DFB-Elf in der Einzelkritik:Stindl spurtet fast bis Wladiwostok

Der Gladbacher glänzt mit langen Wegen und verdient sich sein Tor. Matthias Ginter trifft auf einen Powerkreisel aus Tocopilla und Joshua Kimmich geht Stirn an Stirn. Die DFB-Elf in der Einzelkritik.

Von Martin Schneider, Kasan

12 Bilder

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Quelle: AFP

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Marc-André ter Stegen

Spielt beim FC Barcelona, wo es für den Torhüter zwei Regeln gibt. Erstens: Immer flach hinten raus spielen. Zweitens: Immer flach hinten raus spielen. Spielte mit seiner ersten Aktion einen flachen Ball hinten raus, den Andrés Iniesta nicht schöner gepasst hätte. Entschied sich in seiner zweiten Aktion gegen einen langen Ball auf Jonas Hector (außen), sondern für den kurzen auf Shkodran Mustafi (innen). Das war falsch. Mustafi kam in Bedrängnis, machte den Fehler, ter Stegen kassierte das Tor. Guckte beim Lattenschuss von Eduardo Vargas hinter dem Ball her und war schon geschlagen wie in einem Fight Club. Hielt kurz vor der Pause einen Super-Schuss von Sanchez mit einer Super-Parade.

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Shkodran Mustafi

Killte die Strategie der deutschen Nationalmannschaft mit einem Killerpass. Wollte das Spiel von hinten als zentraler Spieler der Fünferkette wie ein Kondor überblicken, aber was zum Geier hatte er sich bei diesem Ball gedacht? Versuchte durch die winzige Lücke zwischen Sanchez und Vidal Richtung Rudy zu spielen. Sein Pass landete am Schienbein von Vidal und dann im Tor. Es zeichnet ihn jedoch aus, dass ihn so ein Fehler nicht kirre macht. Nach anfänglicher Zittrigkeit souveräner Abwehr-Adler.

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Matthias Ginter

Wird diese Nacht immer noch Drehschwindel von Alexis Sanchez haben, diesem Powerkreisel aus Tocopilla. Wenn Sanchez sich nach rechts bewegte, war Ginter noch auf dem Weg nach links. Wenn Sanchez lossprintete, war Ginter dabei, zu reagieren. Als er einmal keinen Sanchez um sich hatte, brachte er Mustafi mit einem horrenden Rückpass in Bedrängnis. Wirkte zuweilen deplatziert wie eine chinesische Mannschaft in der Regionalliga Südwest. Darf höchstens auf mildernde Umstände hoffen, weil gegen diesen roten Fußballdynamo noch mehr Verteidiger schlecht ausgesehen hätten. In der zweiten Halbzeit halbwegs schwindelfrei.

Germany v Chile - FIFA Confederations Cup Russia 2017 - Group B

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Niklas Süle

Umarmte vor dem Spiel seinen Hoffenheimer Ex-Compagnon Eduardo Vargas. Beide lachten, als könnten sie nicht glauben, dass hier zwei Spieler aus Sinsheim in Kasan für Deutschland und Chile spielen. Aber nicht nur Hoffenheim, auch die Welt ist bekanntlich ein Dorf und so spielten die beiden auf der rechten Seite die Kraichgauer Bezirksmeisterschaften aus. Mit dem klaren Sieger Süle, weil Vargas ihm einmal entwischte und den Ball nur an die Latte zimmerte. Süle darf sich bester deutscher Verteidiger des Tages nennen, hatte aber auch den sehr großen Vorteil, am weitesten weg von Alexis Sanchez zu spielen.

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Joshua Kimmich

Spielte bei Bayern ja nicht, weil Arturo Vidal dort sein Revier verteidigt. Ist in der Nationalelf immerhin zum Leitwelpen aufgestiegen, während Vidal natürlich auch in der Landesauswahl den Status eines ausgewachsenen Kampfgockels hat. Versuchte früh ein paar weitere Erfahrungspunkte im Nahkampf zu sammeln und drückte seine Stirn gegen die Stirn von Jean Beausejour. War sehr geladen und kam überraschenderweise nicht mit einem Iro und einem Unterarm-Tattoo aus der Pause. Was man erst dann merkte: Hatte offenbar in der ersten Halbzeit ein bisschen zu viel Energie auf dem Platz und im Nahkampf gelassen.

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Jonas Hector

Als Linksaußen tätig. Das ist da, wo Chilenen immer denken, sie plumpsen gleich in den Ozean. Ließen ihn dann auch eine Strecke, so lang wie ihr Land laufen, ehe er das 1:1 von Lars Stindl vorbereitete. War nicht Fixpunkt der südamerikanischen Attacken, machte offensiv bis auf die Torvorlage aber wenig draus. Ließ nach hinten aber auch nichts zu.

Germany v Chile - FIFA Confederations Cup Russia 2017 - Group B

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Sebastian Rudy

Wollte den Chilenen mit seiner ihm eigenen Ruhe begegnen und stand zunächst auf dem Platz wie ein Gaucho, der am Mate-Kürbis nuckelt. Das war die falsche Strategie. Erkannte das zum Glück sehr schnell und brachte seinen Körper dann öfter in die Zweikämpfe als in der ganzen Hoffenheimer Saison. War dann zumindest kein Unsicherheits-Faktor mehr, peitschte das Spiel aber auch nicht nach vorne. Hatte seine beste Phase, als die Chilenen sich müde gelaufen hatten. Ihm taugt eher das Mate-Kürbis-Spiel.

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Emre Can

Verstand besser als Rudy, dass man in diesem Spiel Feuer besser mit Feuer bekämpft und auch mal zurückknuffen muss. Marschierte vor dem 1:1 mit der Power einer Tataren-Horde über den Platz und spielte dann einen blitzsauberen Pass durch die Abwehr auf Hector, der Stindl das 1:1 vorlegte. War definitiv der bessere Part eines zentralen deutschen Mittelfelds, dem man anmerkte, dass es keinen Fehler machen wollte.

Germany v Chile: Group B - FIFA Confederations Cup Russia 2017

Quelle: Bongarts/Getty Images

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Leon Goretzka

Wirkte über das ganze Spiel wie ein Stück Fleisch inmitten eines Piranha-Schwarms. Die Chilenen hatten offenbar das erste Spiel der Deutschen gesehen und sich gedacht: Den packen wir uns. Fand kein Mittel dagegen und lieferte ein bisschen das Negativ seines ersten Spiels. Fand nicht statt und wird seine Schlüsse daraus ziehen. Will bestimmt nicht noch mal als Fischfutter enden.

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Julian Draxler

Zeigte zum ersten Mal so richtig, warum er Kapitän dieser Mannschaft ist. Forderte in der schwierigsten Phase die Bälle, ging gegen die roten Hyänen auch mal ins Dribbling, riskierte etwas und verlor wenig. Allein: Es brachte zunächst nichts. Hätte einen Sandro Wagner vorne drin gebraucht, aber da war nur Lars Stindl, der beschloss über das Feld zu wandern (siehe Stindl). War von allen Deutschen von den chilenischen Bandenkämpfern am wenigsten beeindruckt. Nur unklar, ob er sich diese Street Credibility auf Schalke, in Wolfsburg oder in Paris angeeignet hat.

Germany v Chile: Group B - FIFA Confederations Cup Russia 2017

Quelle: Bongarts/Getty Images

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Lars Stindl

Spulte mehr Kilometer ab als die Transsibirische Eisenbahn. Wäre er immer nur geradeaus gelaufen, er wäre am Ende des Spiels in Wladiwostok angekommen. Mindestens. Dachte sich: Wenn ich mich bewege, dann kommen mir die schweren Jungs Medel und Arranguiz nicht hinterher. Hat dabei nicht bedacht, dass man immer am Türsteher vorbei muss, wenn man in den coolen Club namens "Tor" will. Fand im dichten chilenischen Abwehrblock noch am besten die wenigen freien Räume und war der Deutsche, der sich ein Tor am redlichsten verdient hatte.

Germany v Chile - FIFA Confederations Cup Russia 2017 - Group B

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Einwechselspieler

Keine. Joachim Löw wollte einfach nicht wechseln.

© SZ.de/jbe
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