DFB-Elf in der Einzelkritik:Pirouetten und Künstlerpausen

Philipp Lahm gibt den großen Routinier im 100. Länderspiel und führt eine Pirouette vor, Miroslav Klose zieht mit Gerd Müller gleich und wirkt wie ein Kandidat für Katar 2022. Thomas Müller gönnt sich schöpferische Auszeiten. Die deutsche Mannschaft beim 3:0 gegen Österreich in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Christof Kneer und Klaus Hoeltzenbein

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Manuel Neuer

Germany v Austria - FIFA 2014 World Cup Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Philipp Lahm gibt den großen Routinier im 100. Länderspiel und führt eine Pirouette vor, Miroslav Klose zieht mit Gerd Müller gleich und wirkt wie ein Kandidat für Katar 2022. Thomas Müller gönnt sich schöpferische Auszeiten. Die deutsche Mannschaft beim 3:0 gegen Österreich in der Einzelkritik.

Manuel Neuer: Spielte gerne einen modernen Libero, durfte das auch immer wieder. Sah sich manchmal aber auch total altmodischen Weitschüssen gegenüber. Ist eigentlich unter seiner Würde, aber er wollte mal nicht so sein. Er hielt sie trotzdem.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Philipp Lahm

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Quelle: AFP

Philipp Lahm: Begann sein 100. Länderspiel zur Feier des Tages mit einer Pirouette. Gegenspieler Ivanschitz hatte offenbar nicht begriffen, dass er Spalier zu stehen hatte und haute ihn um. Lahm lieferte Pep Guardiola, dem Vorsitzenden des Lahm-Fanklubs, gleich ein paar Gründe zu schwärmen: Zeigte auch auf engstem Raum eine bestechende Ruhe am Ball. Dass er in der 26. Minute von Fuchs überlaufen wurde, sollte man aus der Jubiläums-DVD lieber herausschneiden, den Rest des Spiels kann man aber weitgehend drauflassen. Spielte wie ein Routinier in seinem zirka 100. Länderspiel.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Per Mertesacker

Deutschland - Österreich

Quelle: dpa

Per Mertesacker: Seit er beim letzten Länderspiel gegen Paraguay leistungshalber ausgewechselt wurde, ist viel passiert: Er wurde von Arsene Wenger beim FC Arsenal zum Kapitän befördert. Wurde dadurch derart beflügelt, dass er anfangs jeden Ball mit der Brust stoppte. Erfand den Libero wieder. Oft weit hinter der Abwehr.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Jérôme Boateng

Germany v Austria - FIFA 2014 World Cup Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Jérôme Boateng: Wurde vor einem halben Jahr allgemein als Unsicherheitsfaktor begriffen, hat die Vorsilbe "Unsicherheits-" inzwischen weitgehend abgelegt. Ist inzwischen ein Faktor, bei Löw und beim FC Bayern. Spielte diesmal auf der linken Innenseite, da spielt er sonst nie, weil dort ansonsten - je nach Mannschaft - Hummels, Badstuber oder Dante stehen. Vielleicht lag es daran, dass seine Bälle im Aufbauspiel eine gewisse Streuung hatten und sein Navigationssystem ihn manchmal in falsche Räume schickte.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Marcel Schmelzer

Schmelzer geht mithilfe von Reus durch die Krise

Quelle: dapd

Marcel Schmelzer: Die erste schwere Aufgabe wurde ihm von Boateng gestellt, der ihn so schlampig anspielte, dass man das fast für einen Ausdruck der Rivalität zwischen Bayern und Dortmundern gehalten hätte. War aber nicht so gemeint. Boateng entschuldigte sich glaubhaft. Als Schmelzer in der Halbzeit ausgewechselt werden musste, zeigte sich wieder, auf welcher Position Löws Kaderreichtum an seiner Grenzen stößt: hinten links. Für Schmelzer kam der Innenverteidiger Höwedes, der in der Not Rechtsverteidiger spielen kann. Linksverteidiger nur in der größten Not.

(Archivbild)

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Sami Khedira

Germany v Austria - FIFA 2014 World Cup Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Sami Khedira: Von Löw vor dem Spiel mit sämtlichen Befugnissen ausgestattet (Stichwort: Gegentor-Debatte). Seine erste auffällige Aktion zielte allerdings darauf, den Österreichern ein Gegentor zuzufügen: Sein Schrägschuss (10.) strich knapp am Tor vorbei. Stand in der Pflicht, weil er unter der Woche die Offensivspieler zu mehr defensiver Sorgfalt ermahnt hatte. Erfüllte diese Pflicht mit Seriösität, Wucht und Dynamik. Gäbe es nicht diesen unumstrittenen 100-Länderspiele-Jubilar aus München, man könnte auch Khedira die Kapitänsbinde an den Oberarm kleben. 26-Jährige Vaterfigur. Trat nach der Pause einen erheblichen Teil seiner Präsenz an Nebenmann Toni Kroos ab.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Toni Kroos

Germany's Klose and Kroos celebrate during their 2014 World Cup qualifying soccer match against Austria in Munich

Quelle: REUTERS

Toni Kroos: All jene, die Kroos' Defensivmentalität anzweifeln (ca. 80 Millionen Deutsche minus Löw), galt es nach 12 Minuten eine Balleroberung zu Protokoll zu nehmen. Wer Kroos bisher nicht kannte, konnte ihn nach der Pause kompakt in sechs Minuten kennenlernen: Er fehlte hinten ein-, zweimal, als die Österreicher angriffen, schoss dann aber auf der anderen Seite ein traumhaftes Tor. Als Anspielstation extrem wichtig, als Ballverteiler die zentrale Figur. Ob die Kombination Khedira/Kroos höchsten Kompaktheitsansprüchen genügt (Stichwort: Gegentor-Debatte), muss sich in anderen Spielen erweisen, z.B. beim WM-Halbfinale 2014 gegen Italien.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Thomas Müller

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Quelle: AFP

Thomas Müller: Der rätselhafteste Spieler der Weltgeschichte gibt schon wieder ein neues Rätsel auf: Während andere Profis im Sommer auf der faulen Haut liegen, hat sich Müller irgendwo eine neue Technik, wenn nicht gar einen neuen rechten Fuß besorgt. Kann neuerdings Flanken chippen (Fachbegriff für: schlenzen), deren rätselhafte Flugbahn Abwehrspieler zur Verzweiflung bringt. Leitete so Mandzukics Tor in Frankfurt ein; diesmal leitete er Kloses Tor ein. Neue Waffe im Spiel. Machte immer mal ein Künstlerpäuschen. Dachte vielleicht darüber nach, welche neue Technik er in der Winterpause lernen will. Das hindert einen wie ihn natürlich überhaupt nicht daran, das 3:0 zu erzielen.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Mesut Özil

Deutschland - Österreich

Quelle: dpa

Mesut Özil: Gar nicht so leicht, ein Spiel zu bestreiten, wenn man es seit ein paar Tagen schriftlich hat, dass man 50 Millionen wert ist. Der teuerste Spieler der deutschen Fußballgeschichte begann mit einem Fehlpass auf Reus, der nur lächerliche 17 Millionen gekostet hat. Ließ immer wieder seine Veranlagung aufblitzen, nahm sich zwischendurch auch immer wieder mal ein Päuschen - vermutlich, um nachzurechen, wie viele Nullen 50 Millionen haben (50 000 000). Kopfrechnen stark!

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Marco Reus

Germany v Austria - FIFA 2014 World Cup Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Marco Reus: Leidet mitunter ein wenig unter dem Hochbegabten-Syndrom. Kann alles, zeigt einiges, aber manchmal das Falsche. Stellvertretend war das in der 28. Minute zu sehen, als er frei vor dem Tor - mal wieder - chippte (Fachbegriff für: schlenzte) statt trocken abzuschließen. Verkörpert Faszination und Dilemma dieser Elf: Feine Füße, nicht immer zielgerichtet. Gerd Müller dürfte sich auf der Tribüne gewundert haben, wie viele Chancen man vergeben kann. Drängte sich mit zunehmender Spieldauer für eine Auswechslung auf.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Miroslav Klose

Deutschland - Österreich

Quelle: dpa

Miroslav Klose: Ihm fühlt sich Gerd Müller definitiv näher. Nach 12 Minuten durfte Müller noch aufatmen, Klose scheiterte beim ersten Versuch, Müllers Länderspiel-Torrekord (68) einzustellen. Wobei: Müller sagt ja, er tät's ihm gönnen. Und Klose sagt ja, man könne ihn eh' nicht dem Bomber vergleichen. Müller gönnt es Klose, nicht aber Torwart Almer, der Kloses Kopfball (30.) über die Latte boxte. Drei Minuten später war Almer machtlos: Klose, 35, spritzte in Müllers Flanke, als sei er gerade erst der U21 entwachsen. Unser Mann für die WM 2022, unser Mann für Katar!

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Einwechselspieler: Benedikt Höwedes

Germany's Klose, Kroos and Hoewedes celebrate during their 2014 World Cup qualifying soccer match against Austria in Munich

Quelle: REUTERS

Benedikt Höwedes (re.), Sven Bender, Julian Draxler: Wurden eingewechselt, die ehrenvollste Aufgabe kam Bender zu, der den Rekord-Klose ersetzte. Kam vor allem, damit das Spiel nicht kippt wie gegen Schweden (4:4). Aber: Österreich hat keinen Ibrahimovic.

© SZ/ska
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