DFB-Frauen in der Einzelkritik:Anja Mittags erster Ballkontakt
Die eingewechselte Stürmerin findet den richtigen Weg zum Tor, Annike Krahn schreit ihre Mitspielerinnen an, Dzsenifer Marozsán darf so viele Hamburger essen wie sie will. Und Nadine Angerer geht als Final-Heldin in die Geschichte ein. Die DFB-Frauen beim 1:0 gegen Norwegen in der Einzelkritik.
Von Nicole Werner, Solna
DFB-Frauen in der Einzelkritik
Nadine Angerer
Die eingewechselte Stürmerin findet den richtigen Weg zum Tor, Annike Krahn schreit ihre Mitspielerinnen an, Dzsenifer Marozsán darf so viele Hamburger essen wie sie will. Und Nadine Angerer geht als Final-Heldin in die Geschichte ein. Die DFB-Frauen beim 1:0 gegen Norwegen im EM-Finale in der Einzelkritik. Von Nicole Werner, Solna Nadine Angerer: Das Selbstvertrauen der 34-Jährigen strahlt in der Regel auf ihre Vorderleute ab. Dann hätten die DFB-Frauen allerdings fünf bis elf Tore erzielen müssen. Geht als Heldin des EM-Finals in die DFB-Geschichte ein, weil sie gleich zwei Elfmeter hielt. Den ersten mit dem Knie, den zweiten nach einer Flugeinlage mit der Hand. Einfach unüberwindbar.
DFB-Frauen in der Einzelkritik
Leonie Maier
Leonie Maier: Läuft agil wie eine Turnerin vor dem dreifachen Flickflack, setzt dann aber nicht zum Sprung an, sondern bleibt stets auf den Füßen. Die Augen an den Ball geheftet, wenn die Norwegerin Kristine Hegland versuchte, über Maiers rechte Seite Raum zu gewinnen. Oder den Blick auf das Spielgeschehen gelenkt, wenn sie Hegland hinter sich gelassen hatte, um das Feld für eigene Offensivaktionen zu nutzen. Zeigte erstmals in diesem Turnier Abstimmungsschwierigkeiten. Anders als der Anlauf entsprach ihre Leistung im Finale nur dem einfachen Flickflack.
DFB-Frauen in der Einzelkritik
Saskia Bartusiak
Saskia Bartusiak: Erste Gratulantin bei Angerer nach deren Heldentaten, zuverlässige Kraft in der Abwehr, wenn es darum ging, den Ball rauszuschlagen oder wegzuköpfen.
DFB-Frauen in der Einzelkritik
Annike Krahn
Annike Krahn: Wurde durch Rückpässe häufig genötigt, sich am Aufbau des Spiels zu beteiligen. Dabei sollte das Team schon mal gehört haben, dass sie für so etwas nicht die richtige Fußballerin ist. Sie ist mehr der Typ Brechzange und haut jeden Ball nach vorne, der ihr vor die Füße fällt. Eine Flanke nach der Pause feuerte sie vom deutschen Tor weg und schrie ihre Kolleginnen mit geballten Fäusten an.
DFB-Frauen in der Einzelkritik
Jennifer Cramer
Jennifer Cramer: Lief regelmäßig gegen die starke Flügeldribblerin Caroline Hansen und das Geschrei der norwegischen Fans an. Im fehlenden Verbund mit Simone Laudehr konnte sie auf der linken Seite keine gewinnbringende Aktion einleiten. Stabilisierte sich in Halbzeit zwei, verursachte aber auch den zweiten Elfmeter. Wird Nadine Angerer danken müssen.
DFB-Frauen in der Einzelkritik
Lena Goeßling
Lena Goeßling: Traute sich mit ihrer ersten Ballberührung einen Hakentrick im eigenen Sechzechner zu. Ein Raunen ging durchs Stadion. Aber die Triple-Siegerin aus Wolfsburg war nicht aus der Ruhe zu bringen. Souverän und mit Übersicht brachte Goeßling Gelassenheit ins deutsche Spiel. Machte wett, was Laudehr und Cramer an skandinavischer Willenskraft durchließen. Brachte einige Bälle in den Strafraum, den die Offensivkräfte nicht verwerteten.
DFB-Frauen in der Einzelkritik
Nadine Keßler:
Nadine Keßler: Bei den Freistößen der Skandinavierinnen mit wuchtigen Kopfbällen zur Stelle. Bildete zusammen mit Marozsán und Goeßling die Stützpfeiler des holpernden deutschen Spiels. Köpfte einen Freistoß von Marozsán kurz nach Anpfiff an die Latte. Rackerte, lief und war an wenigen auffälligen Aktionen beteiligt. Simone Laudehr würde es "Drecksarbeit" nennen, die Keßler verrichtete. Schoss in der 82. Minute stramm aufs Tor, traf nur den Pfosten.
