DFB-Elf gegen Dänemark:Löw bewundert seine Lerngruppe

  • Mit völlig neu zusammengestellter Mannschaft holt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ein 1:1 in Dänemark.
  • Bundestrainer Löw ist anschließend zufrieden: Er habe "mehr Plus als Minus" gesehen.

Von Jonas Beckenkamp, Kopenhagen

Es ist dringend notwendig, dass die Welt jetzt mal die Ohren spitzt und sich anhört, wie klein der Fußballer Amin Younes wirklich ist. Er ist sehr klein, ganze 1,68 Meter. Im Bröndby-Stadion vor den Toren Kopenhagens wäre Younes wohl auch als Balljunge durchgegangen. Trotzdem waren nach dem 1:1 (0:1) der DFB-Elf im Test gegen Dänemark die Kameras auf ihn gerichtet, weshalb jeder mitbekam: Das ist also dieser Younes, das ist einer von Joachim Löws Neuen, an die man sich jetzt gewöhnen muss.

Löw sieht "mehr Plus als Minus"

Amin Younes ist nun ganz offiziell ein Fußball-Nationalspieler, wie es seit der vergangenen Nacht auch Kevin Trapp, Lars Stindl, Sandro Wagner, Kerem Demirbay und Marvin Plattenhardt sind. Diesen Sechs verhalf der Bundestrainer im dänischen Dauerregen zu ihren Debüts - und man darf Löw Recht geben, wenn er hinterher konstatierte, er habe "mehr Plus als Minus" gesehen. Ganz schlecht war es nicht, was die völlig neu formierte Nationalelf zeigte. Einiges lief angesichts einer einzigen Trainingseinheit als Team schon recht flüssig.

Im Hinblick auf den bald beginnenden Confed Cup lässt sich feststellen: Der Auftakt des großen Experiments in diesem Sommer ist gelungen. Ein wenig überraschend ist diese Erkenntnis schon und natürlich lindert der späte Ausgleich durch Joshua Kimmichs Fallrückzieher-Kunststück (88. Minute) den Gesamteindruck. Es hatte ja nicht gut begonnen, als Antonio Rüdiger und Matthias Ginter im Slapstick-Verbund Dänemarks Kapitän Christian Eriksen zum 0:1 (18.) eingeladen hatten. Und doch verfestigte sich im Lauf dieses stürmischen Abends der Eindruck, dass beim DFB einige ihre Chance nutzen wollen.

Löw sprach hinterher von "einer guten Standortbestimmung" gegen einen starken Gegner. Die Dänen haben zwar mehrfach die Qualifikation für große Turniere verfehlt, aber einen robusten Sparringspartner gaben sie allemal her. Er sei mit dem Gesehenen "sehr zufrieden", befand Löw und lobte fast überschwänglich das "große Engagement" seiner Lerngruppe. Tatsächlich demonstrierten vor allem Torhüter Trapp, Stürmer Wagner und Offensivmann Stindl ihre Fähigkeiten, was Löw ein Sonderlob entlockte: "Die Neuen waren sehr gut drin. Sandro Wagner hat vorne sehr gut gearbeitet, Stindl hat es geschickt gemacht, er spielte auch taktisch sehr sauber."

Und Trapp, der mit einigen Flugeinlagen glänzte, bekam noch etwas Anerkennung von Teammanager Oliver Bierhoff: "Was mir gefiel, ist, dass er von hinten heraus die Bälle gut verteilt." Die restlichen Debütanten feierten immerhin Kurzeinsätze, und wenn in Deutschland mal wieder jemand nach den letzten Straßenkickern fragt, kann man ihm gerne mit ein paar Dribblings von Younes die Beine zuknoten. So durften sie alle von ihren Erstlingsgefühlen erzählen, als es nach Schlusspfiff Fragen hagelte.

Draxler bleibt vorerst der Kapitän

"Es macht Spaß, mit solch guten Fußballern zu spielen", nuschelte etwa der Hoffenheimer Demirbay in seinen Rauschebart hinein. Während Trapp in Saarländer Mundart erklärte: "Ich denke, dass mein Debüt ganz okay war. Vor dem Spiel war es schon eine ganz besondere Anspannung." Länderspiel-Karrieren beginnen ja nicht alle Tage, selbst bei Sandro Wagner nicht, der sich prompt das Trikot vom Zeugwart gewaschen zurück beorderte. Er sei "sehr stolz" und wolle es unbedingt aufheben. Für Löw bedeuten die neuen Mitarbeiter auf seiner Baustelle zusätzliches Potenzial für den Ernstfall. Der Bundestrainer sucht aktuell weniger nach einer Elf, die von heute auf morgen funktioniert, sondern nach Perspektivspielern für die WM 2018. Er will, wie er sagt, "wissen, wer beim Confed Cup auf dem Platz Führungsaufgaben übernehmen kann" - und hoffentlich auch darüber hinaus.

Wer den Bundestrainer aus dem 22er-Kader (Timo Werner stößt zur WM-Qualifikation gegen San Marino noch dazu) in den kommenden drei Wochen beeindruckt, kann es sogar zum Stammspieler bringen. So wie 2005, als zwei spätere Serienhelden namens "Schweini" und "Poldi" den Confed Cup als Sprungbrett in Jürgen Klinsmanns erste Elf nutzten. Dass Julian Draxler gegen die Dänen erstmals die Kapitänsbinde trug und diese fürs erste auch behalten wird, ist ein Tüftelzug von Löw, der ähnliches bewirken könnte.

Er will den Mann aus Paris in einer extra für ihn geschaffenen Führungsrolle über einen längeren Zeitraum testen. Als sich im Bröndby-Stadion mit zunehmender Spieldauer das Sauwetter seinen Weg bahnte, krempelte auch Draxler als Juniorchef die Ärmel hoch. Und Younes? Der erklärte hinterher brav den deutschen Fernsehreportern, was Dortmunds neuer Trainer Peter Bosz für ein Typ ist. Er kennt den Niederländer aus der vergangenen Saison bei Ajax Amsterdam. "War nicht schwer für ihn, wir waren eine pflegeleichte Truppe", sagte Younes. Auch Bosz ist mit 1,75 Metern übrigens: eher kein Riese.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: