DFB-Elf in der Einzelkritik:Sami Khedira bedroht nur die Eckfahne

Der Mittelfeldspieler hätte zwei Stunden später sicher noch getroffen. Und Jérôme Boateng zeigt mit Robert Lewandowski kein Erbarmen. Die DFB-Elf in der Einzelkritik.

Von Philipp Selldorf, Saint-Denis

Manuel Neuer

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(Foto: AP)

Hätte während der ersten Halbzeit außer seinen Handschuhen auch einen Satz Ohropax ("Luxus für die Ohren") gebrauchen können - die polnische Fankurve in seinem Rücken machte gewaltigen Krach. In seinem Hauptgeschäft wenig gefordert. Aber ständig unter Spannung gesetzt.

Benedikt Höwedes

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(Foto: AFP)

Schien von den Kollegen anfangs vergessen zu werden. Einer der 1000 Präzisionspässe von Toni Kroos holte ihn aus der Einsamkeit hervor. Verpasste es, sich gleich unvergesslich zu machen - vergab aus guter Position die Chance zum finalen Zuspiel. In den produktiven Teil des deutschen Spiels weiterhin wenig einbezogen, defensiv aber wirkungsvoll, auch im Duell mit seinem gefährlichen Gegenspieler Grosicki.

Jérôme Boateng

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(Foto: AP)

Beim Spiel gegen die Ukraine störten seine neuen Schuhe das Ballgefühl. Die Folge: Diagonalpässe, die Richtung Nordsee flogen. Diesmal offenbar mit passender Ausrüstung. Seine langen Zuspiele auf den linken Flügel fanden so exakt ans Ziel, als ob die neuen Schuhe eine Fernsteuerung enthielten. Bei der Riesenchance für Milik (47.) fehlten aber die entscheidenden zehn Zentimeter zur erfolgreichen Kopfballabwehr. Ansonsten groß und mächtig und ohne Makel. Gnadenlos im Zweikampf, auch mit dem Klubkameraden Lewandowski hatte er kein Erbarmen.

Mats Hummels

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Kam etwas schwerfällig ins Spiel, nicht restlos koordiniert in den Operationen zur Vorwärtsverteidigung. Sammelte sich aber nach einer Weile und begann, sich um den Erhalt der defensiven Null verdient zu machen. Szenenapplaus von Kroos, als er einen Schuss von Milik entschärfte (das heißt schon was). Starke Momente in etlichen Bodenkämpfen und Tacklings.

Jonas Hector

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Erfreute sich, wenn er mit nach vorn ging, erstaunlich vieler Freiheiten. Als Anspielstation so oft verfügbar, dass der Verdacht aufkam, die Polen ließen Hector mit subversiver Absicht frei stehen, weil sie ihn als Schwachpunkt ausgemacht hätten. Nicht ganz zu Unrecht.

Toni Kroos

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Die Polen machten es ihm schwer, das Spiel aus dem Zentrum mit seinen Pässen zu lenken und zu beherrschen. Der Wert seiner gestalterischen Arbeit war dadurch nicht geringer. Nahm das vom Gegner aufgezwungene höhere Tempo an und brachte die meisten Pässe trotzdem zu den Mitspielern. Dass diese nicht immer seinen Ideen Folge leisteten, schien Kroos gelegentlich zu ärgern - da ist er von Real Madrid anderes gewohnt. In der zweiten Hälfte schien er etwas müde zu werden. Nahm sich etwas zurück.

Sami Khedira

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(Foto: Getty Images)

Die gelbe Karte, die er nach knapp drei Minuten für ein taktisches Foul im Mittelfeld zu sehen bekam, zeigte den Schwerpunkt seiner Arbeit an. Als Aufpasser und Beschützer in der Deckung gefordert und wertvoll fürs große Ganze. Fand auch Zeit für den Aufbau der Offensive und für diverse Fernschüsse, die zunächst aber eher die Eckfahne bedrohten als Torhüter Fabianski. Näherte sich mit jedem Versuch Meter für Meter dem Zielobjekt. Wäre die Partie um zwei Stunden verlängert worden, hätte er bestimmt getroffen.

Thomas Müller

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(Foto: REUTERS)

Betrat mit einem Lächeln die grüne Bühne, recht so. Fußball soll ja allen Spaß machen. Aber so viel Spaß hatte Müller dann gar nicht. Er bewegte sich viel und oft auch in den richtigen Räumen, er eroberte Bälle, ergriff die Initiative und war eifrig wie kein Zweiter. Aber die wesentlichen Dinge wollten ihm nicht gelingen.

Mesut Özil

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(Foto: AFP)

Erwarb nach einer knappen halben Stunde eine Gelbe Karte für ein Defensivfoul an Krychowiak. Das war zwar eine übertriebene Strafe für ein eher geringes Vergehen, aber trotzdem bemerkenswert, denn dadurch wurden die Zuschauer daran erinnert, dass er noch mitspielte. Stand wieder im Schatten seiner selbst, obwohl diesmal genug Platz zur Entfaltung geboten war. Defensiv immerhin um mehr Pflichterfüllung bemüht. Scheint aber über gute Kondition zu verfügen: Wie gegen die Ukraine steigerte er sich in der zweiten Hälfte deutlich und überraschte die Welt sogar mit einem Gewaltschuss.

Julian Draxler

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(Foto: AFP)

Startete mit großem Schwung und mit markanten Szenen. Dieses hohe Niveau konnte er aber nicht halten. Keine befriedigende, aber auch keine bloß ausreichende Leistung. Liebt den Ball, sollte sich gelegentlich trotzdem früher von ihm trennen. Auch er leistete im Vergleich mit dem Ukraine-Spiel bessere Abwehrarbeit. Was Jogi Löws Chefberater Urs Siegenthaler einst über Shkodran Mustafi sagte ("er hat einen wunderschönen Kopfball") gilt übrigens auch für Draxler.

Mario Götze

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(Foto: AP)

Nach einer Stunde kamen aus der deutschen Fankurve Mario-Gomez-Rufe - das hatte es seit seiner Zeit als Torfabrik des VfB Stuttgart nicht mehr gegeben. Für Gomez waren diese Rufe ein Kompliment, für Götze eher nicht. Kurz zuvor war diesem auf dem Flügel ein weiteres Dribbling missglückt. Auch in den kleinen Räumen zeigt Götze wenig Wirkung, womit er seine Bestimmung als falsche Neun weitgehend verfehlte. Vergab nach der Pause freistehend die beste deutsche Chance. Schritt nach 66 Minuten kopfschüttelnd zur Auswechslung. Für ihn kam aber nicht Mario Gomez, sondern ...

André Schürrle

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(Foto: AFP)

... Löws Joker. Brauchte wie üblich keine Zeit zur Eingewöhnung. Rannte viel und schnell, das Denken blieb dabei aber öfter auf der Strecke.

Mario Gomez

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(Foto: AFP)

Mit großem Beifall begrüßt.

Lukas Podolski

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(Foto: dpa)

Jubelte mit zwei geballten Fäusten leidenschaftlich über sein tolles Tor - allerdings lediglich während des Einschießens. Zeigte sich bereit für den 129. Länderspieleinsatz, wurde aber vom Bundestrainer einstweilen geschont.

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