DFB-Elf in der Einzelkritik:Salto zum Gruß an Ronaldo

Miroslav Klose erfüllt seinen Job als Joker und stellt einen Rekord ein, Mario Götze gelingt ein Nasen-Knie-Treffer und Philipp Lahm widerfährt ein seltenes Missgeschick. Die deutsche Elf beim 2:2 gegen Ghana in der Einzelkritik.

Von Thomas Hummel, Fortaleza

1 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Manuel Neuer

491922365

Quelle: AFP

Miroslav Klose erfüllt seinen Job als Joker und stellt einen Rekord ein, Mario Götze gelingt ein Nasen-Knie-Treffer und Philipp Lahm widerfährt ein seltenes Missgeschick. Die deutsche Elf beim 2:2 gegen Ghana in der Einzelkritik.

Manuel Neuer: Hatte schon einige lustige Aktionen in Brasilien zu bieten: Ein Fangesang-Video für Bayern-Mitspieler Dante, einmal lernte er eine Art Tanz. Das Lausbubenhafte des Torwarts kommt bei der WM wieder mal zum Vorschein. Andererseits ein Garant für Konzentration und Können gerade in wichtigen Spielen. Ob die Partie gegen Ghana eine wichtige war? Musste jedenfalls öfter eingreifen als gegen Portugal. Hielt seine Fäuste in einen Donnerschlag-Schuss von Muntari und bewies damit auch, dass die Schulter vollkommen in Ordnung ist. Den Knall hätte keine lädierte Schulter überstanden. Flog kurz vor der Pause allerdings wie einst Toni Schumacher im WM-Finale 1986 unter einer Flanke hindurch, der Fehlflug blieb aber ungeahndet. Musste dann zwei Bälle passieren lassen, die er nicht halten konnte. Das Lausbubenhafte war da weit, weit weg - und kam erst bei seinem Zirkusmanöver kurz vor Schluss wieder zum Vorschein, als er sich den Ball per Abwurf-Bogenlampe selbst zum Abschlag vorlegte. Abgesehen davon ein sehr sicherer Rückhalt.

2 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Jérôme Boateng

Ghana's Kevin-Prince Boateng kicks the ball beside his half-brother, Germany's Jerome Boateng, during their 2014 World Cup Group G soccer match at the Castelao arena in Fortaleza

Quelle: REUTERS

Jérôme Boateng: Bemerkte vor der Partie, dass sein Halbbruder Kevin-Prince unter der deutschen Anhängern wenig Freunde hat. Als jener auf der Anzeigetafel erschien, hallte ein ordentliches Buhen und Pfeifen durch das Estádio Plácido Aderaldo Castelo. Prince hatte sich unbeliebt gemacht mit despektierlichen Äußerungen zur DFB-Elf. Jérôme musste dann einige Male in direkte Zweikämpfe gegen den Halbbruder, wobei der Eindruck aufkam, der ältere (Prince) hätte mehr Respekt vor dem jüngeren (Jérôme) als umgekehrt. Stand recht sicher auf seiner Seite, spielt hin und wieder schöne weite Pässe heraus. Musste aber zur Halbzeit mit muskulären Problemen raus.

3 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Per Mertesacker

491922365

Quelle: AFP

Per Mertesacker: Die Deutschen boten Anfangs ein echtes Mertesacker-Spiel. Kurzpass hier, Sicherheitspass dort. Der Verteidiger hat die Fähigkeit, immer und überall die Sicherheitsvariante zu finden und zu wählen. Das gefiel den Event-Zuschauer natürlich gar nicht und sie begannen die Mertesacker-Deutschen bald auszupfeifen. Einmal lachten sie aber auch, als Mertesacker in ein Laufduell mit Asamoah Gyan musste und dabei aussah wie ein Schwerlaster. Wurde auch nach der Pause kein anderer und musste den Ferrari-roten Gyan auch beim 1:2 entkommen lassen. Wenn der Gegner so dynamisch kontert, dann sieht Mertesacker nie gut aus. Absolvierte in Fortaleza sein 100. Länderspiel und musste demnach nach dem Spiel eine Ansprache halten. Ob er noch die Kraft dafür hatte?

