DFB-Elf in der Einzelkritik:Staatsmann in der Formkrise

Kapitän Julian Draxler schaut so abgeklärt, wie 20-Jährige eben gucken können. Matthias Ginter hechtet über die Bande wie einst Jan Ullrich über die Leitplanke. Und Leon Goretzka sorgt auch nicht für mehr Torgefahr. Die DFB-Elf beim 0:0 gegen Polen in der Einzelkritik.

Von Carsten Eberts und Thomas Hummel, Hamburg

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Ron-Robert Zieler

Länderspiel Deutschland - Polen

Quelle: dpa

Kapitän Julian Draxler schaut so abgeklärt, wie 20-Jährige eben gucken können. Matthias Ginter hechtet über die Bande wie einst Jan Ullrich über die Leitplanke. Und Leon Goretzka kann das Problem der mangelnden Torgefahr auch nicht lösen. Die DFB-Elf beim 0:0 gegen Polen in der Einzelkritik.

Ron-Robert Zieler: Hatte vor diesem Testkick in Hamburg zwei Länderspiele absolviert. Bilanz: drei Gegentore und eine rote Karte. War damit klar im Vorteil vor Ersatzmann Marc-André ter Stegen, der bei drei Länderspielen bei zwölf Gegentoren und einem Eigentor stand. Verbesserte seine Bilanz entscheidend: In 45 Minuten hielt er genau einen Schuss der Polen souverän fest und vermied damit sein viertes Länderspiel-Gegentor. Verließ in der Pause den Platz und bereitet sich nun auf die Sonne in Campo Bahía vor.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Antonio Rüdiger

Länderspiel Deutschland - Polen

Quelle: dpa

Antonio Rüdiger: Brachte Stuttgarter Abwehrqualitäten ein, was bekanntlich nichts Gutes verspricht. War mehr als bemüht, bisweilen überbemüht. Hatte als einziger in der Abwehr Probleme mit seinem Gegenspieler und verdeutlichte, warum er nicht einmal in Stuttgart Rechtsverteidiger spielt. Kann diese Problemposition auch beim DFB nicht bereichern. Hätte dafür nach einer Ecke fast sein erstes Länderspieltor erzielt, doch Slawomir Peszko klärte auf der Linie, was Rüdiger sichtbar ärgerte.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Shkodran Mustafi

Länderspiel Deutschland - Polen

Quelle: dpa

Shkodran Mustafi: Mit der aufrechten Haltung eines Verteidigers der italienischen Serie A unterwegs. Stolzes Mitglied von Sampdoria Genua. Kennt sich allerdings in Hamburg gut aus, weil er beim ansässigen Sportverein ins Jugendinternat gegangen war. Ordnete sich vorbildlich dem Löwschen Flachpassdiktat unter, verlor allerdings ein Kopfballduell im eigenen Strafraum. In der zweiten Halbzeit für den schlimmsten Fehlpass der gesamten Partie verantwortlich, den die Polen allerdings ungestraft ließen.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Matthias Ginter

Germany v Poland - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Matthias Ginter: Hechtete nach einem Schubser von Peszko so formschön über die Bande wie einst Jan Ullrich über die Leitplanke am Col de Peyresourde. Trabte ansonsten gefühlt mit Puls 35 über den Platz, was irgendwie gemächlich wirkte, aber auch unaufgeregt und souverän. In dieser Disziplin heute ein würdiger Nachfolger von Per Mertesacker. Doch ob Joachim Löw zwei Verteidiger dieser Sorte in Brasilien brauchen kann? Gewann jedenfalls das Innenverteidiger-Perspektivduell gegen Mustafi deutlich.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Oliver Sorg

