DFB-Elf in der Einzelkritik:Müller gerät aus dem Takt

Thomas Müller tänzelt erfolglos durch die polnische Defensive, Christoph Kramer meditiert sich fit und André Schürrle sollte demnächst Nachhilfe bei Klubtrainer José Mourinho nehmen. Die DFB-Elf beim 0:2 gegen Polen in der Einzelkritik.

Von Thomas Hummel, Warschau

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Manuel Neuer

Thomas Müller tänzelt erfolglos durch die polnische Defensive, Christoph Kramer meditiert sich fit und André Schürrle sollte demnächst Nachhilfe bei Klubtrainer Mourinho nehmen. Die DFB-Elf beim 0:2 gegen Polen in der Einzelkritik.

Regte sich furchtbar auf nach dem 1:0 der Polen, schwang zornig die Arme in die Höhe. Vielleicht ärgerte sich der beste Torwart der Welt auch über sich selbst, besonders feinsinnig sah das nicht aus, wie Neuer hinter dem Torschützen Milik ins Leere gesprungen war. Hatte als neuer Kapitän vorher angekündigt, "generell gerne Verantwortung" übernehmen zu wollen. Musste aber nun aus weiter Ferne zusehen, wie die Mitspieler sich (erfolglos) um die Wende bemühten. Der Wundertorwart aus Brasilien musste gar noch einen Ball durchlassen. Das Warschauer Nationalstadion ist und bleibt seit der EM 2012 kein gutes Feld für die Deutschen. Das konnte auch der neue Kapitän nicht verhindern.

Polen - Deutschland

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Antonio Rüdiger

Verließ den Platz zur Halbzeit mit zwei Hüpfern auf den rechten Bein, Fußballer sind eben abergläubisch. Hatte zuvor einen ordentlichen Rechtsverteidiger gespielt, das Hüpfen hatte sich also gelohnt. Hielt seine Seite dicht, erhielt dafür im Spiel nach vorne bald einen Rüffel von Bundestrainer Joachim Löw, weil er zweimal aus dem Halbfeld den Ball in den polnischen Strafraum geflankt hatte. Es gibt eben Dinge, die Stuttgart erlaubt sind, in der Nationalmannschaft nicht. War unbeteiligt am ersten Gegentor.

Polen - Deutschland

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Mats Hummels

Kaum von seiner Verletzung genesen, soll er nicht nur die Krise in Dortmund beheben, sondern auch den Weltmeister stabilisieren. Tat das mit Wonne und Geschick, auch wenn sein selbstbewusstes Spiel ab und zu einen Fehler verursacht. Brockte mittels Ballverlust Kollege Boateng eine gelbe Karte ein, gab ansonsten den Helfer in vielen Nöten - vor allem bei seinem Dortmunder Kollegen Durm. Verlor beim 0:1 wie Boateng den Torschützen Milik aus den Augen. War hinter Bellarabi der zweigefährlichste Angreifer, vergab mehrere gute Chancen nach Standardsituationen.

Poland vs Germany

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Jérôme Boateng

Gilt vor allem in München seit dem WM-Finale als bester Innenverteidiger der Welt. Das dachten vielleicht auch die Polen - und nahmen Boateng einfach aus dem Spiel. Kein Angriff führte an ihm vorbei, den Spielaufbau übernahm meist Hummels. Da gab es wenig zu tun für Boateng. Bewies Opferbereitschaft, als er sich nach einem Fehler von Hummels die gelbe Karte abholte. Muss sich zusammen mit dem Dortmunder den Vorwurf gefallen lassen, dass Milik beim 0:1 ungestört köpfeln konnte.

Poland vs Germany

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Erik Durm

Die Polen hatten ihn offenkundig als Schwachstelle ausgemacht. Kurz nach dem Anpfiff zwangen zwei Polen den Dortmunder in einen ungemütlichen Dreikampf. Auch danach bearbeiteten die Polen mit Vorliebe Durms Abwehrseite, Kollege Hummels musste fleißig assistieren. Das 1:0 der Polen fiel zwar ebenfalls nach einer Flanke von rechts, aber da war Durm machtlos und von den Mitspielern verlassen. Steigerte sich insgesamt. Verstand sich allerdings mit Schürrle auf der Seite nicht und konnte so kaum Impulse nach vorne geben. Erhielt beim 0:2 von Lewandowski eine Lektion in körperlicher Durchsetzungskraft.

Polen - Deutschland

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Christoph Kramer

Gestand zuletzt, er rede sich derzeit vor den Spielen ein, wie unglaublich fit er sei, Nach-WM-Müdigkeit und Dauerstrapazen im Klub zum Trotz. Hatte das in Warschau meditativ wieder gut hingekriegt, wirkte unglaublich fit. Hatte sich zudem eingeredet, stark am Ball zu sein, die Mitspieler gut einzusetzen und wenn nötig neymarartig vier Gegenspieler auszutanzen. Bester deutscher Mittelfeldspieler in der ersten Hälfte. Lewandowski strafte ihn mit einem Tritt in den Rücken. Ließ danach merklich nach, wurde vom Bundestrainer nach 71 Minuten ausgewechselt.

