinierter Empörung zurückweist, ist nur eine Scheinfrage, sie stellt sich nicht.

Die wirklichen Fragen kennt er natürlich, sie lauten: Warum war Diekmann schon im DFB tätig, als Anfang 2019 dort noch Reinhard Grindel der Präsident war? Und: Musste Diekmann seine Forderungen zurückhalten, bis Monate später die ausgerechnet von ihm selbst nachweislich mit betriebene Demontage Grindels abgeschlossen war - und Koch der neue DFB-Interimsboss? Das erinnert an das Frühjahr 2021, als Grindels Nachfolger Fritz Keller mit demselben Verdacht - dass Diekmann eine Kampagne gegen ihn betreibe - einen internen Kampf auslöste, der bald sein Untergang war.

Kochs Masche, in heller Empörung selbst-modellierte Scheinfragen zu dementieren, soll ihn öffentlich als Opfer dunkler Kräfte erscheinen lassen. Nach innen eröffnet die Masche Ausweichmanöver zu jedem heiklen Sachverhalt. So beantwortet der DFB die Frage, warum seine eigenen Prüfer weiter keinen Schimmer haben, wofür genau der Berater Diekmann 372 000 Euro aus gemeinnützigen DFB-Kassen erhielt, wie ein Sprachroboter mit Riss in der Platte: Der hauseigene Compliance-Experte habe den Bericht der Prüfer geprüft - und befunden, dass "das Vertragsverhältnis ordnungsgemäß abgewickelt" worden sei.

Auch Peter Peters will DFB-Präsident werden. Und das Profilager verlangt Aufklärung

Dabei befasste sich der DFB-Angestellte für Compliance eben nicht mit dem, was interessiert: den heiklen Inhalten des Prüfberichts. Darin argwöhnen die Prüfer, dass Gelder ohne Rechtsgrund ausgeschüttet worden sein könnten. Ihr Kernverdacht ist, dass "das Erreichen der Summe von 360 000 Euro ein wichtiger Bestandteil der Vertragsabwicklung" gewesen sei. Dass also der Vertrag womöglich dazu gedient habe, Geld nachträglich für diskrete Aktivitäten fließen zu lassen. Für welche? Etwa auch dafür, Präsidenten zu Fall zu bringen, die bei Koch und Co. in Ungnade gefallen waren?

Das ist die Frage.

Sie ist auch deshalb interessant, weil Koch gerade den nächsten DFB-Präsidenten auf den Schild heben will: den SPD-Berufspolitiker Bernd Neuendorf. Neuendorf, heißt es, hätte nichts einzuwenden gegen ein diskretes Weiterwirken Kochs auf der Chefetage. Jedenfalls so lange, wie ihn die Amateurvertreter stützen, meist alte Kameraden ohne großen Durchblick.

Doch nun will das Profilager dagegenhalten - mit der Forderung nach echter Aufklärung, und indem Peter Peters, derzeit der zweite Interims-Präsident des DFB, seine Kandidatur fürs höchste Amt in Aussicht stellt. Ob ausgerechnet der ehemalige Schalke-Funktionär Peters der Mann wäre, den der deutsche Fußball jetzt braucht, kann man infrage stellen. Doch die Kandidatur ist auch ein Signal, dass das "System Rainer Koch" enden muss. Und zwar sehr bald.

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