Germany v Poland - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Oliver Sorg: Verdankt seine erstmalige Berufung angeblich nicht dem Umstand, dass er nur 66 Kilometer vom Wohnort des Bundestrainers aufgewachsen ist. Hat in den vergangenen Jahren zum Aufschwung des SC Freiburg beigetragen und hält dem Klub bis heute die Treue - was eventuell doch beim Schwarzwald-Bundestrainer gut ankommt. Spielte Linksverteidiger und zeigte bei einigen Flankenversuchen, warum er in Freiburg zumeist Rechtsverteidiger spielt. Machte eine sehr brave Partie.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Sebastian Rudy

Germany v Poland - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Sebastian Rudy: Hatte vor diesem Debüt in der A-Elf schon 49 Länderspiele in Jugend-Nationalteams bestritten, war demnach unbestritten Rekord-Länderspiel-Teilnehmer des Teams. Spielte dann auch wie der Vater der Kompanie, mit Übersicht in der Zentrale, selbst aus der größten Bedrängnis befreite sich der Hoffenheimer noch mit einem schlichten Flachpass. So, wie es Löw schätzt und mag. Hätte vielleicht als Herbergsvater mitreisen dürfen ins Campo Bahía, wäre diese Rolle nicht schon an Sami Khedira vergeben. Baute nach der Pause ab.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Christoph Kramer

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Quelle: AP

Christoph Kramer: Außerhalb von Mönchengladbach war bislang nur bekannt, dass dieser Kramer unheimlich viel rennen kann. So viel, dass selbst ein paar Dortmunder neidisch hinüberblicken zur anderen Borussia. Rannte auch in seinem ersten Länderspiel unheimlich viel. Doch, oha: Dieser Kramer kann auch Fußballspielen, ziemlich gut sogar. Bot sich stets aggressiv an, forderte den Ball selbst im engsten Getümmel und machte damit zumeist schlaue Dinge. Baute nach der Pause ebenso ab. War wohl zu viel gerannt vorher.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Leon Goretzka

Germany's Goretzka and Poland's Rybus fight for the ball during their friendly soccer match in Hamburg

Quelle: REUTERS

Leon Goretzka: Musste seine Abiturprüfung für dieses Länderspiel unterbrechen - wer seine Entschuldigung schrieb, ist unklar. Erstes Mitglied des neuen Schalker Kinderkreisels (Meyer, Draxler, Goretzka), was im Himmel bei Ernst Kuzorra und Fritz Szepan sicher einige Rührung hervorrief. Lief von der Seite in bester Thomas-Müller-Manier ein - bewarb sich da einer um den Titel "Raumdeuter 2"? Machte deutlich, warum viele Beobachter von allen Debütanten ihm die größten Chancen geben, mit nach Brasilien zu reisen. Wirkte präsent, schnell, dynamisch auch im Rückwärtsgang. Konnte nur das Problem der mangelnden Torgefahr auch nicht lösen.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Max Meyer

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Quelle: AFP

Max Meyer: Hatte bislang immerhin 28 Länderspiele in diversen Jugend-Nationalmannschaften vorzuweisen, dazu neun Champions-League-Spiele. Dazu diverse Lobes-Kundgebungen, dass dieser 18-Jährige einmal ein ganz Großer werden würde, mindestens so groß wie Olaf Thon, Pierre Littbarski und Thomas Häßler. Fühlte sich wohl in der gewohnten Umgebung des Schalker Kinderkreisels. Das Flachpassdiktat im DFB-Team führte zu Beginn immer zu ihm, er gab sich alle Mühe, zwischen den engen polnischen Verteidigungslinien mit den Bällen was Anständiges anzurichten. Zeigte dem Länderspiel-Publikum seine feinen Anlagen. Schien jedoch schon nach 20 Minuten damit überfordert zu sein, schleppte sich bisweilen mächtig müde über den Platz. Verkreiselte sich manchmal, und dennoch führten weiter alle Wege zu ihm.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Julian Draxler