4 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Mats Hummels

World Cup 2014 - Germany vs Ghana

Quelle: dpa

Mats Hummels: Erhielt von den deutschen Fans im Stadion den zweitlautesten Applaus während der Verlesung der Aufstellung. Eigentlich hatte nach seiner Muskelverletzung niemand mit dem Dortmunder gerechnet, doch die medizinische Abteilung machte es möglich. Die Fans waren froh, gilt Mats Hummels doch als derzeit Garant für starkes Abwehrspiel. Musste schon bald die Widerstandsfähigkeit seiner Oberschenkel-Muskulatur prüfen - sie hielt. Gewann die meisten Zweikämpfe und sah auch in Laufduellen nicht ganz so schwerfällig aus wie Kollege Mertesacker. Musste mehrfach im letzten Moment eingreifen.

5 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Benedikt Höwedes

491922365

Quelle: AFP

Benedikt Höwedes: Die Variante Höwedes als Linksverteidiger wurde nach dem Portugal-Spiel allseits bejubelt. Nun machten sich auch gewisse Schwächen dieser Variante bemerkbar. Der quirlige und schnelle Christian Atsu bereitete dem großen Höwedes einige Schwierigkeiten auf seiner Seite. Die Ghanaer hatten wohl darin ein sogenanntes Missmatch erkannt, und schickten Atsu immer wieder ins Duell mit dem Schalker. Nach vorne geht bei Höwedes auf dieser Position ohnehin nichts, weil er mit links bei einer Flanke vermutlich nicht einmal einen Schwerlaster treffen wurde. Brachte seine Kopfballstärke vor dem lebenswichtigen 2:2 ein.

6 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Sami Khedira

491922365

Quelle: AFP

Sami Khedira: Der Mann fürs Grobe im Mittelfeld. Hat merklich keine Angst mehr nach seinem überstandenen Kreuzbandriss, in die Zweikämpfe zu gehen. Das war gegen die robusten Ghanaer auch sehr nötig, nur so konnten die Deutschen das Spiel halbwegs kontrollieren. "Wir sind nullkommanull überheblich", hatte er vor dem Spiel versichert. Zumindest auf ihn traf das einwandfrei zu. Seine Wirkung blieb diesmal aber äußerst bescheiden. Seine gefürchteten Sprints in den freien Raum blieben fast aus, entweder fehlte die Kraft oder der Wille. Seine Auswechslung nach mehr als einer Stunde war überfällig.

7 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Philipp Lahm

World Cup 2014 - Germany vs Ghana

Quelle: dpa

Philipp Lahm: Erhielt den Orden der selbsternannten Person nach Gott. José Mourinho erklärt der Welt die WM in zahlreichen Kolumnen, diesmal sagte der Trainer des FC Chelsea: "Ich liebe Philipp Lahm." Der Kapitän versuchte von Beginn an, die Liebe zu erwidern mit einer engagierten Leistung vorne wie hinten. Versuchte sich sogar ein paar Mal am finalen Pass in den Sechzehner, musste aber erkennen, dass dies nicht sein Spezialgebiet ist. Eher schon die Arbeit des kleinen Mannes im Zentrum des Platzes. Die enorm wichtige Arbeit des kleinen Mannes, wohlgemerkt. Leistete sich beim 1:2 durch Gyan allerdings einen seltenen Fauxpas: Schoss einen tödlichen Fehlpass.

8 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Toni Kroos

World Cup 2014 - Germany vs Ghana

Quelle: dpa

Toni Kroos: Die Lager sind ziemlich genau aufgeteilt in Kroos-Verehrer, die seine schlauen Pässe und Dominanz im Zentrum des Feldes schätzen. Und Kroos-Verachter, die meinen, wenn es drauf ankommt, dann ist nichts mehr zu sehen von den Pässen und der Dominanz. Das Spiel gegen Ghana dürfte die Debatte nicht beenden. Machte sich verdient um die Vermessung des Spielfelds mit schönen Diagonalpässen, Gefahr für das gegnerische Tor entfachte das aber ebenso wenig wie seine Schussversuche aus der zweiten Reihe.