Poland v Germany - EURO 2016 Qualifier

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Toni Kroos

Hatte zuletzt erfahren, dass er der erste und sehr wahrscheinlich auch letzte Fußball-Weltmeister ist, der in der DDR geboren wurde. Aus Greifswald hat es der 24-Jährige inzwischen bis in den Fußballzirkus nach Madrid geschafft. In Polen sollte er das deutsche Spiel anleiten, er musste jedoch die leitende Stelle an Kollege Kramer abgeben. Was ihn nicht davon abhielt, mit Ballkontrolle und perfekten Pässen die deutsche Überlegenheit zu festigen. Musste nach Rückstand zunehmend die Chefrolle einnehmen, weil Kramer abbaute. Versuchte das mit königlicher Eleganz. Eine Idee, wie man den polnischen Abwehrblock überwinden könnte, blieb er allerdings schuldig.

Poland v Germany - EURO 2016 Qualifier

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Karim Bellarabi

Im vergangenen Mai als Leihspieler mit Eintracht Braunschweig abgestiegen. Im Juni wollte ihn Leverkusen wieder wegschicken. Im Oktober ist Karim Bellarabi Nationalspieler. In der Nationalmannschaft sind derzeit wahre Turbo-Karrieren möglich. Der 24-Jährige stand überraschend in der Startelf - und wurde von Herrn Wawrzyniak gleich mit einem herzhaften Tritt in die Achillesferse begrüßt. Schien danach nervös zu werden, legte das aber in der Schlussphase der ersten Hälfte eindrucksvoll ab. Zog plötzlich das Tempo an, trieb den Ball und die Angriffe entschlossen nach vorne und hatte drei herrliche Möglichkeiten zu einem Tor. Obwohl er alle vergab, jagte er den Polen mächtig Angst ein. Wirkte weiterhin voller Tatendrang und Einsatzkraft, konnte seine Aktionen aber selten wie gewollt zu Ende bringen. Dennoch ein starkes Debüt.

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Mario Götze

Konnte in Warschau überraschenderweise seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen. Ist ja bekennender Sonnenanbeter und in Polen scheint derzeit eine herrliche Herbstsonne. Abends im Nationalstadion wirkte er ausgeruht wie nach einem Urlaub. Führte das deutsche Pressing an, bemühte sich um die Schaltstelle kurz vor dem Strafraum. Weil ihm zunächst wenig gelang, stockte das deutsche Spiel, doch das Bemühen und die Ansätze konnte ihm niemand absprechen. Leitete am Ende der ersten Halbzeit einige gute deutsche Angriffe ein. Versuchte es nach dem Rückstand weiterhin mit seinem kleinteiligen Spiel, blieb aber zumeist hängen - was dem deutschen Spiel nicht bekam.

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André Schürrle

Sein Trainer José Mourinho war zuletzt wieder einmal mit einer körperlichen Auseinandersetzung am Spielfeldrand aufgefallen. André Schürrle zeigte zunächst, dass Mourinho ihm diese Fähigkeit noch nicht beigebracht hat. Konnte sich kaum durchsetzen, weder körperlich noch mit Witz und Technik. Fehlte dem deutschen Angriffsspiel als Anspielstation. Erst, als er auch einmal die linke Außenbahn verließ, nahm er nennenswert am Spiel teil - und passte gleich wunderbar in den Lauf von Müller, der vergab. Mit seiner aktiven Teilnahme nahm das deutsche Spiel mächtig an Fahrt auf. Ließ seine Geschwindigkeit in der Kabine liegen, hatte nach der Pause überhaupt keine guten Aktionen mehr und wurde zurecht ausgewechselt.

Thomas Müller, Deutsche Nationalmannschaft, Fußball-EM

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Thomas Müller

Versuchte es zweimal mit einer Sache, die er eigentlich gar nicht kann: Fernschüsse. Wobei Müller schon andere Kritiker widerlegte, womöglich haut er demnächst den Ball aus 40 Metern in den Winkel. Wirkte in seiner Rolle als Mittelstürmer häufig verloren. Spielte einmal einen schönen Pass auf Mitspieler Lewandowski. Merkte dann, dass der Stürmer diesmal bei den anderen kickte. Versuchte es immer mal wieder mit exotischen Müller-Ideen. Hatte aber völlig recht, als er vor dem Spiel gesagt hatte: "Polen ist kein Gegner, den man lockerleicht im Dreivierteltakt austanzt." Letzteren hatte Müller an diesem Abend nicht drauf.

Fußball-Nationalmannschaft - Training

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Julian Draxler

Kam nach 71 Minuten. Spielte irgendwas zwischen offensivem und defensivem Mittelfeld. Sollte irgendwie dazu beitragen, ein Tor zu produzieren. Konnte den Auftrag nicht erfüllen.

Polen - Deutschland

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Lukas Podolski

Der Herzenspole betrat nach 76 Minuten das Spielfeld, berührte zweimal den Ball, jagte seinen Geburtsland-Kollegen einen großen Schrecken ein: Seine Volleyabnahme knallte gegen die Latte. Unterließ danach weitere Torschussversuche, vermutlich aus Nachsicht gegenüber den Polen.

Fußball-Nationalmannschaft - Training

Quelle: dpa

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Max Kruse

Galt als einziger Stürmer im Kader. Kam spät rein, bezeugte das 0:2.

© Süddeutsche.de/mane/jkn
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