Länderspiel Deutschland - Polen

Quelle: dpa

Julian Draxler: Elftes Länderspiel und schon jüngster Kapitän der DFB-Geschichte. Schaute bei der Seitenwahl so staatsmännisch drein, wie 20-Jährige eben gucken können. Vervollständigte eines der größten Schalker Länderspiel-Aufgebote der Neuzeit. Wirkte dann aber wirklich wie ein Staatsmann links vorne, spielte zumeist aus dem Stand und konnte vor der Pause den Eindruck nicht widerlegen, dass sich dieser wunderbare Fußballer in einer Formkrise wälzt. Kämpfte sich nach der Pause auffällig heraus aus der Formkrise, allerdings nicht aus der Torschusskrise.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Kevin Volland

Länderspiel Deutschland - Polen

Quelle: dpa

Kevin Volland: Wurde von dem ein oder anderen Hamburger aus Nostalgie-Gründen als Kevin Keagan begrüßt. In Hamburg ist derzeit eben viel Vergangenheit im Spiel. Gilt als sicherer Brasilien-Reisender, weil in Deutschland Stürmer Mangelware sind. Bringt eine neue Eigenschaft ins DFB-Team: Kann mit dem Rücken zum Tor den Ball verteidigen und verteilen. Tat sich sonst schwer alleine in der Sturmmitte vor dem oft müden Meyer. Machte deutlich, dass er bei der WM am besten keine Ecken schießt - von seinen ersten vier landeten drei direkt beim Torwart. Krachte mächtig mit dem Kopf gegen den Kopf eines Gegenspielers, verließ den Platz mit einem Brummschädel. Schenkt das Trikot seines ersten Länderspieleinsatzes der Mutter Anita.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Marc-André ter Stegen

Länderspiel Deutschland - Polen

Quelle: dpa

Marc-André ter Stegen: Kam in der zweiten Halbzeit für Zieler. Auch er verbesserte seine Bilanz entscheidend: kein Gegentor diesmal. Darf sich mangels Nominierung trotzdem nicht auf die Sonne in Campo Bahía freuen. Aber Barcelona soll im Sommer auch nicht allzu schattig sein.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Benedikt Höwedes

Benedikt Höwedes

Quelle: dpa

Benedikt Höwedes: Kam in der zweiten Halbzeit für Rüdiger und begann die Mission "Kampf um den Rechtsverteidiger-Posten". Versuchte sich sofort in den Schalker Kinderkreisel einzufügen, wagte drei, vier mutige Vorstöße. Vergaß jedoch bei seiner aussichtsreichsten Aktion, den Ball zu stoppen, was Passgeber Draxler mächtig ärgerte.

(Archivbild)

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DFB-Elf in der Einzelkritik:André Hahn

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Quelle: AP

André Hahn: Kam in der zweiten Halbzeit für Goretzka. Hatte seine prägendste Aktion, als ihm im Strafraum erst der Ball meterweit vom Fuß sprang, er ihn sich dann per Monstergrätsche zurückeroberte, anschließend aber vier freie Mitspieler in Kurzpassdistanz übersah. Das war dann wohl die Aufregung. Musste nach Vollands Ausscheiden in den Sturm. Hätte sich fast mit einem Seitfallzieher-Tor für die Sturmmitte bei der WM beworben.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Sebastian Jung

Training Nationalmannschaft

Quelle: dpa

Sebastian Jung: Kam in der zweiten Halbzeit für Volland. Spielt in Frankfurt eigentlich Rechtsverteidiger, diesmal allerdings auf der verwaisten Stelle rechts vorne.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Maximilian Arnold

Training Nationalmannschaft

Quelle: dpa

Maximilian Arnold: Kam eine Viertelstunde vor Schluss für Meyer. Gilt als torgefährlich und hätte dem Team damit ein vermisstes Element hinzufügen können. Das gelang gegen die Polen noch nicht.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Christian Günter

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Quelle: AP

Christian Günter: Verdankt seiner erstmaligen Berufung angeblich nicht dem Umstand, dass er gut 50 Kilometer vom Wohnort des Bundestrainers aufgewachsen ist. Durfte als Linksverteidiger zehn Minuten Nationalmannschaft aktiv erleben.

© Süddeutsche.de
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