DFB-Elf in der Einzelkritik:Werner wirbelt

Sechs Ex-Stuttgarter spielen in Stuttgart für Deutschland und zwei davon schießen drei Tore. Julian Draxler führt eine traumhafte Drehung vor und Thomas Müller nimmt die Hacke. Die DFB-Elf in der Einzelkritik.

Von Matthias Schmid, Stuttgart

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Marc-André ter Stegen

Germany v Norway - FIFA 2018 World Cup Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Weiß jetzt, wie sich Manuel Neuer fühlen muss, wenn dieser im Bayern-Tor keinen Ball zum Abwehren bekommt. Ter Stegen hätte gegen Norwegen ein Buch lesen können, sogar ein sehr dickes Buch. Der Torhüter des FC Barcelona sollte sich deshalb unbedingt Rat holen bei seinem Kollegen, welche Lektüre sich während solchen Spielen am besten eignet, wäre bestimmt bei Thomas Manns Zauberberg bis Seite 567 gekommen. Durfte einmal einen Ball zumindest liebevoll umgreifen.

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Joshua Kimmich

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Quelle: AP

Echter Württemberger, in Rottweil geboren und in Bösingen aufgewachsen. Mit zwölf trug er erstmals das VfB-Trikot mit dem roten Brustring, verließ in Stuttgart die Schule mit einem beachtlichen Abiturschnitt (1,7) und kurze Zeit später auch den VfB. Dort haben sie seine besondere Begabung nicht erkannt. Spielt jetzt auf der rechten Abwehrseite beim FC Bayern und der Nationalmannschaft so unaufgeregt und abgeklärt, dass niemand mehr nach einem gewissen Philipp Lahm fragt.

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Antonio Rüdiger

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Quelle: AFP

In Berlin geboren, aber beim VfB sozialisiert - genauer gesagt beim VfB Sperber Neukölln. Wechselte dann als U-19-Spieler 2011 zum VfB nach Stuttgart. Nicht wenige trauen dem noch ungestümen und flegelhaften Rüdiger ja eine ähnliche Karriere zu wie Jérôme Boateng. Bei einem Weltverein spielt er schon, beim FC Chelsea. Versuchte sich gegen Norwegen aufgrund penetranter Langeweile schon mal in Boatengs Spezialgebiet, den chirurgisch geschlagenen Diagonalpässen. Allerdings mit mäßigem Erfolg, Rüdiger fehlen dafür noch die Technik und die Ruhe. Er kann ja mal bei Boateng nachfragen.

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Mats Hummels

Germany v Norway - FIFA 2018 World Cup Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Probte in Prag erfolgreich für seine Karriere nach der Karriere im gehobenen diplomatischen Dienst. Wies seinen Mitspielern souverän den Weg an den pöbelnden und schreienden Rassisten im deutschen Fanblock vorbei. Spielt so geschliffen wie er formulieren kann. War gegen Norwegen als Verteidiger nicht gefordert, sodass er sich manchmal nach vorne schlich, um eine neue Rolle zu proben: die des Stürmers. Was misslang.

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Jonas Hector

Germany v Norway - FIFA 2018 World Cup Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Spielt immer. Man kann sich an gar kein Länderspiel mehr ohne Jonas Hector erinnern. Bundestrainer Joachim Löw lebt ja seine Experimentierfreudigkeit gerade genüsslich aus, bei Hector macht er aber eine Ausnahme. Völlig zu Recht. Bereitete das 1:0 von Özil mit einen präzisem Pass vor.

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Sebastian Rudy

Germany v Norway - FIFA 2018 World Cup Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Echter Württemberger. In Villingen-Schwenningen geboren, in Dietingen aufgewachsen. Mit 13 trug er erstmals das VfB-Trikot mit dem roten Brustring. Eine ganz ähnliche Karriere wie die von Joshua Kimmich. Auch er musste seinen Lieblingsklub früh verlassen, um ein viel beachteter Nationalspieler zu werden, der mit seiner wunderbaren Technik Pässe spielen kann, die man als Hobbyspieler zumindest einmal im Leben spielen können möchte.

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Toni Kroos

Germany v Norway - FIFA 2018 World Cup Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Virtuose am Ball, magischer Ballverteiler, aber kein Württemberger. Nicht einmal die Großeltern stammen nach SZ-Recherchen aus dem Süden Deutschlands. Vielleicht der beste Passgeber des Planeten, aber ein Stürmer wird aus ihm nicht mehr werden, vergab gegen Norwegen mehre Chancen von bester Qualität. Könnte Kroos aber auch noch Tore schießen, dann hätten Cristiano Ronaldo und Lionel Messi tatsächlich mal einen ersthaften Konkurrenten bei der Wahl zum Weltfußballer des Jahres.

