Süddeutsche Zeitung

Frauenfußball nach dem EM-Triumph:Es geht ums Geld, nicht ums Geschlecht

Deutschlands Fußballfrauen haben mit ihren Auftritten begeistert, der DFB freut sich über die Europameisterinnen - eigentlich rosige Aussichten für den Sport. Doch den Klubs fehlen professionelle Strukturen. Und Uefa-Chef Michel Platini offenbart seine Haltung mit einer abschätziger Bemerkung.

Ein Kommentar von Kathrin Steinbichler

Der Moment war passend, sicher, aber Wolfgang Niersbach musste das nicht sagen. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) kennt sich aus in der Welt der Funktionäre, als er nun in der Nacht zum Montag im herrschaftlich in einem Park gelegenen Hotel der deutschen Fußballerinnen nahe Stockholm zum Mikrofon griff, wollte er es kurz machen.

"An Tagen wie diesen", sagte Niersbach, "kann man keinen größeren Fehler machen, als eine lange Rede zu halten." Er lobte also die Mannschaft und ihr Auftreten bei der EM. Dann wagte der DFB-Präsident einen Ausblick: "Viele von euch sind ja noch sehr jung. Und diese jungen Frauen haben eine tolle Zukunft vor sich. Ihr sollt wissen, dass ihr vom DFB jede Unterstützung bekommt."

Die Worte ihres Präsidenten dürften die deutschen Fußballerinnen freuen, die Mannschaft wie auch Bundestrainerin Silvia Neid haben sich mit ihrem mitreißenden Erfolg in Schweden viele neue Freunde geschaffen. Schon der Halbfinalerfolg der DFB-Frauen gegen Schweden hatte in Deutschland 8,22 Millionen Zuschauer vor die Fernseher gelockt.

Das Endspiel am Sonntag gegen Norwegen verfolgten hierzulande durchschnittlich 8,91 Millionen Fernsehzuschauer. Den Vergleich mit anderen Sportereignissen braucht die Frauenfußball-Nationalelf also nicht zu scheuen. Wohl aber den Vergleich, der noch immer herangezogen wird, wenn ein Turnier vorbei ist und die Scheinwerfer des Fernsehens aus sind.

Ausgerechnet nämlich Michel Platini, der französische Präsident der europäischen Fußballunion Uefa und damit auch Chef der Frauen-EM, steht in Schweden in der Kritik, nachdem er in die Kamera des schwedischen Senders TV4 einen abschätzigen Kommentar abgegeben hatte. Nach der Vorrunde war per Los entschieden worden, dass Dänemark und nicht das punktgleiche Russland ins Viertelfinale einziehen darf.

Auf die Frage, warum so etwas überhaupt per Los und nicht mit Regeln entschieden werde, antwortete Platini: "Ich wollte das nicht, die Mehrheit des Frauen-Komitees wollte das so. Und Sie kennen ja die Frauen - es ist schwierig, sich mit ihnen zu streiten."

Platini dachte wohl, er sei witzig, doch Kommentare wie diese sind es, die jede Debatte über die Gleichbehandlung der Geschlechter im Sport ersticken. Denn in Wahrheit offenbaren seine Worte eine Haltung, die davon ausgeht, dass allein die unterschiedlichen biologischen Voraussetzungen von Frauen und Männern eine inhaltliche Ungleichbehandlung rechtfertigen würden.

Dabei haben die Fußballerinnen bei dieser EM bewiesen, dass sie mit ihrer Art des Spiels begeistern können. Dass deshalb wohl auch nicht mehr Zuschauer als vorher die Ligaspiele verfolgen werden, führt zu einer anderen Diskussion. Zu einer über fehlende professionelle Vereinsstrukturen im Frauenfußball. Dabei geht es allein um Geld, nicht ums Geschlecht.

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SZ vom 30.07.2013/jbe
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