DFB-Elf in der Einzelkritik:Abwehrgeister und Berner Milchkühe

Per Mertesacker wirkt sowohl körperlich als auch geistig zu langsam, Mesut Özil hat scheinbar keine Lust auf die zweite Mannschaft, Lukas Podolski klatscht sich immerhin heftig mit dem Trainer ab. Nur Sami Khedira wehrt sich gegen die Niederlage. Die DFB-Elf beim 3:5 gegen die Schweiz in der Einzelkritik.

Thomas Hummel, Basel

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Marc-André ter Stegen

Länderspiel Schweiz - Deutschland

Quelle: dpa

Per Mertesacker wirkt sowohl körperlich als auch geistig zu langsam, Mesut Özil hat scheinbar keine Lust auf die zweite Mannschaft, Lukas Podolski klatscht sich immerhin heftig mit dem Trainer ab. Nur Sami Khedira wehrt sich gegen die Niederlage. Die DFB-Elf beim 3:5 gegen die Schweiz in der Einzelkritik.

Von Thomas Hummel, Basel

Marc-André ter Stegen: Das Casting im Tor erfuhr zwei Tage vor Bekanntgabe des endgültigen EM-Kaders eine überraschende Wendung: Der 19-jährige ter Stegen aus Mönchengladbach stand im Aufstellungsbogen in der Startaufstellung, Tim Wiese war Ersatztorwart, Ron-Robert Zieler fehlte ganz. Eilig wurde dann von den Service-Damen in Basel eine neue Aufstellung nachgereicht: Zieler war doch dabei, als zweiter Ersatztorwart. Ist ter Stegen demnach die Nummer zwei? Bei den ersten zwei Gegentoren ohne Chance, rettete dann fabelhaft gegen Derdiyok. Flog beim 2:4 allerdings wirr durch den Strafraum. Am Ende dürften Wiese und Zieler auf der Bank ziemlich froh gewesen sein. Fünf Gegentore beim Länderspiel-Debüt!

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Benedikt Höwedes

Länderspiel Schweiz - Deutschland

Quelle: dpa

Benedikt Höwedes: Außenverteidiger-Casting, Teil I: Bleibt Lahm links, darf Höwedes rechts? Vielleicht. Hatte gegen den ehemaligen Leverkusener Tranquillo Barnetta heftige Probleme, wenn dieser das Tempo anzog. Beide Gegentore fielen über seine Abwehrseite, was zwei Argumente dafür sind, dass Lahm wie bei Bayern rechts spielt. Höwedes wollte das vorne wieder gutmachen, blieb aber wirkungslos.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Per Mertesacker

Switzerland v Germany - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Per Mertesacker: Wirkte beim Aufwärmen selbstbewusst und tatendurstig, als wäre er auf der Höhe seines Schaffens. Dabei stand er seit dem 11. Februar zum ersten Mal wieder auf dem Platz. Gab dann aber den ersten deutschen Abwehrgeist. Schwer zu sagen, ob Mertesacker gedanklich einfach nicht schnell genug war für den Schweizer Stürmer Eren Derdiyok, oder körperlich. War jedenfalls bei den schnellen Angriffen der Gastgeber selten da, wo ein Abwehrspieler sein sollte. Eine schlimme Leistung des einstigen Abwehrchefs.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Mats Hummels

Switzerland v Germany - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Mats Hummels: Es gibt Spieler, die werden unter Joachim Löw eine Klasse besser als bei ihren Vereinen. Und es gibt Mats Hummels. Im Spiel nach vorne ist es bei ihm und Löw ja wie beim Schweizer Käsefondue: Jeder lange Ball versinnbildlicht ein verlorenes Brotstück und wird bestraft. Dass der Dortmunder in der DFB-Elf sein Spiel umstellen muss, scheint ihn mächtig zu verunsichern. Aus dem vielleicht besten Verteidiger der Bundesliga-Saison mutierte in Basel der zweite deutsche Abwehrgeist, der nie da war, wo er gebraucht wurde. Eine fürchterliche erste Halbzeit für Hummels, die er mit dem Kopfball zum 1:2 beschönigte. Im Vergleich zu Mertesacker wurde es aber bei ihm in der zweiten Halbzeit ein wenig besser.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Marcel Schmelzer

Switzerland vs Germany

Quelle: dpa

Marcel Schmelzer: Außenverteidiger-Casting, Teil II: Geht Lahm nach rechts, darf dann Schmelzer? Vermutlich. Allein mangels Alternativen. Dabei  gilt für ihn fast das Hummels-Syndrom: Er kann einfach seine teils erstaunlichen Leistungen aus Dortmund nicht mit ins Löw-System bringen. Was bei der Borussia dynamisch und laufstark ist, wirkt hier oft unbedacht und chaotisch. Das Zusammenspiel auf der Seite mit Lukas Podolski klappt kaum. War Teil einer chaotischen deutschen Abwehr.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Sami Khedira

Länderspiel Schweiz - Deutschland

Quelle: dpa

Sami Khedira: Heiß? Egal! Um ihn herum alle lust- oder kraftlos? Egal! Keiner attackiert? Egal! Sami Khedira agierte in Basel wie ein guter alter Führungsspieler, wie ein moderner Zeichensetzer, Aufrüttler. Der Mittelfeldspieler von Real Madrid war der einzige, der sich in der ersten Halbzeit gegen ein urplötzlich drohendes Debakel stemmte, in die Zweikämpfe ging und Sprints ansetzte. Khedria war für die DFB-Elf so etwas wie der Barfüßerplatz für Basel: der Verkehrsknotenpunkt. Mit ihm wechselte Löw seinen besten Mann in der Halbzeit aus.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Mario Götze