DFB-Frauen in der Einzelkritik
Lena Lotzen
Lena Lotzen: Schien als einzige deutsche Spielerin nicht von Beginn an nervös zu sein. Leitete die erste Aktion für Deutschland auf das norwegische Tor ein. Verwirrte ihr Gegnerin Toril Akerhaugen mit Hakentricks, Flanken und kurzen Pässen. Zunehmend aber auch sich selbst, wenn Akerhaugen zu nahe an ihr dran stand. Lotzen hat ja gerne Platz zur Entfaltung. Wenn sie den nicht hat, wird die Mittelfeldspielerin nervös. Für sie kam Anja Mittag zur Halbzeit.
DFB-Frauen in der Einzelkritik
Simone Laudehr
Simone Laudehr: Hat zwar die besten Ausdauerwerte im Team, zeigte aber, dass sie in puncto Schnelligkeit nicht mit Solveig Gulbrandsen mithalten kann. Die Mittelfeldakteurin ließ sie einfach stehen. Fiel schon früh in der Partie vor allem durch Frustfouls auf. Mit einem strammen Schuss aus 25 Metern in der 31. Minute versuchte sie, diesen einmal in Produktivität umzusetzen. Zuvor hochgelobt als Symbolfigur für den Kraftakt, den die Deutschen leisten mussten, um ins Finale einzuziehen, war sie am Ende nur noch außer Puste. (Archivbild)
DFB-Frauen in der Einzelkritik
Dzsenifer Marozsán
Dzsenifer Marozsán: "Wir wissen, dass wir uns vor niemandem verstecken müssen", hatte die 21-Jährige vor dem Spiel gesagt. Aber wo war sie denn selbst gewesen? Marozsán hatte sich im Verlaufe des Turniers viel zu lange versteckt. Im Finale zeigte sie endlich, warum sie zur Spielerin der U20-WM gewählt wurde. Tunnelte und tanzte ihre Gegenspielerin aus, setzte ihren Körper ein - dem Kritiker den Verzehr von zu vielen Hamburgern vorhalten -, riss auf dem Platz Kilometer um Kilometer ab. Stellte die Verbindung zwischen Mittelfeld und Spitze her. Darf so viele Hamburger essen, wie sie möchte.
DFB-Frauen in der Einzelkritik
Celia Okoyino da Mbabi:
Celia Okoyino da Mbabi: Ihre Verteidigerin hatte viel Zeit, den langen Namen auf dem Trikot zu lesen. Viel lief die 25-Jährige zu Anfang der Partie nicht. Köpfte immerhin eine Ecke fast ins Kreuzeck. Möglicherweise zwickte die Oberschenkelzerrung doch mehr, als Bundestrainerin Silvia Neid sich eingestehen wollte. Legte in der 46. Minute den entscheidenden Querpass auf Mittag. Ihren anschließenden Kopfball nach einer Ecke klärte Ingvild Stensland, einen Schuss kratze Stensland von der Linie. Und Trine Ronning darf man ausrichten: Celia Okoyino da Mbabi wird bald heiraten und heißt dann wohl Celia Sasic. Wenn sie wieder ganz fit ist, bleibt auch keiner Gegenspielerin mehr viel Zeit, sich längere Namen zu merken.
DFB-Frauen in der Einzelkritik
Anja Mittag
Anja Mittag: Eng angelegte Arme, leicht gebeugte Haltung, Schultern nach vorne, lockerer Trab, hungrige Augen, kurzer Blick, explosiver Antritt und wie Miroslav Klose die Nummer elf auf dem Rücken. Mittag kam für die glücklose Lotzen auf den Platz. Sie hat auf dem rechten Unterarm einen Leuchtturm tätowiert. Er soll sie an den richtigen Weg erinnern. Mit ihrem präzisen, kühlen Torabschluss bei ihrer ersten Ballberührung nach der Einwechslung zum 1:0 führte sie die Mannschaft zum Sieg.
DFB-Frauen in der Einzelkritik
Bianca Schmidt
Bianca Schmidt: Steht normalerweise in der Abwehr der 1. FFC Frankfurt. Kam gute 15 Minuten vor Schluss für die ausgepowerte Laudehr. Sollte im Mittelfeld die Defensive stärken und die Null halten. (Bild, ganz rechts)