DFB-Elf in der Einzelkritik:Müller hat Wut im Bauch

Marco Reus vergibt grotesk seine Chancen, Mats Hummels schwankt wie ein Segelboot - nur Thomas Müller spielt, wie es der Bundestrainer mag. Die DFB-Elf in der Einzelkritik.

Von Saskia Aleythe, Leipzig

1 / 12

Manuel Neuer

EM-Qualifikation - Deutschland - Georgien

Quelle: dpa

Bekräftigte vor dem Spiel, er stehe noch voll im Saft und mache sich über eine Karriere nach dem Fußball keine Gedanken. Hatte sich vor dem Spiel gegen Irland sicher auch keine Gedanken über ein Quali-Endspiel in Leipzig gemacht, fand sich nun aber direkt in diesem Drama wieder. Dass Goethe Leipzig einst als "klein Paris" bezeichnete, ergab angesichts des nächsten EM-Gastgebers Frankreich auf überraschend neue Weise Sinn. Dass Okriashvili nach 27 Minuten frei vor ihm auftauchte, ergab für Neuer hingegen wenig Sinn. Reagierte stark. Reagierte noch stärker in der zweiten Hälfte, als Okriashvili das 2:1 verlangte. Beim Gegentor zuvor chancenlos.

2 / 12

Matthias Ginter

Germany v Georgia - EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Hätte sich in der richtigen Garderobe problemlos in den Chor einschleichen können, der vor der Spieleröffnung die zarten Kehlchen strapazierte. Das wäre in der ersten Halbzeit auch kaum ein Verlust für das DFB-Team gewesen, Ginter übte sich in gekonnter Unauffälligkeit. Hätte im letzten Spieldrittel selber zum Torschützen avancieren können, trabte bei einer Flanke von Özil aber zu sorglos zum Gerät.

3 / 12

Jérôme Boateng

Germany v Georgia - EURO 2016 Qualifier

Quelle: Boris Streubel/Bongarts/Getty Images

Hat den Begriff "langen Ball" zum Modewort des Monats gemacht, wobei ja allen klar sein sollte, dass ein Ball vor allen Dingen rund und weder lang noch kurz ist. War vor dem Anpfiff eventuell etwas verwirrt: Draußen spielte die Blaskapelle, ein paar Kilometer weiter wurde ein "Oktoberfest" zelebriert. Merkte aber schon bald, dass er nicht beim FC Bayern in München war - er musste früh seinen gefürchteten Ausfallschritt rausholen, um Georgiens Angriffe zu stoppen. Nicht immer mit der nötigen Konzentration am Werk, auch durch seine Beine flutschten georgische Bälle.

4 / 12

Mats Hummels

548742705

Quelle: AFP

Konnte nicht lange über sämtliche Gretchenfragen sinnieren, die das Spiel gegen Irland aufgeworfen hatte, war in der 27. Minute mit voller Konzentration gefragt: Wurde am eigenen Strafraumeck hinterlaufen und ausgetanzt, schwankte dabei wie ein Segelboot am Cospudener See. Verzapfte beinahe die Führung Georgiens. Unterband in der Nachspielzeit noch einen Konter der Georgier - mehr als eine Alibi-gelbe-Karte war das aber nicht mehr.

5 / 12

Jonas Hector

Germany v Georgia - EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Steht plötzlich im Zentrum einer Debatte um die Qualität der deutschen Außenverteidiger. Joachim Löw betonte vor dem Spiel, ein Robben oder Costa hätten Dribblingqualitäten, die von einem Jonas Hector nicht zu erwarten seien. Robben und Costa sind ja auch keine Außenverteidiger. Hector hätte dafür andere Fähigkeiten. Köpfelte gegen Georgien den Ball nach einer Ecke mit dem Hinterkopf zurück ins Feld, dann verwandelte Jaba Kankava zum 1:1. Machte danach den Hummels und ließ sich im eigenen Strafraum wegringen.

