DFB-Elf in der Einzelkritik:Ein Fiesta-Spiel für Goretzka

Der Schalker traumatisiert die Mexikaner mit zwei schnellen Toren, Julian Draxler zeigt mehr Tunnel-Versuche als El Chapo. Die DFB-Elf im Halbfinale des Confed Cups in der Einzelkritik.

Von Martin Schneider, Sotschi

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Marc-André ter Stegen

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Quelle: AFP

Würde in Mexiko Marco Andrés del Estegueño heißen und hätte dank seiner Feld-Ausflüge längst den Spitznamen "El Loco". Stünde dort in der Tradition des Torhüters Jorge Campos, ein Typ, der seine eigenen (seeeehr bunten) Torwarttrikots designte und manchmal auch als Stürmer auflief. Ter Stegen lief in einem seeeehr schwarzen Torwarttrikot auf und hielt in manchen Szenen gut, in anderen sehr gut. Guckte dem Kopfball von Raul Jimenez hinterher, als der an die Latte klatschte. Da wäre er machtlos gewesen. Beim Schuss von Marco Fabian zum 1:3 war ihm die Sicht versperrt. Zeigte in seinem ganzen Auftreten erneut, dass er nicht der Typ für psychedelische Bekleidung ist, aber sehr wohl der Typ, der zurecht Nummer eins bei diesem Turnier ist.

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Jonas Hector

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Quelle: AFP

In der Nationalmannschaft ein Dauerhit wie "La Cucaracha". Flitzte flink wie eine Küchenschabe die Außenbahn entlang, hatte mit Matthias Ginter den weniger risikofreudigeren Partner auf der Seite als Bejamin Henrichs mit Joshua Kimmich und war darum nicht immer im Zentrum der Action. Spielte so cool, als kaue er Kautabak und legte Timo Werner das 3:0 auf. Reagierte auch abgebrüht, als er einen Ball auf leichtsinnige Weise in der 80. Minute in die Mitte klärte und ein Mexikaner nur noch schießen musste. Hob einfach zur Entschuldigung die Hand. War ja nix passiert.

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Antonio Rüdiger

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Quelle: AFP

Organisierte als Chef den Verschiebe-Bahnhof, den Löw sich als Abwehrkette ausgedacht hatte. Mal standen sie zu dritt hinten, mal zu viert, meist zu fünft. Wollte auch noch Rudy und Goretzka koordinieren und hatte damit schon fast eine Kafka'sche Aufgabe vor sich. Behielt die Übersicht, ohne zum Käfer zu werden. Musste, weil Deutschland nach den zwei frühen Toren kaum Ballbesitz hatte, nicht auch noch den Spielaufbau organisieren. Das wäre dann wirklich zu viel gewesen.

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Matthias Ginter

Deutschland - Mexiko

Quelle: dpa

Profitierte enorm davon, dass Rüdiger diesen Verschiebe-Bahnhof organisierte. Seine größte Stärke ist immer noch das taktische Verständnis und wenn ein System um ihn herum funktioniert, dann wird Matthias Ginter das System nicht lahmlegen. Machte sein bestes Spiel beim Confed Cup und gewann an Sicherheit. Darf es als Vertrauensbeweis werten, dass Löw ihm den Vorzug vor Niklas Süle gab.

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Joshua Kimmich

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Quelle: AP

Wurde von Joachim Guardiola wieder zum Innenverteidiger gemacht. Diesmal nicht wie einst in der Champions League gegen Juventus Turin mit David Alaba als einsamem Gefährten, sondern mit fünf Freunden um ihn herum. Konnte seinen Drang nach vorne (er war in den letzten zwölf Länderspielen an zehn Toren beteiligt) nicht unterdrücken, machte den ein oder anderen Lauf, bei dem Lucio am Fernseher anerkennend genickt hätte. Wurde ihm einmal fast zum Verhängnis, als er kurz nach der Pause aus offensiver Position einen haarsträubenden Pass zurück spielen wollte. Hat nun allein bei diesem Turnier Rechtsverteidiger, rechtes Mittelfeld und Innenverteidiger gespielt. Darf sich weiter "El Jefecito" (kleiner Chef) nennen.

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Benjamin Henrichs

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Quelle: AFP

Sein Auftauchen in der Startelf war so überraschend wie Schnee in Acapulco. Eine Ankündigung von Donald Trump, 15 Brücken über den Rio Grande zu bauen, wäre höchstens ein bisschen weniger sensationell gewesen. Dynamisch in seinen Antritten nach vorne, sicher in seiner Arbeit nach hinten. Bereitete das 1:0 von Leon Goretzka mit einem enormen Sprint vor. Fügte sich in eine komplexe Abwehrtaktik (er übernahm abwechselnd mit Kimmich den mexikanischen Außenstürmer), die man in seinem Geburtstjahr 1997 noch für Quantenphysik gehalten hätte.

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Sebastian Rudy

Deutschland - Mexiko

Quelle: dpa

Wurde von Joachim Löw zum defensiveren Teil der Doppelsechs Goretzka/Rudy bestimmt und das lag ihm überhaupt nicht. Ist ja vom Gemüt her eher Nordschwede als Südmexikaner und so schwitzte er in der Hitze des zentralen Mittelfelds wie in der Mittagssonne von Tijuana. Kam mal zu spät, mal verhinderte er einen Pass nicht, mal war er zu langsam. Wird in diesem Leben keine Ein-Mann-Mauer mehr. Machte noch das Beste aus seiner Situation und spielte ein paar gediegene Pässe nach vorne.

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Leon Goretzka

Germany v Mexico: Semi-Final - FIFA Confederations Cup Russia 2017

Quelle: Getty Images

Schoss zwei Tore bevor man einmal "Guadalajara" sagen konnte. Holte sich vor dem ersten Tor im Mittelfeld selbst den Ball, schickte Henrichs die Linie entlang, als dass er ihm bitte den Ball serviere. Beim zweiten Tor mit exzellentem Laufweg in den Raum. Lieferte ein Fiesta-Spiel mit Tequila und Mariachi und hätte an diesem Tag auch noch eine Piñata mit vebundenen Augen getroffen. Traumatisierte die Mexikaner so sehr, dass sie sich in Leon für ihren Stadtnamen schämen werden. Die Azteken entdeckten einst die Kakao-Pflanze, damit Leon Goretzka so einen Auftritt Schokoladen-Tag nennen kann.

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Julian Draxler

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Quelle: AFP

Machte einmal vorm eigenen Strafraum mit dem Ball am Fuß Siesta und ließ sich die Kugel von Giovani dos Santos stibitzen. Gab mit dem Ball am Fuß am gegnerischen Sechzehner dagegen den stürmischen Hidalgo mit mehr Übersteigern und Tunnel-Versuchen als El Chapo. Um die 60. Minute wieder mit einer Szene, wo ein gerader Schuss besser gewesen wäre als eine Pirouette um den Ball. In zu vielen Szenen zu lässig, als wäre er Don Julian auf einer Finca und nicht Chef beim Confed Cup. Merkte das ab der 70. Minute wohl selbst und brachte wieder Körperspannung in seine Aktionen. Bisschen viel Zirkus, bisschen zu wenig Fußball. Aber schön anzuschauen war es.

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Lars Stindl

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Quelle: AFP

Bildete mit Timo Werner ein Duo wie Salz und Tequila. Die Aufgabenteilung: Werner sprintet, Stindl guckt und passt. Der Gladbacher findet ja auch in dichten Abwehrnetzen Räume, aber wenn sich durch das frühe 2:0 Flächen so groß wie Yucatan ergeben, dann erleichtert das die Arbeit doch erheblich. Hat dazu noch eine Ausdauer, als würde er täglich zehnmal eine Stufenpyramide hochlaufen und steht so auf erschreckende Art und Weise oft richtig. Einer der großen Gewinner dieses Turniers.

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Timo Werner

Germany v Mexico: Semi-Final - FIFA Confederations Cup Russia 2017

Quelle: Getty Images

Sprintete den Verteidigern davon wie ein Nager mit Sombrero. Timo Gonzales, die schnellste Maus gegen Mexiko zog bei seinem Antritten selbst auf grünem Rasen eine Staubwolke hinter sich her. Lief vor dem 2:0 einmal quer zum Sechzehner und zog so viele Verteidiger auf sich, bis am Ende keiner mehr für Goretzka übrig war. Lief in der 53. Minute wieder ganz Mexiko davon und wurde kurz vorm Schuss von Hector Moreno geschubst. Blieb auf den Beinen und fiel nicht hin, sonst - und das ist die lächerlich komische Ironie - hätte es wohl Elfmeter gegeben. Mögen alle, die Werner jemals ausgepfiffen haben diese Szene als Beleg nehmen, dass er seine Lektion gelernt hat und jetzt wahrscheinlich auch bei einem Faustschlag im Sechzehner stehen bleiben wird. Belohnte sich mit dem 3:0.

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Einwechselspieler: Emre Can, Julian Brandt und Amin Younes

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Quelle: AFP

Schossen alle drei gemeinsam das 4:1. Can passte zu Brandt, der zu Younes, der schoss ins Tor. Die passenste Dreierkombination seit Tick, Trick und Track.

© SZ.de/ska
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