Länderspiel gegen Brasilien:Nächster Rückschlag auf dem Weg zur WM

Länderspiel gegen Brasilien: Viel zu tun: Keeperin Ann-Katrin Berger (links) und Sara Doorsoun (am Boden) werden von Gabi Nunes und Brasilien schwer gefordert.

Viel zu tun: Keeperin Ann-Katrin Berger (links) und Sara Doorsoun (am Boden) werden von Gabi Nunes und Brasilien schwer gefordert.

(Foto: Wolfgang Zink/Imago)

Die DFB-Frauen laufen im Testspiel gegen die Seleção über weite Strecken hinterher und verlieren 1:2. Beim Abschied von Dzsenifer Marozsán wird klar, auf welche Qualitäten das Nationalteam künftig verzichten muss.

Von Anna Dreher, Nürnberg

Bevor es losging, verbeugte sich Dzsenifer Marozsán. Sie hatte einen großen Blumenstrauß von DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich und Vizepräsidentin Sabine Mammitzsch überreicht bekommen, dazu eine Collage mit Momenten aus 111 Länderspielen. Sie winkte, lächelte, Tränen der Rührung aber zeigte die 30-Jährige nicht. Noch war ihre Karriere im deutschen Nationalteam ja nicht vorbei, noch hatte die langjährige Regisseurin eine Aufgabe vor sich. Ein Sieg zum Abschied einer Fußballerin, die schon früh als Jahrhunderttalent galt und mit ihrer Technik herausstach, wäre angemessen gewesen.

In der 64. Minute wurde Marozsán vor 32 587 Zuschauern im Nürnberger Max-Morlock-Stadion eingewechselt, mit ihr kam auch Melanie Leupolz ein halbes Jahr nach der Geburt ihres Sohnes erstmals wieder für die DFB-Frauen auf den Platz. Aber auch die Erfahrung dieser beiden Fußballerinnen vermochte aus der 1:2-Niederlage gegen Brasilien keinen Erfolg mehr zu machen. Marozsáns Können blitzte in manchen Momenten auf, aber es gelang ihr nicht, mit ihrer Übersicht und präzisen Pässen jene Akzente zu setzen, für die sie berüchtigt ist. Vielmehr zeigte sich wie schon wenige Tage zuvor beim 1:0 gegen die Niederlande, dass das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg noch entfernt ist von jener eindrücklichen Form, die es 2022 ins EM-Finale brachte.

Voss-Tecklenburg setzt gegen Brasilien auf Erfahrung - die Gegnerinnen starten trotzdem besser, aggressiver, härter

Stammkeeperin Merle Frohms war mit Rückenschmerzen vorzeitig zurück nach Wolfsburg abgereist. Statt der Nummer 1 stand die Nummer 30 im Tor, Ann-Katrin Berger, die gegen die Niederlande schon 45 Minuten lang stark gespielt hatte - im Gegensatz zu manch anderer Kollegin. Auch die Unsicherheiten gegen die Niederländerinnen dürften Voss-Tecklenburg dazu bewogen haben, nun gegen die ballfertigen Brasilianerinnen mehr auf Erfahrung zu setzen. Gleich sechs Änderungen nahm die 55-Jährige in ihrer Startelf vor, Kathrin Hendrich sollte mehr Ruhe in die Abwehrkette bringen, Lina Magull und Alexandra Popp Stabilität ins Mittelfeld - und auch Lea Schüller durfte diesmal beginnen.

"Ich versuche, es der Trainerin so schwer wie möglich zu machen", hatte Berger vor der Partie zur Torhüterinnenfrage gesagt. Und auch wenn Frohms nicht um ihre Position bangen muss, hatte Berger am Dienstag schon bald Gelegenheit, ihr Können erneut zu zeigen. Die Brasilianerinnen - möglicher Achtelfinalgegner bei der WM im Sommer - starteten besser, aggressiver, härter und zeigten ihre individuelle Qualität. Nachdem die ersten Chancen vereitelt werden konnten, war es in der 11. Minute ein langer Ball von Rafaelle Souza, den Sara Doorsoun gegen Gabriela Nunes nicht gut verteidigte. Berger kam angerauscht - und musste zuschauen, wie Tamires Britto den abprallenden Ball zum 1:0 über die Linie lenkte.

Länderspiel gegen Brasilien: Blumen zum Abschied, aber kein Sieg: Dzsenifer Marozsán beendete nach 112 Länderspielen gegen Brasilien ihre Karriere im Nationalteam.

Blumen zum Abschied, aber kein Sieg: Dzsenifer Marozsán beendete nach 112 Länderspielen gegen Brasilien ihre Karriere im Nationalteam.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Die Deutschen fanden nach und nach etwas besser ins Spiel, erarbeiteten sich Chancen, zeigten mehr Präsenz in den Zweikämpfen - aber weiterhin Unsicherheiten in der Defensive. Auf Konter der cleveren Brasilianerinnen fanden sie keine wirklichen Antworten. Der Rückstand erhöhte sich dann aber nicht nach südamerikanischem Umschaltspiel, sondern nach einem Standard. Ariadina Borges trat erst eine kurze Ecke zu Kerolin Ferraz und flankte nach deren Rückspiel gekonnt ins lange Eck. Die Abwehr verpasste den Ball, Berger erwischte ihn auch nicht, an der heraneilenden Popp flog er ebenfalls vorbei - und dann ohne Ablenkung in der 38. Minute ins Netz. Drei Seleção-Spielerinnen regten mit einem Tor-Tänzchen das Nürnberger Publikum zu Pfiffen an, die deutschen ihre Bundestrainerin zu einem kritischen Blick und Stirnrunzeln.

Popp bleibt im Rasen hängen - Wechsel zur Halbzeit bringen Energie aber keine Ideen

Zur Pause wechselte Voss-Tecklenburg Sarai Linder für Sophia Kleinherne und Sydney Lohmann für Popp ein, die kurz vor der Pause im Rasen hängen geblieben war und danach deutlich sichtbar humpelte. Das brachte zwar frische Energie, aber auch keine zündende Idee, um die Abwehr der Gäste zu überwinden. Dass die Brasilianerinnen bestens kicken können, ist längst bekannt. Unter der Anleitung der schwedischen Trainerin Pia Sundhage wirkte nun auch das Zusammenspiel abgestimmter, leichtsinnig agierten sie nur selten, was es den Deutschen schwieriger machte, sich durchzusetzen.

Wenige Minuten vor Schluss mehrten sich die Chancen, nun fanden sie doch Wege zum Strafraum, Lohmann verpasste wenige Minuten vor Schluss nur knapp das Tor und in der Nachspielzeit nutzte die eingewechselte Jule Brand schließlich eine davon. Diese Phase dürfte manch eine etwas beruhigt haben. Aber in Erinnerung wird dieses Länderspiel wegen des Abschieds jener Spielerin bleiben, deren Können das deutsche Nationalteam vermissen wird.

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