Switzerland's Fernandes challenges Germany's Goetze during their international friendly soccer match at St Jakob Park stadium in Basel

Quelle: REUTERS

Mario Götze: Kam überraschend im defensiven Mittelfeld zum Einsatz, obwohl mit Gündogan und den Benders einige Fachkräfte auf der Bank saßen. Löw sieht ihn offensichtlich im Zentrum, doch ob es für die EM schon reicht beim lange verletzten Dortmunder? Zu Beginn sah es so aus, als würde es im heißen Basler St. Jakob Park kaum für zehn Minuten reichen. Götze hatte den Aktionsradius und die Dynamik einer Milchkuh im Berner Oberland. Verlor den Ball vor dem 0:1. Erholte sich in der Halbzeitpause ein wenig und steigerte sich. Zumindest im Spiel nach vorne.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:André Schürrle

Schweiz - Deutschland

Quelle: dapd

André Schürrle: Schürte im Trainingslager die Hoffnung, endlich aus dem Leberkusener Formtief zu kommen. Schürte in Basel eher die Bedenken, das Formtief mit zur EM zu nehmen. Bemühte sich zu Beginn merklich, setzte zu hibbligen Dribblings an, sprintete nach vorne - doch ohne Erfolg. Umso länger es erfolglos war, umso weniger dribbelte und sprintete André Schürrle. Bis er irgendwann gar nichts mehr machte. Bis er nach 65 Minuten aufs Tor bolzte und dabei komischerweise mittig quasi durch den Torwart hindurch ins Netz traf.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Mesut Özil

Schweiz - Deutschland

Quelle: dapd

Mesut Özil: Wer an diesem Tag die Stärken von Mesut Özil sehen wollte, der endete wie ein Steuerfahnder in einer Schweizer Bank: Er sah nur Geheimnisse. Hier und da gab Özil mit einem schönen Kurzpass einen Einblick, aber wirklich Verwertbares bekamen die Beobachter nicht zu sehen. Weil Özil grundsätzlich auch nicht die kraftvollste Körperspannung innehat und sich ganz und gar nicht zum Rackerer eignet, erregte er den Verdacht, keine Lust zu haben. Wirkte wie jemand, der in der zweiten Mannschaft aushelfen soll, sich dafür aber zu gut ist. In der Halbzeit von Löw erlöst.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Lukas Podolski

Schweiz - Deutschland

Quelle: dapd

Lukas Podolski: Das Abklatschen mit seinem Lieblingstrainer Löw war noch die dynamischste Aktion des Kölners. In 62 Minuten Spielzeit ist von ihm kein Sprint und kein Zweikampf in Erinnerung. Immerhin ein Schuss gegen die Werbebande.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Miroslav Klose

Switzerland v Germany - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Miroslav Klose: Joachim Löw war zuletzt ein wenig beunruhigt über den Zustand seines Mustermittelstürmers. Immerhin war Klose lange verletzt und ist bald 34 Jahre alt. Die Sorgen sind in Basel keinesfalls kleiner geworden: Wenn man es gut mit dem Stürmer aus Rom meint und ihm vertraut (wie Löw), dann kann man sagen: Klose durfte 90 Minuten spielen, um sich für die EM fit zu bringen.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Marco Reus

Switzerland v Germany - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Marco Reus: Kam wie Gündogan mit einem merkbar großen Selbstbewusstsein auf den Platz und war sofort bester Offensivspieler der DFB-Elf. Traf folgerichtig auch zum dritten deutschen Tor. Ihm gelangen mehr Aktionen, als Podolski, Schürrle und Klose zusammen. Wobei das auch nicht schwierig war.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Ilkay Gündogan

Schweiz - Deutschland

Quelle: dapd

Ilkay Gündogan: Kam zur Pause und konnte entsprechend nur gewinnen. Trat auf wie jemand, der gerade zum ersten Mal Meister und Pokalsieger geworden ist: Brust raus und ab in die Zweikampfe. Auch die Pässe kamen von ihm in etwa doppelter Geschwindigkeit. Konnte aber die Defensive auch nicht stabiliseren. Baute gegen die starken Inler und Xhaka immer mehr ab.

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DFB-Elf in der Einzelkritik:Julian Draxler, Lars Bender, Sven Bender und Cacau

Switzerland v Germany - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Julian Draxler: Kam nach 62 Minuten für Podolski. Auch der Schalker belebte das Offensivspiel merklich: Seine ersten drei Aktionen führten zu Toren oder Torabschlüssen, womit er schon nach zehn Minuten mehr zustande gebracht hatte, als Podolski, Schürrle und Klose zusammen. Was aber an diesem Tag auch nicht schwer war.

Lars Bender: Wenn schon fünf Gegentore gefallen sind, ist ganz und gar nicht schön, in ein Spiel zu kommen. Noch dazu, wenn man sich für eine EM empfehlen will. Das EM-Casting war für den Leverkusener schon vorbei, ehe es begann.

Sven Bender: Wurde von Löw tatsächlich eine Viertelstunde lang als Rechtsverteidiger getestet. Ob die Leistung von Höwedes ihn zum EM-Ticket verhilft? Das hängt wohl eher an der Entscheidung von Philipp Lahm, auf welcher Seite der Bayern-Profi verteidigen will.

Cacau: Wenn schon fünf Gegentore gefallen sind, in ein Spiel zu kommen, ist ganz und gar nicht schön. Dabei ist er es ja gewohnt, Joker zu sein. Konnte nichts mehr bewegen.

© Süddeutsche.de/hum/ebc
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