9 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Mesut Özil

World Cup 2014 - Group G - Germany vs Ghana

Quelle: dpa

Mesut Özil: Dies war kein Spiel für den Fußballkünstler aus Gelsenkirchen. Es war heiß, es war anstrengend und der Gegner ging mächtig in den Infight. Was bringt es da einem Leichtgewicht, wenn er noch so schön den Ball streicheln kann? Das Bemühen war zu erkennen, doch wenn es in die Zweikämpfe ging, wirkte er so angsteinflößend wie eine Stubenfliege. Zwischendurch blitzte aber auch sein Ausnahmetalent immer wieder auf, und als er merkte, dass er nicht mehr ausgewechselt werden konnte, kam der wunderbare Fußballer Mesut Özil zum Vorschein. Wirkte aber insgesamt überhitzt und schlapp, was auch dem phyischen Spiel geschuldet war. Zum Schluss musste man Angst haben, er benötige eine Trage, um nach dem Abpfiff in die Kabine zu gelangen.

10 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Thomas Müller

Germany's Mueller reacts after failing to score a goal during their 2014 World Cup Group G soccer match against Ghana at the Castelao arena in Fortaleza

Quelle: REUTERS

Thomas Müller: Erhielt den lautesten Applaus der deutschen Fans vor Spielbeginn. Wurde schon Stunden vorher rund um Fortaleza von Menschen in weißen Trikots zum "Fußballgott" ausgerufen. Was ein Spiel mit drei Toren alles bewirken kann. Zwinkerte bei der Hymne in die Kamera, macht halt immer den Eindruck, als würde gerade der TSV Pähl gegen den TSV Weilheim spielen. Die Leute hofften, dass er auch diesmal die Leerstelle im deutschen Angriff wegmüllern würde, doch das gestaltete sich wesentlich schwieriger als gegen Portugal. Erhielt viel weniger Raum, den er hätte finden können. Doch selbst wenn es schlecht läuft, ein Müller ist immer da. Flanke herrlich für Götze zum 1:0. Hätte nach 84 Minuten auf dem Weg zum Tor die Gerd-Müller-Gedächtnis-Pike auspacken sollen, tat er aber nicht. Beendete das Spiel mit einer heftigen Kopfnuss.

11 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Mario Götze

World Cup 2014 - Group G - Germany vs Ghana

Quelle: dpa

Mario Götze: Geht in die deutsche WM-Geschichte ein als erster Nase-Knie-Torschütze. Kann es damit zwar nicht ganz mit dem Hinterkopf-Torschützen Seeler oder dem Hinterhalt-Torschützen Rahn aufnehmen, dennoch hätte dieses 1:0 von Mario Götze an diesem Tag sehr wichtig sein können. Wäre nicht postwendend der Ausgleich gefallen. Götze hatte sich diesen Treffer am meisten von allen deutschen Offensiven verdient. Hängte sich auch in den unangenehmen Freistößen rein. Zeigte allerdings immer wieder ungeahnte technische Schwächen und wurde vermutlich auch deshalb ausgewechselt.

12 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Shkodran Mustafi

-

Quelle: AP

Shkodran Mustafi: Der Traum geht weiter für den 22-Jährigen. War eigentlich schon aussortiert, und kam nach Boatengs Blessur zu seinem zweiten WM-Einsatz. Diesmal aber geriet er schnell zum Alptraum, denn wer will schon reinkommen und gleich direkt am ersten Gegentreffer beteiligt sein. Verpasste es, mit Andrew Ayew zum Kopfball hoch zu springen, schon stand es 1:1. Erholte sich und bot ein anständiges Spiel.

13 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Miroslav Klose

491922365

Quelle: AFP

Miroslav Klose: Brauchte genau eine Minute, um sich auf eine Stufe mit Ronaldo zu hieven. Verlängerte nach seiner Einwechslung eine Ecke zum lebenswichtigen 2:2 ins Tor. Das war sein 15. WM-Tor, die Einstellung eines Rekords. Hätte zum Schluss fast sein 16. hinterher erzielt, zielte aber aus 14 Metern vorbei.

14 / 14

DFB-Elf in der Einzelkritik:Bastian Schweinsteiger

491922365

Quelle: AFP

Bastian Schweinsteiger: Die deutsche Fußballwelt werde noch erkennen, wie wichtig dieser Bastian Schweinsteiger bei der WM sein würde, hatte Joachim Löw angekündigt. Tatsächlich kam der alte bayerische Ochse genau zur rechten Zeit in dieses verflixte Spiel. Hatte viel mehr Präsenz und Stärke zu bieten als vor ihm Sami Khedira. Es schien, als drehte allein die Körpersprache dieses Schweinsteigers die Partie.

© Süddeutsche.de/ska
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: