DFB-Elf in der Einzelkritik:Draxler trickst wie Zidane

Julian Draxler nutzt seine Chance, Jérôme Boateng mutiert zum Schwarzenbeckenbauer. Und auch Thomas Müller trifft - beim Einschießen. Die DFB-Elf in der Einzelkritik.

Von Philipp Selldorf, Lille

14 Bilder

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Manuel Neuer

Verbrachte diesmal weniger Zeit mit Zugucken, Rumstehen und Selbstbeschäftigen als in der vorigen Partie. Der Gegner forderte volle Aufmerksamkeit, und die widmete Neuer ihm auch. Starke Parade beim Kopfball von Kucka (41.).

Germany v Slovakia - EURO 2016 - Round of 16

Quelle: REUTERS

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Joshua Kimmich

Wahrscheinlich wird es jetzt bei der Dating-Plattform Tinder viele Männer geben, die sich als Kimmich ausgeben. Weil er der perfekte Mann ist. Macht nicht nur keine Fehler, sondern alles richtig. Wenn man diesen Satz sagte, musste man bisher immer auch Philipp Lahm sagen. Gegen die Slowakei setzte Kimmich sein Werk aus dem Nordirland-Spiel fort: Linienläufe und Spielaufbau mit Sinn und Verstand, Flanken wie Rüdiger Abramczik, mit der nötigen Schärfe und der korrekten Flughöhe. Dann wurde er endlich doch noch der Fehlbarkeit überführt, Gottseidank: Die Kopfballchance für Kucka bezeugte, dass Kimmich in Sachen Stellungsspiel und Kopfball-Timing noch einiges lernen kann (die Alternative wäre: wachsen). In der zweiten Halbzeit hielt er sich mit dem Musterschülersein ein bisschen zurück.

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Jérôme Boateng

Schlug den ersten seiner längst weltberühmten Diagonalpässe auf Jonas Hector schon nach 18 Sekunden, doch Peter Pekarik wusste es vorher. Zweiter Diagonalpass nach 2:55 Minuten, Treffer. Den nächsten Treffer landete er in der achten Minute - zum 1:0 für Deutschland, sein erstes Tor für die Nationalelf. An Tagen wie diesen ist Boateng als Abwehrspieler eine Mischung aus Georg Schwarzenbeck und Franz Beckenbauer, man könnte ihn Schwarzenbeckenbauer nennen, was übrigens ein Riesenkompliment ist. Sicherheitshalber ausgewechselt (Wade, gelbe Karte).

Germany v Slovakia - Round of 16: UEFA Euro 2016

Quelle: Getty Images

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Mats Hummels

Einziger deutscher Spieler, den das französische Zentralorgan L'Equipe in seine Allstar-Elf der Vorrunde aufgenommen hat, und zwar nicht wegen seines D'Artagnan-Bärtchens. Zum Musketier würde sich Hummels mit seiner abenteuerlustigen Spielweise ohnehin gut eignen. Liebt die Zweikämpfe mindestens so sehr wie einst die französischen Helden ihre Degengefechte. Auch Hummels gewinnt seine Duelle, das macht ihn so wertvoll. Dass er sehr gescheite Pässe in die Tiefe spielen kann (wie in Lille wieder bewiesen), erhöht den Preis auf seinem Steckbrief. Ärgerte sich sehr, als er die gelbe Karte zu sehen bekam, obwohl er den Gegner stilvoll niedergestreckt hatte.

EURO 2016 - Round of 16 Germany vs Slovakia

Quelle: dpa

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Jonas Hector

Während seine Mitspieler beim Warten aufs Einlaufen ins Stadion quatschten und scherzten, hat Hector ernst geschwiegen wie der Prüfling vor dem Examen. Hector muss sich anstrengen, um sich in dieser Mannschaft zu behaupten, und das tut er auf seine seriöse, zuverlässige Art. Dass ihn die Mitspieler nicht links liegen lassen, darf er als Kompliment sehen. Kein Auftritt fürs Feuilleton, aber auch nicht ganz schlecht.

