Rainer Koch im DFB:Eine Idee, die in die trübe Vergangenheit führt

Rainer Koch im DFB: Der ehemalige DFB-Präsident Reinhard Grindel (r.) zeigte seinen damaligen Vizepräsidenten Rainer Koch an - doch die Anzeige hat bislang keine Folgen.

Der ehemalige DFB-Präsident Reinhard Grindel (r.) zeigte seinen damaligen Vizepräsidenten Rainer Koch an - doch die Anzeige hat bislang keine Folgen.

(Foto: Jan Huebner/Hufnagel/Imago)

Der Umgang mit einer Anzeige des ehemaligen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel offenbart, dass im Verband eine teils mittelalterliche Rechtsauffassung herrscht.

Kommentar von Thomas Kistner

Seit Juni 2021 liegt der DFB-Ethikkommission eine heikle Anzeige vor. Sie stammt von Reinhard Grindel, der 2019 im Sog persönlicher Affären als DFB-Präsident ebenso abtreten musste wie Nachfolger Fritz Keller zwei Jahre später. Grindel zeigte an, dass ihm Vizepräsident Rainer Koch im Jahr 2015, deutlich vor der Enthüllung zum "WM-Sommermärchen", anvertraut habe, der Spiegel recherchiere etwas Heißes gegen Wolfgang Niersbach. Diesem alarmierenden Hinweis ging der DFB sogar nach; erfolglos. Niersbach, den DFB-Präsidenten, fegte die WM-Affäre gleich darauf aus dem Amt. Und wie seine Nachfolger, wittert auch er den ewigen Vize Koch hinter seinem Ungemach. Koch selbst hat derlei stets heftig bestritten.

Müsste Grindels Vorwurf nicht längst untersucht sein? Zumal er sogar Zeugen nennt? Und weil so ein Sachverhalt, sofern er zuträfe, weit über die DFB-Justiz hinausreicht?

Gleich nach Grindels Anzeige wurde die kritische Ethikkommission auf bizarre Tour gesprengt und durch linientreuere Leute ersetzt. In deren Giftschrank ruht nun Grindels Torpedo. Einfach wegverhandeln lässt sich das Ding nicht, das zeigt eine andere Ethiker-Posse. Das Gremium unter der Personalberaterin Irina Kummert stellte Ermittlungen zu Kochs Verhalten gegenüber der ehemaligen Top-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus ein, der DFB teilte dies im Dezember mit. Aber dann erklärten die zuständigen Richter des DFB-Sportgerichts, dass sie die Einstellung nur unter der Maßgabe bewilligt hatten, dass Kummert und Co. ein "unethisches Verhalten" von Koch feststellen. Wenn die Sportrichter schon hier so korrekt agieren - was wäre erst los, wenn die Ethiker Grindels heikle Anzeige ohne seriöse Aufklärung einstellen wollten?

Eine originelle Rechtsauffassung

Nun plötzlich, so ein Zufall, steht eine maßgeschneiderte Problemlösung im Raum: Satzungsänderungen zur Ethik-Arbeit, wie sie der von Koch geführte DFB-Rechtsbereich am Freitag dem Präsidium für den Bundestag im März vorgeschlagen hat. Sie offenbaren, wie eine so heikle Causa wie Grindels Anzeige einfach und spurlos verschwinden könnte. Denn laut dem Änderungswunsch sollte Ethikchefin Kummert eine Machtfülle erhalten, die man aus mittelalterlichen Pfalzburgen kennt: Die Nicht-Juristin soll allein die Substanz von Anzeigen prüfen und sie auch ganz diskret einstellen dürfen. Ohne Prüfung durch die Juristen am DFB-Gericht, gern auch ohne Information an die Beteiligten und die Öffentlichkeit.

Dass die (auffallend Koch-nahe) Ermittelnde im Bedarfsfall alles selbst richten dürfte, verrät eine originelle Rechtsauffassung. Sie steht für die Art Neuaufbruch im Skandalverband, den diejenigen betreiben, die für die Affären stehen. Selbst, wenn der Antrag (und andere, etwa der zur Einhegung des Vergütungsausschusses) bis zum Bundestag modifiziert wird: Allein die Idee entlarvt, dass jedes Regime unter Koch und Co. nur in die trübe Vergangenheit führen kann. Die noch trüber wird, wenn die Ethiker nicht bald diese heikle Anzeige anpacken.

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