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Thomas Müller

Germany v Norway - FIFA 2018 World Cup Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Nicht in Stuttgart geboren und aufgewachsen, ist bekanntlich ein echter Oberbayer. Hat als professioneller Fußballer beim VfB Stuttgart noch nie ein Spiel verloren. Dass auch der unkonventionellste Spieler des Planeten auch konventionelle Flanken im Repertoire hat, bewies er gegen Norwegen, als er mit einer handelsüblichen Flanke von der rechten Seite aus vollem Lauf heraus das 3:0 von Timo Werner vorbereite. Müller kann es aber auch künstlerisch. Mit der Hacke hatte er Werners ersten Treffer zuvor aufgelegt, sehr geschmeidig sah das aus. Überhaupt nicht Mülleresk. Zur Belohnung durfte er zur Pause in der Kabine bleiben.

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Mesut Özil

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Quelle: Daniel Roland/AFP

Hadert zu Zeit ein wenig mit seinem Leben in London. "I'm sorry", schrieb er nach der 0:4-Niederlage in Liverpool zuletzt auf Instagram und entschuldigte sich höflichst für seine eher biedere Darbietung in der Premier League. Die Tage mit der deutschen Nationalmannshaft kamen da gerade recht, sie wirkten wie ein dringend benötigter Aufenthalt im Sanatorium. Özil spielte gegen Norwegen frisch und ausgeruht, in Kopf und in den Beinen. Erzielte nicht nur den Führungstreffer, sondern bereitete auch noch das zweite Tor von Julian Draxler vor.

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Julian Draxler

Deutschland - Norwegen

Quelle: dpa

Hat in Stuttgart als professioneller Fußballer noch nie ein Spiel gewonnen. Strengte sich deshalb besonders an. Aber in Wirklichkeit wollte er Bundestrainer Löw beweisen, dass es ein riesengroßer Fehler war, ihn zuletzt in Prag bei Spielbeginn nur auf die Bank zu setzen. Dribbelte und rannte, als hätte er ein Jahr pausieren müssen. Sein Tor war formvollendet schön, in einer fließenden Bewegung nahm er mit den Ball von Özil an, drehte sich und schoss ihn überlegt ins Tor.

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Timo Werner

Germany v Norway - FIFA 2018 World Cup Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Muss in jedem Stadion der Republik Pfiffe und Schmährufe ertragen. In jedem Stadion? Nicht in Stuttgart, wo er im Stadtteil Bad-Cannstatt, der Heimat des VfB, geboren und aufgewachsen ist. Hier gilt die eherne Regel: Schwaben pfeifen keine Schwaben aus, er isch ja schließlich oiner von ons, sagen sie sich. Gegen Norwegen wären Pfiffe auch ziemlich unangebracht gewesen. Werner zeigte nicht nur wegen seinen beiden Toren, warum er sich nach seinem Weggang vom VfB in Leipzig zu Deutschlands Stürmer Nummer eins entwickelt hat. Er ist trickreich, sauschnell und vor allem mit einem beneidenswerten Tordrang gesegnet. Und, das ist neu: er bekam in Stuttgart schon Szenenapplaus, als er in der eigenen Hälfte nur mit einer astreinen Grätsche Haitam Alleesami den Ball abluchste. Statt Pfiffe riefen die Zuschauer seinen Namen, nach jedem Tor sogar noch lauter und länger. Ein neues Gefühl für Timo Werner, der schon sechs Tore in acht Länderspielen aufweisen kann.

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Sami Khedira

Germany v Norway - FIFA 2018 World Cup Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Bekam bei seiner Einwechslung den lautesten Applaus, bleibt für ewig ein Cannstatter Junge, weil er den VfB 2007 zur Meisterschaft köpfelte. Was kaum einer weiß: Khedira feierte gegen Norwegen eine Premiere, er war nie zuvor in einem Länderspiel in Stuttgart aufgelaufen. War vor dem Spiel als eifrigster Kartenkäufer aufgefallen: Er kaufte auf einen Schlag 1200 Tickets, um benachteiligten und krebskranken Kindern ein Stadionbesuch zu ermöglichen. Nicht nur auf dem Rasen ein Vorbild.

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Leon Goretzka

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Quelle: AFP

War keine fünf Minuten auf dem Rasen, da durfte er sich schon feiern lassen, weil nach seiner Auswechslung schon das fünfte Tor köpfelte. Nach einer feinen Flanke von Julian Draxler. Für Sympathisanten des Schalker Fußballs muss die Szene ziemlich bitter gewesen sein, weil sie sich nicht vorstellen wollen, was mit den beiden großartigen Kickern möglich wäre, wenn Draxler den Verein nicht verlassen hätte. Sogar die Meisterschaft?

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Mario Gomez

2018 World Cup Qualifications - Europe - Germany vs Norway

Quelle: REUTERS

Württemberger, ein echter Oberschwabe, er war gegen Norwegen der sechste Spieler, der beim VfB in der Jugend spielte. Kam für Timo Werner ins Spiel und eiferte ihm einfach nach: Gomez schoss das 6:0, mit einem herrlichen Flugkopfball.

© SZ.de/ska
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