Die Scheinwerfer im Bauch des Stade Olympique von Montréal strahlen Richtung Podium. So hell, dass die Spielerinnen bei der Pressekonferenz nichts anderes sehen als - blendende Lichtkegel. Die Journalisten, die ihnen in dichten Reihen gegenübersitzen, sehen sie nicht, sie ahnen sie nur. Aber Alex Morgan macht es nichts aus, in ein Nichts zu sehen, die US-Nationalstürmerin ist es gewohnt, im Scheinwerferlicht zu stehen.
Auf wie neben dem Fußballplatz. Vor diesem Halbfinale gegen Deutschland in der Nacht zu Mittwoch (1 Uhr/Liveticker auf SZ.de) gibt es für Morgan allerdings nur das, was nach dem Anpfiff 100 Meter weiter draußen im Stadion passieren wird. "Das ist ein Spiel, auf das wir uns seit langem vorbereiten", sagte Morgan in einer letzten öffentlichen Ansprache vor der Begegnung. "All die Arbeit und das Training der vergangenen Jahre kommen jetzt auf den Punkt. Es wird ein großartiges Spiel."
Zweimal konnten die USA bislang den WM-Titel gewinnen, auch Deutschland durfte bereits zweimal jubeln. Dass es jetzt in diesem Halbfinale der Frauenfußball-Weltmeisterschaft in Kanada zum Aufeinandertreffen des Ersten (Deutschland) und des Zweiten der Weltrangliste (USA) kommt, ist für Morgan mit nichts zu vergleichen, das sie zuvor erlebt hat. "Nummer eins gegen Nummer zwei, es ist eigentlich ein Finale", sagt die 25-Jährige, "und es wird ein großer Kampf." Und natürlich, sagt Morgan, "wollen wir wieder die Nummer eins werden".
In den USA zählen nun einmal nur erste Plätze, auch Silvia Neid weiß das. Deshalb schmunzelt die Bundestrainerin, wenn sie von der Weltrangliste spricht. "Ich weiß, dass die USA gern die Nummer eins sein wollen, die können es gar nicht verknusen, dass wir das gerade sind", meinte Neid. Sie würde die Weltrangliste umstandslos hergeben für einen WM-Titel, doch das eine ist bei dieser WM mit dem anderen verknüpft: Nur der Sieger aus dem Duell der Hochkaräter zieht ins Endspiel von Vancouver ein, der Verlierer muss in Edmonton um Platz drei spielen. "Es ist schön, dass wir so viele Städte hier kennenlernen", meinte Neid dazu, "aber nach Edmonton muss ich nicht unbedingt."