6 / 12

Ilkay Gündogan

Germany v Georgia - EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Beim ersten Konter der Nationalmannschaft nicht gerade umsichtiger Regisseur, drosch trotz gefühlt fünfzehn Mann Überzahl einfach vor der Strafraumlinie aufs Tor statt einen erfolgreichen Spielzug zu kreieren. Gehört nicht zu den Poeten auf dem Platz, gab sich danach aber mehr Mühe in der Dramaturgie. Stand auch nach dem Vollkontakt mit einer georgischen Schulter wieder auf und durfte so den Führungstreffer auf dem Platz erleben.

7 / 12

Toni Kroos

-

Quelle: AP

Findet sich dieser Tage im Zentrum einer Debatte über Pomadigkeit wieder. Pomade ist im ursprünglichen Sinne glitschig, was im Fußball nur selten Gutes bewirkt. Kroos bewirkte aber gegen Georgien zunächst Gutes, legte Müller den Ball in den Strafraum, nur verwandelte dieser nicht. Ansonsten mit guten Ideen, aber auch seinen Abschlüssen fehlte es an Kraft wie Goethes Faust einst an positiven Gedanken.

8 / 12

Mesut Özil

EM-Qualifikation - Deutschland - Georgien

Quelle: dpa

Hätte schon gegen Irland am liebsten etwas zentraler gespielt, durfte nun gegen Georgien voll in die Mitte. Bewies dort zwar wieder Gefühl für den Ball, hatte aber lange kein Näschen für die richtigen Entscheidungen. Experte für Entschleunigung im Team. Beschleunigte das Prozedere allerdings durch sein Gespür fürs Umfallen nach der Halbzeitpause, wurde ausreichend am Fuß getroffen. Kreiselte sich danach in einen selbstbewussteren Zustand und gab zunehmend wichtige Bälle an die richtigen Spieler ab - und bereitete so das 2:1 vor.

9 / 12

Marco Reus

Germany v Georgia - EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Könnte im Verbund mit Özil und Kroos als Dreierkombo durch Deutschland touren, Künstlername: Filigran & Feinfuß. Erzielte im Hinspiel gegen Georgien das 1:0, im Rückspiel in Leipzig missachtete er Löws neues Gebot: "Jede Chancen so nutzen, als wenn es die letzte wäre." Hob den Ball frei vor Georgiens Nukri Revishvili übers Tor als müsste er das Völkerschlachtdenkmal mit einem Schuss überwinden. Vergab auch Großchance zwei und drei auf groteske Weise als wäre er Mephisto im Auerbachskeller begegnet. War froh, als wenigstens Kruse traf.

10 / 12

Thomas Müller

Germany v Georgia - EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Ist auf dem Platz ein wandelndes Navigationsgerät, dessen Algorithmus in Punkto "beste Route" Branchenführer hellhörig machen könnte. Schoss im Hinspiel gegen Georgien ein Tor, wählte gleich nach dem Anpfiff nun die Option "direkt draufgehen", Georgiens Torhüter musste abprallen lassen. Müller schlich sich immer wieder in wichtige Szenen, wurde beim Elfmeter in der 49. Minute dann zum Hauptdarsteller: Verwandelte schnörkellos. Auch danach überall und mit Wut im Bauch. Dieser Tage eine gern gesehene Eigenschaft im DFB-Team.

11 / 12

André Schürrle

EM-Qualifikation - Deutschland - Georgien

Quelle: dpa

Rückte für den verletzten Mario Götze in die Startaufstellung, war beim letzten Spiel gegen Irland schon für den verletzten Götze eingewechselt worden. Schoss einmal aufs Tor, vergrub sich dann angeblich in einer wärmenden Kuhle, um beim 1:0 erster Gratulant zu sein. Ein Einsatz, der beim 1:1 eine Minute später schon wieder hinfällig war. Rückte in der 76. Minute aus dem Team.

12 / 12

Max Kruse

Gibraltar v Germany - UEFA EURO 2016 Qualifier

Quelle: Alexander Hassenstein/Getty Images

Kam in der 76. Minute für Schürrle auf den Platz und befolgte das neue Löw'sche Gesetz: Er nutzte seine erste Chance, als wäre es die letzte. Und zwar ohne Schleifchen und Verzierungen: Özil passte, Kruse zog im Strafraum ab. Tor.

(Archivbild)

© SZ.de/ska/tbr
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: