DFB-Elf in der Einzelkritik:Tanzstunde mit Mertesacker

Der deutsche Innenverteidiger begeistert mit perfekt gesetztem Ausfallschritt, Philipp Lahm verfehlt die Lieferadresse und Thomas Müller gründet eine Skatrunde. Deutschland beim 2:1 gegen Algerien in der Einzelkritik.

Von Philipp Selldorf, Porto Alegre

DFB-Elf in der Einzelkritik

Manuel Neuer

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(Foto: dpa)

Der deutsche Innenverteidiger begeistert mit perfekt gesetztem Ausfallschritt, Philipp Lahm verfehlt die Lieferadresse und Thomas Müller gründet eine Skatrunde. Deutschland beim 2:1 gegen Algerien in der Einzelkritik. Manuel Neuer: Genügte von Anfang an dem vom Bundestrainer ausgerufenen WM-Gebot. "Alarmbereitschaft in jeder Minute und jeder Sekunde" hatte Jogi Löw gefordert, Neuer nahm es wörtlich - zum Glück. In der hypernervösen Deckung der verlässlichste Abwehrspieler. Unternahm etliche Ausflüge ins freie Feld, um mit Grätschen, Sensen, Befreiungsschlägen und ähnlichen Notfallwerkzeugen auszuhelfen. Abenteuerliche Rückgaben der Kollegen bearbeitete er souverän und ohne Klage - Oliver Kahn wäre gegen solche Zuspiele vermutlich gewaltsam vorgegangen. Neuer war als Libero der beste Feldspieler, und bester Torwart war er sowieso. Famose Leistung.

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Shkodran Mustafi

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(Foto: Getty Images)

Shkodran Mustafi: Mancher Kenner wähnte ihn nach dem dürftigen Auftritt gegen Ghana bereits im WM-Vorruhestand. Irrtum. Im ständigen WM-Ruhestand scheint sich stattdessen Kevin Großkreutz zu befinden. Falls er diesmal umständehalber auf einen Platz in der Abwehrkette gehofft hatte, war auch dies ein Irrtum. Die Trainer schätzen Mustafi, weil er in Italien das taktische Verteidigen gelernt hat. Das Anspiel in den Strafraum hat er nicht gelernt. Auf dem offensiven Flügel fehlbesetzt. Defensiv allerdings ebenso. Später verletzt ausgewechselt.

DFB-Elf in der Einzelkritik

Per Mertesacker

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(Foto: REUTERS)

Per Mertesacker: Ließ sich mangels Anspielstation einmal zu einem Soloausflug über die Mittellinie verleiten - bereute es sofort bitterlich. Hatte während der heiklen Phase in der ersten Hälfte seinen Anteil an der allgemeinen Konfusion in der Defensive. Bemühte sich vergeblich um sein gewohnt abgeklärtes Stellungsspiel. Großer Moment jedoch, als er den davonstürmenden Angreifer Slimani mit chirurgisch präzisem Eingreifen stoppte. Sein perfekt gesetzter Ausfallschritt sah aus, als hätte er ihn in der Tanzschule gelernt. Nach diesem Coup zunehmend stabiler.

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Jérôme Boateng

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(Foto: AP)

Jérôme Boateng: Zuletzt gegen die USA als Rechtsverteidiger überzeugend. Als Innenverteidiger hatte er anfangs Anpassungsprobleme. Mehrfach in schwerer Not. Außerdem musste sich Boateng, der mit Recht für seine Schnelligkeit gepriesen wird, im Sprintduell vom Gegenspieler Feghouli überholen lassen - obwohl der Algerier den Ball führte. Nach dieser verstörenden Erfahrung gelang es Boateng, sich zu sammeln und sicherer zu werden. Steigerte sich danach gewaltig und bewährte sich mehrfach als Retter in letzter Instanz.

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Benedikt Hoewedes

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(Foto: dpa)

Benedikt Höwedes: Die Polemiken gegen sein manchmal etwas unbeholfenes Offensivspiel konnte der Schalker bisher mit seinem soliden Defensivspiel kontern. Diesmal gingen ihm die Argumente verloren. Schaffte es, in der von Panikattacken gepeinigten Abwehrreihe ungut aufzufallen. Ab und an im Verdacht der Tollpatschigkeit. Fing sich jedoch wieder und kehrte zumindest halbwegs zum soliden Defensivspiel zurück.

DFB-Elf in der Einzelkritik

Philipp Lahm

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(Foto: dpa)

Philipp Lahm: Erster Ansprechpartner der Innenverteidiger für den Spielaufbau. Sollte die Bälle in die Offensive transportieren, verfehlte jedoch öfter die Lieferadresse. Ungewohnt unkonzentrierte Momente und noch ungewohntere Fahrlässigkeiten. Als das Spiel sich etwas öffnete und die Mitspieler sich etwas beruhigt hatten, wurde er besser. Stand in der 56. Minute nach einem Schlenzer bereits als Torschütze fest - doch Torwart M'Bolhi fingerte den Ball noch um den Pfosten. Musste dann umständehalber auf seinen alten Posten auf der rechten Abwehrseite zurückkehren.

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Bastian Schweinsteiger

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(Foto: dpa)

Bastian Schweinsteiger: Bekam den Vorzug vor Sami Khedira, weil er gegen die USA eine prägende Autorität war. Dieses Renommée konnte er am Montag nicht steigern. Begann mit Fehlpässen und verschwand dann, abgesehen von einem Fernschuss, lange Zeit vom Bildschirm. Kehrte in der zweiten Halbzeit zurück und tat wieder etwas für seine weltweite Wertschätzung. Musste länger auf dem Platz bleiben, als seine Kraft reichte.

DFB-Elf in der Einzelkritik

Toni Kroos

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(Foto: REUTERS)

Toni Kroos: Dass das deutsche Spiel an elementaren Problemen litt, war daran zu erkennen, dass sogar dem Spitzentechniker Toni Kroos hin und wieder die Bälle versprangen und die Pässe verrutschten. Auch ihm gelang es nicht, für Ruhe, Ordnung und Frieden zu sorgen und die Spielkontrolle wieder herzustellen. Auf die extrem robuste Zweikampfkultur des Gegners wusste er keine Antwort.

DFB-Elf in der Einzelkritik

Mesut Özil

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(Foto: REUTERS)

Mesut Özil: Schaffte es eine Weile, sich vom Chaos fernzuhalten, dann ließ auch er sich anstecken. Einigen gelungenen Szenen ließ Özil solche folgen, in denen er zielsicher die falschen Entscheidungen traf. Mit der rauen und unangenehmen Art der Algerier kam er nicht gut zurecht. Er versteckte sich nicht, aber es gelang ihm auch nicht viel Erhebendes. Tauchte weg, zeigte zu wenig Zug zum Tor, ehe er am Ende einen abprallenden Ball zum 2:0 nutzte.

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Mario Götze

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(Foto: REUTERS)

Mario Götze: Wird von seinen Kritikern der Schönspielerei bezichtigt und für seinen Mangel an Leidenschaft, Kampfgeist und Teamdenken gerügt. Gab seinen Kritikern am Montag in allen Belangen recht. Leiblich anwesend. Mehr nicht. Deshalb zur Pause gegen Schürrle ausgetauscht.

DFB-Elf in der Einzelkritik

Thomas Müller

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(Foto: Getty Images)

Thomas Müller: Der Ruhm seiner vier WM-Tore lastete schwer auf ihm. Der Gegner schenkte ihm überreichlich Aufmerksamkeit. Müller hätte mit den Algeriern Belkalem und Halliche eine Skatrunde gründen können, denn die beiden waren stets und ständig bei ihm. Das gefiel ihm überhaupt nicht, denn weder hatte er Spaß an einer Doppelbewachung noch hatte er Spielkarten dabei. Trotzdem ständig bemüht zu entwischen, was ihm auch wieder besser gelang, nachdem André Schürrle auf dem Platz war. In der 78. Minute hatte er das 1:0 auf dem Kopf, und in der 82. hatte er es auf dem Fuß - sein Eifer wurde nicht belohnt. Bis er die Vorlage lieferte, die Schürrle zum 1:0 veredelte.

DFB-Elf in der Einzelkritik

André Schürrle

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(Foto: Martin Rose/Getty Images)

André Schürrle: Brachte nach seiner Einwechslung umgehend Leben in die deutsche Offensive. Rannte hierhin und dorthin, um sich hier wie dort anzubieten, suchte die schnellen Wege in die Spitze und den Torschuss - lauter Dinge, die sein Vorgänger nicht mal andeutungsweise unternommen hatte. Seinen Treffer mit der Hacke zum 1:0 erzielte er mit einer Kunstfertigkeit, die mehr mit Instinkt als mit planvollem Handeln zu tun hatte.

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Sami Khedira

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(Foto: dpa)

Sami Khedira: Erstmals zusammen mit Schweinsteiger. Betätigte sich gleich als Motor. Versuchte einmal, einen Real-Madrid-Pass in den Strafraum zu lupfen, wo er lieber einen gewöhnlichen SV Sandhausen-Pass gewählt hätte. Chance vertan.

DFB-Elf in der Einzelkritik

Christoph Kramer

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(Foto: AFP)

Christoph Kramer: Kam in der 109. Minute für Bastian Schweinsteiger. Blieb als einziger DFB-Akteur fehlerfrei. Neben Manuel Neuer. (Archivbild)

© SZ vom 01.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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