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Toni Kroos

Von L'Equipe sträflich missachtet, von den Mitspielern gesucht wie eh und je. Verteilte die üblichen tausend eleganten Pässe aus dem Fußgelenk und strukturierte dadurch das deutsche Spiel. Manchmal sah es aber auch aus, als würde ihm die grobe und zupackende Art der slowakischen Gegenspieler den Spaß verderben. Öfter mal im gemäßigten Sonntagstempo unterwegs.

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Quelle: AFP

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Sami Khedira

Wie ein guter Schiedsrichter: Er fiel nicht sonderlich auf. Funktionale Stütze im Mittelfeld. Unternahm außerdem regelmäßig Erkundungstouren an den slowakischen Strafraum, wo er sich der zweiten Bälle und anderer Notwendigkeiten annahm.

Mesut Ozil

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Mesut Özil

Mit seinen feinen, kleinen Pässen hielt er den Spielrhythmus im richtigen Takt. Das machte er zunächst sehr gut. Gar nicht gut war, dass er auch beim Elfmeterschuss einen kleinen, feinen Pass spielte - in die Arme von Torwart Kozacik. Im Laufe der Zeit freundete sich Özil mit einer Nebendarstellerrolle an, die er pflichtbewusst und auf hohem Niveau erledigte, aber ohne Aufsehen zu erregen.

Thomas Mueller, Juraj Kucka

Quelle: AP

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Thomas Müller

Noch kein Tor während des Turniers, daher großer Jubel im deutschen Fanblock, als ihm beim Einschießen eins gelang, wenn auch bloß gegen Marc-André "Pannen-Olli" ter Stegen. Im echten Spiel so umtriebig und unternehmungsfreudig wie immer, die besten Gelegenheiten zum Torschuss hatten jedoch wieder die anderen. Elfmetervorbereiter durch seinen Instinkt-Pass auf Gomez. Viele weitere zündende Ideen wollten ihm danach nicht mehr kommen.

Germany v Slovakia - Round of 16: UEFA Euro 2016

Quelle: Getty Images

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Julian Draxler

Nachdem sich der Bundestrainer neulich in Paris erst über Mario Götze und dann über dessen Stellvertreter André Schürrle geärgert hatte (und zwar heftig), bekam Draxler wieder eine Chance, und die nutzte er auch. Machte in Lille, was er sonst viel zu selten macht: Er brachte seine Stärken zur Geltung. Ging den offensiven Zweikämpfen nicht aus dem Weg, sondern gewann sie mit seinem schnellen Antritt und seinem begnadeten Ballgefühl. Führte einmal einen Trick vor, der sogar Zinédine Zidane faszinieren könnte. Das 2:0 bereitete Draxler mit starkem Dribbling und dem idealen feinen Pass vor, wahrscheinlich sah er in Gedanken dort, wo Gomez stand, seinen Mentor aus gemeinsamen Schalker Zeiten, Señor Raúl. Der hat ihm offenbar ein paar gute Dinge beigebracht. Für ein Tor wie Draxlers Treffer zum 3:0 hätte Raúl allerdings eine Leiter benötigt.

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Quelle: Patrik Stollarz/AFP

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Mario Gomez

Absoluter Profi - auch und besonders beim Elfmeterfoul von Skrtel, das er mit gekonnter Flugeinlage verdeutlichte. Mit Skrtel hatte er fortan viele liebevolle Begegnungen, beide suchten und fanden die gegenseitige Nähe. Schoss das 2:0, indem er dort stand, wo er als Mittelstürmer hingehört - und wo Skrtel nicht war.

EURO 2016 - Benedikt Höwedes

Quelle: dpa

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Benedikt Höwedes

Übernahm wie gegen Nordirland für eine halbe Halbzeit den Posten von Boateng, was er befriedigend hinbekam.

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Quelle: AFP

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Lukas Podolski

Mit Sprechchören empfangen. Nahm Draxlers Position ein, und schoss einmal mit links aufs Tor, was einem slowakischen Verteidiger sehr weh tat.

Germany v Slovakia - EURO 2016 - Round of 16

Quelle: REUTERS

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Bastian Schweinsteiger

Ein weitere Kurzeinsatz, um ihn an gehobene Turnierform heranzuführen. Bis Ende Juli könnte er fit sein für die Startelf.

© sz.de/max/schma
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