DFB-Elf schafft WM-Qualifikation:Zufrieden an den Zuckerhut

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Gib Pfote: Joachim Löw bedankt sich nach dem Sieg gegen Irland bei Torhüter Manuel Neuer. (Foto: dpa)

Mit einem überzeugenden 3:0 gegen Irland qualifiziert sich die deutsche Nationalelf für die WM 2014 - wie stark Löws Männer wirklich sind, lässt sich derzeit aber nur erahnen. Der Bundestrainer tritt erneut mit deutlichen Worten auf - diesmal geht es um seine Zukunft beim DFB.

Von Lisa Sonnabend, Köln

Als das Etappenziel endlich erreicht war, rannte Joachim Löw los. Der Bundestrainer klatschte Bastian Schweinsteiger ab, er herzte André Schürrle - bis ihn der Ire Robbie Keane darauf hinwies, dass er doch gefälligst erst einmal dem gegnerischen Trainer Noel King die Hand reichen solle.

Die deutsche Nationalmannschaft hat sich am Freitagabend für die WM in Brasilien qualifiziert - besonders schwer fiel ihr das nicht. Dank des 3:0-Erfolgs gegen Irland kann nun nicht mal mehr Zlatan Ibrahimovic Löws Truppe stoppen; das letzte Qualifikationsspiel am Dienstag in Stockholm ist somit bedeutungslos geworden.

"Die Reise haben wir zu Ende gebracht", sagte Löw nach der Partie zufrieden. Denn dies bedingt die frohe Botschaft: Eine neue Reise kann im Juni 2014 beginnen. Freilich feierten die deutschen Fußballer nicht ganz so euphorisch wie 900 Kilometer entfernt die Belgier, die sich in Zagreb aufeinander türmten, weil sie nach zwölf Jahren endlich wieder bei einer WM dabei sein dürfen. Doch auch in Köln war die Freude groß. Vielmehr: die Vorfreude. Auf der Ehrenrunde warfen Sami Khedira und Thomas Müller die Arme ausgelassen nach oben. Noch Minuten danach grinste Neuer, als habe er gerade vier Wochen Strandurlaub in der Südsee gewonnen.

Nur Mats Hummels, der nach seinen kritischen Äußerungen zum Einzelgespräch mit dem Bundestrainer zitiert worden war und einmal mehr nicht spielen durfte, trabte in die Ecke des Stadions, wo gerade keiner seiner Kollege feierte, den Kopf hatte er gesenkt, er schmollte offensichtlich ein wenig.

Fröhlicher zeigte sich André Schürrle, der diesmal mit einem zackigen Auftritt Punkte bei Löw sammelte: "Ich freue mich, dass ich meine Leistung bringen konnte. Mehr freut mich allerdings, dass wir zur WM fahren." Bastian Schweinsteiger meinte: "Jetzt freuen wir uns sehr, dass wir uns qualifiziert haben. Das ist ein schönes Gefühl."

Philipp Lahm schaute in der Pressekonferenz so verträumt an die Decke, als befinde er sich nicht im herbstlichen Deutschland, sondern bereits an der Copacabana. Er behauptete, zur Feier des Tages eben "ein Gläschen Kölsch so groß wie eine Maß auf der Wiesn" getrunken zu haben. Und weil es noch nicht ausreichte, ließ sogar Kanzlerin Angela Merkel ausrichten: "Herzlichen Glückwunsch an das DFB-Team. Ich freue mich auf eine spannende WM in Brasilien."

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Mesut Özil hat ein spätes Rendezvous mit dem Ball, Per Mertesacker imitiert den ehemaligen Kanzler, Bastian Schweinsteiger schlurft lustlos durchs Mittelfeld. Die deutsche Nationalmannschaft beim 3:0 gegen Irland in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Lisa Sonnabend und Philipp Selldorf

Die Wohlfühloase DFB, selten war sie greifbarer - dabei gibt es ja noch ein Detail zu klären: Macht der Bundestrainer auch nach 2014 weiter? Die Reaktionen auf diese Frage fielen äußerst positiv aus. Löw deutete klar hörbar an, dass bereits in den kommenden Tagen sein Vertrag verlängert werden dürfte. Nicht vor dem Spiel gegen Schweden, aber danach. "Ich glaube, dass wir eine Einigung finden werden", erklärte der 53-Jährige vielsagend.

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Für Österreich ist der WM-Traum dahin: Gegen Schweden verliert die ÖFB-Elf unglücklich 1:2. Belgien schafft mit einem 2:1-Erfolg gegen Kroatien den Sprung nach Brasilien, zum ersten Mal seit zwölf Jahren. Auch die Schweizer qualifizieren sich vorzeitig. Kolumbien jubelt über ein irres Comeback.

Über die Eckdaten habe er bereits mit DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und Generalsekretär Helmut Sandrock gesprochen. Niersbach sagte in der ARD nicht minder verklausuliert: "Wir werden uns zu den spannenden Personalien klar äußern." Auch wenn die Vertragsverlängerung alles andere als eine Überraschung wäre, erstaunlich sind in dieser Woche einmal mehr die deutlichen Worte des Bundestrainers.

Dieser Abend schien also für alle ein "höggschd" versöhnliches Ende zu nehmen. Bis auf Bastian Schweinsteiger, der nicht fit wirkte, und Mesut Özil, der sich als falscher Neuner nicht sonderlich wohl fühlte, zeigten die Spieler eine ambitionierte Vorstellung. Positionen wurden variabel getauscht, der Gegner verwirrt und früh unter Druck gesetzt - es sah durchaus wie moderner Fußball aus, den die Zuschauern im Müngersdorfer Stadion zu sehen bekamen.

Die elf wackeren Iren dagegen hielten sich fast die gesamten 90 Minuten lang innerhalb der eigenen Spielhälfte auf - manchmal hätten sie wohl am liebsten den Mannschaftsbus auf der Torlinie geparkt. Allerdings muss man ihnen zugestehen: Die wenigen Flüchtigkeitsfehler in der Defensive der Deutschen nutzten sie für passable Torchancen. Das Spiel hätte auch nur 2:1 ausgehen können, gefährdet war der Sieg aus deutscher Sicht jedoch nie. Löw stellte nach der Partie zufrieden fest: "Wir haben Geduld bewahrt und im richtigen Moment die Chancen herausgespielt."

Würde eine solche Darbietung für ein WM-Endspiel reichen, wieder nur für ein Halbfinale oder womöglich nur für ein Viertelfinale? Natürlich ist es viel zu früh, um die Chancen von Löws Team einzuordnen. Erst wenn die deutsche Nationalmannschaft tatsächlich in Brasilien gelandet ist, wird sich beweisen, wie gut sie wirklich ist. "Wir haben gezeigt, dass wir das Maß aller Dinge sind", sagte Löw in Köln, zögerte für den Hauch einer Sekunde und fuhr fort: "In dieser Gruppe."

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