DFB-Elf vor dem Irland-Spiel:Aus dem Abseits mitten ins Getümmel

Von der EM-Enttäuschung zur brauchbaren Sturm-Alternative: Sein starker Saisonstart beim FC Arsenal beschert Lukas Podolski in der Nationalelf neue Perspektiven. Bundestrainer Löw plagen vor dem dritten Spiel in der WM-Qualifikation aber ein paar Sorgen - Mario Götze ist angeschlagen und in der Abwehr steht ein Umbau an.

German National Team - Training Session and Press Conference

Diese beiden hoffen in Irland auf einen Einsatz: Holger Badstuber (li.) und Lukas Podolski. 

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Noch ist die DFB-Elf nicht Richtung Dublin unterwegs, doch zumindest was das Wetter angeht, konnte sich die Nationalmannschaft beim Training in Frankfurt schon einmal etwas auf die Bedingungen auf der Insel einstimmen. Grau und regnerisch präsentierte sich an diesem Tag der Himmel. Bundestrainer Joachim Löw störte das aber weniger, er freute sich vielmehr, zwei Tage vor dem WM-Qualifikationsspiel in Irland erstmals mit dem kompletten Kader üben zu können.

Allerdings war von den insgesamt 20 Akteuren am Mittwoch der Dortmunder Mario Götze wegen Oberschenkelprobleme nicht in der Lage, das gesamte Trainingsprogramm zu absolvieren. Der BVB-Mittelfeldspieler beendete das Teamtraining vorzeitig und machte anschließend nur noch individuelle Übungen. Voll belastbar ist nach einer Sprunggelenks-Blessur dagegen wieder Lukas Podolski - noch am Vortag hatte dieses Wehwehchen den Neu-Londoner ebenso wie Götze zum Kürzertreten gezwungen.

Der Fokus in den Übungseinheiten liege in der Defensivarbeit, berichtete Löws Assistent Hansi Flick auf der Pressekonferenz am Mittag. Die DFB-Akteure stellen sich also nicht nur auf stürmisches Wetter ein, sondern wohl ebenso auf offensive Iren (Freitag, 20.45 Uhr). Löw muss am Freitag in Dublin den gesperrten Kapitän Philipp Lahm sowie den verletzt fehlenden Dortmunder Mats Hummels in der Abwehr ersetzen, weshalb er seinen Defensivverbund wohl umstellen muss. Holger Badstuber soll im Gegensatz zum FC Bayern in der DFB-Auswahl wieder in der Innenverteidigung spielen, wie Flick bestätigte.

Auf der rechten Außenverteidiger-Position besitze man mit Jérome Boateng, Benedikt Höwedes und Rückkehrer Heiko Westermann mehrere "Optionen". Man habe schon "einen gewissen Engpass", räumte aber Bundestrainer Löw offen ein. Auch sein Assistent Hansi Flick sprach von "einer Sache, die uns schon länger begleitet. Wir haben da einfach nicht die Masse an Spielern, die wir uns wünschen."

Deshalb gab es jetzt eine Sonderschicht zur Abwehrarbeit. "Wir haben an den Basics gearbeitet, weil wir gesehen haben, dass wir zuletzt nicht immer optimal standen", betonte Flick. Allerdings dürfe man nicht alles nur auf die Viererkette schieben, ergänzte er, "das fängt schon vorne an. Auch da müssen wir gut verschieben und eine gute Ordnung haben."

Ordnung dürfte die DFB-Elf gut gebrauchen können, denn in Irland erwartet die Nationalmannschaft beim dritten Spiel der Qualifikation eine anstrengende Atmosphäre mit "verrückten Fans", wie England-Legionär Podolski betonte: "Wir haben die nötige Qualität, um drei Punkte mitzunehmen." Soviel Selbstvertrauen war dann doch erlaubt.

Badstuber: "Die Stimmung ist gut."

Nach seiner Reservistenrolle zum Auftakt der Quali will Podolski seine eigenen Ansprüche weiterhin den Interessen des Teams unterordnen. "Wenn man mal nicht von Beginn an spielt, ist das kein Beinbruch. Natürlich will auch ich immer spielen, aber ich akzeptiere die Entscheidungen des Trainers und stelle mich dem Konkurrenzkampf", sagte der gut gelaunte Podolski.

Der 27-Jährige war in den Spielen gegen die Färöer (3:0) und in Österreich (2:1) nur insgesamt 30 Minuten zum Einsatz gekommen. Der frühere Kölner, der für den FC Arsenal spielt und dort gut in die Saison gestartet ist, hat insgesamt 103 Länderspiele bestritten - nach einer für ihn enttäuschenden EM war er aber in die Kritik geraten. "Ich kann es besser als bei der EM, und das will ich zeigen," sagte er.

Podolski wirkt voller Selbstbewusstsein, er hat vier Tore in neun Pflichtspielen für seinen neuen Klub erzielt. Das muss auch Löw gefallen. Denn sein Zögling Podolski war plötzlich ein wenig ins Abseits geraten.

Jüngere wie Marco Reus, Mario Götze oder Andre Schürrle kamen, und sie zeigten, dass sie keineswegs schlechter sind. Gegen Argentinien war Podolski nach dem Großturnier gar nicht dabei und viele dachten schon, seine Zeit beim DFB wäre langsam vorbei. Doch jetzt steht er wieder bereit, zum Beispiel als Sturmspitze und Ersatz für Miroslav Klose - obwohl er sich doch weiterhin als Mann für die linke Außenbahn sieht. "Ob links, rechts, vorn, von mir aus auch als linker Verteidiger, das kann der Trainer sich aussuchen", sagte Podolski.

Er betonte jedoch, wohl eher zur Sicherheit: "In der Jokerrolle zu sein, heißt bei mir nicht, dass gleich die Stimmung runterfällt." Für Löw hat Podolskis Wechsel zum FC Arsenal mehrere positive Effekte. Einerseits werde Podolski "jetzt im Training mit vielen Weltklassespielern täglich gefordert", andererseits, und das ist vielleicht sogar noch wichtiger, erwächst eine Alternative für den momentan sehr spärlich besetzten Angriff. "Es tut uns gut, wenn er wieder ein Gefühl für die Mittelstürmer-Position entwickelt", sagte der Bundestrainer kürzlich.

Eindrücke eines weniger guten Gefühls hatte zuletzt Bastian Schweinsteiger vermittelt, in dem er seine Wahrnehmung über die gedämpfte Stimmung während des Turniers in Polen und der Ukraine nach außen trug. Abwehrspieler Holger Badstuber will die angeschobenen Diskussionen um den vermeintlich mangelnden Teamgeist in der Nationalmannschaft aber nicht überbewerten. "Bastian ist in einer Position, in der er Dinge ansprechen kann. Er will uns immer weiterbringen", sagte der 23-Jährige.

"Ich denke, dass man damit locker umgehen muss. Die Stimmung bei der Nationalmannschaft ist gut, die Stimmung bei den Bayern ist gut", erklärte Badstuber. Er habe auch bei der EM keine Unterschiede zwischen den Teams erkannt. Bei soviel Lockerheit dürfte die Deutschen wohl auch das irische Mistwetter am Freitag nicht umhauen.

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